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Roter Teppich. Viele angemalte Nackte, ein Kunstwerk an der Feldherrnhalle. Foto: dapd

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Panorama: Hunderte Nackte vor der Oper München strippt

für die Kunst.

München - Früh am Morgen, 4.30 Uhr auf dem Münchner Odeonsplatz: Bei 12 Grad lichtet sich langsam der Himmel, einige Betrunkene suchen nach dem siegreichen EM-Fußball-Viertelfinale der Deutschen gegen Griechenland ihren Heimweg, und der Kehrdienst beginnt mit der Straßenreinigung. Dann strömen plötzlich hunderte von rot und golden bemalten Nackten aus dem Hofgarten auf die Ludwigstraße. Viele jubeln laut.

Wenige Minuten später lässt sich der Künstler Spencer Tunick per Hebebühne zehn Meter über die Rothäute heben. Er gibt Kommandos und aus dem aufgeregten Körperwirrwarr wird ein Kunstwerk.

Hinüber zum zweiten Schauplatz hüpfen die Nackten gut gelaunt. Wie hingegossen liegen sie kurz darauf auf den Treppen der Feldherrnhalle am Odeonsplatz. Ein feuerspeiender Drachenschlund. Zum Finale kommen alle 1700 rot und golden Bemalten auf dem Max-Joseph-Platz vor der Oper zusammen und bilden den „Ring“. Denn alle Motive sollen Elemente aus Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ sein.

„Meine Aufgabe ist es, auf Wagner Bezug zu nehmen, nicht ihn zu zelebrieren“, sagt der Künstler. Von der Bayerischen Staatsoper war er zur Eröffnung der diesjährigen Festspiele eingeladen worden. „Sinn der Bilder von Tunick ist es, als Erweiterung zum musikalischen Programm den Mythos vom Menschen über den Körper zu erzählen“, erklärt Staatsintendant Nikolaus Bachler.

Die Klänge von Wagners Musik muss man sich an diesem Morgen allerdings vorstellen. Bis auf die Anweisungen der rund 80 Helfer ist die Stadt still. Auch das ist Absicht des Fotokünstlers: „Die Musik bringt einen zum Weinen“, sagt Tunick, der in seiner Jugend als Klarinettist selber Wagner gespielt hat. „Der Effekt von beidem wäre zu stark für mich.“ Lieber solle man die Musik und die Formen getrennt wahrnehmen.

Die Teilnehmer in München sind großenteils begeistert. „Es war wunderbar, ein solches Erlebnis. Man kam sich gar nicht mehr nackt vor, weil alle gleich waren“, sagt eine 45 Jahre alte Lehrerin. Seit 1992 lockt es weltweit Menschen an die Schauplätze des Kunstfotografen. Sie alle wollen Teil seiner Kunst sein. Tunick hat Körper im Toten Meer dümpeln lassen, um gegen den Wasserverbrauch zu demonstrieren. Ein andermal stellte er Hunderte splitternackt auf einen Schweizer Gletscher zum Thema Klimawandel. dpa

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