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Horrorstunden auf den Bahamas: "Dorian" bewegt sich nur extrem langsam weiter.

© Ramon Espinosa/AP/dpa

Hurrikan „Dorian“: Grand Bahama vor weiteren Horrorstunden

„Dorian“ verharrt über den Bahamas und richtet dort schwere Zerstörungen an. Große Teile der US-Ostküstenregion werden vorsorglich evakuiert.

Es muss eine furchtbare Nacht für die Bewohner der Bahamas gewesen sein. Stundenlang tobte Hurrikan „Dorian“ bereits über der Inselgruppe, mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 295 Stundenkilometern und Windböen, die stellenweise sogar mehr als 350 Stundenkilometern erreichten. Die Behörden bestätigten, dass es ein Todesopfer gegeben habe. Auf Grand Bahama war die Stromversorgung an vielen Orten unterbrochen, wie der US-Sender „CNN“ berichtete. Die meisten Einwohner und auch Touristen hatten sich an höher gelegene Stellen der Insel geflüchtet und in Schulen, Kirchen und Notunterkünften in Sicherheit gebracht, weil der Meeresspiegel an der Küste teilweise sieben Meter über dem üblichen Niveau lag. An Schlaf war nicht zu denken.

„Wir werden hier in Freeport auf der Insel Grand Bahama die ganze Nacht von ,Dorians’ Windböen ausgepeitscht – im Dunkeln, weil der Strom aus ist. Es klingt wie ein Flugzeugmotor, jaulende Winde, die immer stärker werden, aber niemals wirklich weiterziehen“, beschrieb der CNN-Korrespondent Patrick Oppmann die Lage vor Ort. Anwohner erklärten, so etwas noch nie gehört zu haben. Auf Grand Bahama leben ungefähr 50.000 Menschen. Wie die bahamaische Zeitung „The Tribune“ berichtete, steht der Flughafen in Freeport unter Wasser.

Berichte über ein erstes Todesopfer

„Dorian“, ein Sturm der höchsten Kategorie fünf, ist der gewaltigste Hurrikan, der die Bahamas seit Beginn der modernen Aufzeichnungen jemals getroffen hat, wie das Hurrikan-Zentrum in Miami erklärte, und der zweitstärkste Sturm seit 1935, der sich jemals über dem Atlantik gebildet hat. „Ich glaube, niemand hat mit einem Hurrikan von solcher Intensität gerechnet“, sagte Joy Jibrilu, die Generaldirektorin des Tourismusministeriums der Bahamas, dem US-Sender CBS. Das Ausmaß der Schäden könne frühestens am Montagnachmittag begutachtet werden.

Da der Hurrikan über Grand Bahama fast zum Stillstand kam – am Montagmorgen (Ortszeit) bewegte sich „Dorian“ nur noch mit einer Geschwindigkeit von weniger als zwei Kilometern pro Stunde vorwärts –, mussten sich die Menschen dort auf weitere Horrorstunden einstellen.

CNN berichtete am Montag, dass ein Junge ums Leben gekommen sein soll. Der Achtjährige soll auf der Insel Abaco ertrunken sein, wie seine Großmutter einem lokalen Sender berichtete. Offizielle Angaben über Opfer gab es zunächst nicht, obwohl Anwohner davon berichteten, wie Häuser einstürzten, Dächer abgerissen wurden, Autos durch die Luft gewirbelt wurden und Bäume umknickten. Das Internationale Rote Kreuz sprach von 13.000 Häusern, die schwer beschädigt oder zerstört worden seien. Außerdem gebe es wegen der großen Überschwemmungen einen „dringenden Bedarf“ an Trinkwasser.

Der Kurs des Sturms ist schwer vorherzusagen

Der verlangsamte Kurs des Hurrikan gibt derweil den Menschen an der US-Ostküste mehr Zeit, sich vorzubereiten. Das Hurrikanzentrum erklärte, das Auge des Sturms könnte die nächsten Tage über dem Atlantik bleiben, während der Sturm nach Nordosten drehe. Bis zum Mittwochnachmittag könne er parallel zur Küste bis nach South Carolina ziehen und sich dabei etwas abschwächen. Gleichzeitig warnten die Behörden, dass der Sturm trotzdem extrem gefährlich sei und schwere Auswirkungen haben würde, selbst wenn sein Zentrum nicht auf Land treffe. Außerdem sei sein genauer Kurs weiterhin nur schwer vorherzusagen.

Die Polizei in Florida kontrolliert, dass nur Anwohner in Richtung Strand fahren.
Die Polizei in Florida kontrolliert, dass nur Anwohner in Richtung Strand fahren.

© Joe Raedle/Getty Images/AFP

Vorsorglich sollen die gesamten Küstenlinien der Staaten South Carolina und Georgia sowie Teile der Ostküste Floridas evakuiert werden. Mehr als 1,5 Millionen Menschen müssen Schätzungen zufolge ihre Häuser verlassen, für viele ist es bereits das vierte Mal in vier Jahren. Schulen und Behörden bleiben geschlossen. In South Carolina, wo mehr als 830.000 Menschen betroffen sind, wurde die Fahrtrichtung auf größeren Küstenhighways umgedreht, damit die Bewohner schneller ins Landesinnere gelangen können. In Georgia sollen 540.000 Menschen evakuiert werden. Auch in Florida wurden Küstenanwohner aufgefordert, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Die Flughäfen sollten im Laufe des Montags geschlossen werden.

Präsident Trump geht Golfspielen

US-Präsident Donald Trump, der wegen des herannahenden Wirbelsturms seine Polen-Reise anlässlich des Weltkriegsgedenkens am Wochenende abgesagt hatte, zeigte sich von der Wucht des Hurrikans überrascht – eine Aussage, die Verwunderung auslöste. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich jemals überhaupt von einer Kategorie fünf gehört habe“, erklärte Trump bei einem Treffen mit Vertretern der Katastrophenschutzbehörde Fema am Sonntag in Washington. Dabei ist „Dorian“ längst nicht der erste Wirbelsturm dieser Stärke in seiner Amtszeit, und Trump hat ähnliche Aussagen bereits in den vergangenen zwei Jahren gemacht.

Im September 2017 traf Hurrikan „Irma“ neun US-Bundesstaaten, während gleichzeitig „Maria“ das US-Territorium Puerto Rico verwüstete. Und erst im vergangenen Oktober wütete „Michael“ über Florida. „Michael“ wurde nachträglich zu einem Hurrikan der Kategorie fünf hochgestuft und gilt als der stärkste Sturm seit 1969, der je auf das US-Festland traf.

Präsident Trump ging am Montagmorgen, einem Feiertag in den USA, zunächst erst einmal in seinem Club in Virginia Golfspielen.

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