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Panorama: „Ich dachte, ich ertrinke“

Aus dem Hudson River gerettete New Yorker Passagiere berichten über ihre Erlebnisse vor und nach dem Aufprall

New York - Die Rettung der 150 Passagiere aus dem Airbus, der im Hudson River in New York notlanden musste, dauerte nur wenige Minuten. Aber die Todesangst in den Augenblicken vor dem Aufsetzen hat bei vielen Betroffenen tiefe Spuren hinterlassen. Beim Erzählen ringt so mancher der Geretteten mühsam um Fassung. In den Interviews der US-Fernsehsender gibt es Freude, Tränen und immer wieder ungläubiges Staunen über das „Wunder vom Hudson“.

„Der Pilot hat uns gerettet. Er ist der Held, er ist absolut der Held“, lobt Passagier Vince Spera den Mann, der den voll besetzten Airbus so sanft auf dem Wasser aufsetzte, dass er nicht auseinanderbrach. „Dem Piloten ist es zu verdanken, dass meine kleine Tochter noch einen Vater hat und meine Frau noch einen Mann“, sagte Brad Wentzell am Freitag dem US-Sender CNN und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Wir haben eine zweite Chance im Leben bekommen.“ Und Andrew Jamison ist sicher: „Bestimmt hat Gott auf uns alle achtgegeben.“ Chesley „Sully“ Sullenberger (57), der erfahrene Pilot des US-Airways-Flugs 1549 von New York nach Charlotte (US-Bundesstaat North Carolina), hatte den Passagieren kurz vor dem Aufsetzen nur die knappe Meldung durchgegeben: „Fertigmachen zum Aufprall“.

„Ich dachte, wir werden alle sterben“, erinnert sich Elizabeth McHugh (64), die zu ihren Enkelkindern in Charlotte unterwegs war. „Ich dachte die ganze Zeit: Jetzt kann ich meiner Familie nicht mehr sagen, wie sehr ich sie liebe.“ Andere Fluggäste berichteten, es sei sehr ruhig geworden in der Maschine. „Ich glaube, viele Leute fingen an zu beten oder haben einfach versucht, sich zu fassen. Das war ziemlich überwältigend“, sagte der gerettete Fred Berretta.

Und dann, als die Katastrophe ausblieb, machte sich vorübergehend Chaos breit: Menschen schrien und weinten, viele versuchten, zu den Notausgängen zu kommen. Jeff Kolodjay auf Platz 22 A, der mit fünf Golffreunden zu einem jährlichen Turnier unterwegs war, sah den hinteren Teil der Maschine immer tiefer ins Wasser sinken. „Das Flugzeug fing an, sich ziemlich schnell mit Wasser zu füllen. Das war beängstigend“, sagte der 31-Jährige. „Ich dachte, ich ertrinke gleich hier, weil ich eingezwängt war.“ Doch so, wie der Pilot die Ruhe bewahrt hatte, versuchten auch viele Passagiere, Panik zu vermeiden. „Frauen und Kinder vor!“, riefen einige und halfen der 85-jährigen Lucille Palmer als einer der Ersten aus der Unglücksmaschine. Dave Sanderson (47), ein Vater von vier Kindern aus Charlotte, kümmerte sich um eine Mutter mit ihrem sechs Monate alten Baby. Er bahnte ihr den Weg zum Notausgang und half, das Kind in ein Rettungsboot hinüberzureichen. „Ich sollte eigentlich einen späteren Flug nehmen. Aber Gott hat mich in dieses Flugzeug geschickt“, sagte er der Zeitung „New York Daily News“. Passagier Billy Campbell gehörte zu denen, die in eisiger Kälte auf der letzten Rettungsplattform auf Hilfe warteten. Ganz am Schluss stieß Sullenberger dazu – der Captain war Zeugenberichten zufolge noch einmal durch die sinkende Maschine gegangen, um sicherzugehen, dass niemand zurückblieb. „Ich habe ihn am Arm genommen und mich im Namen von uns allen bedankt“, erzählt Campbell. „Er hat nur gesagt: Gern geschehen.“

Die Maschine war kurz nach dem Start am New Yorker Flughafen La Guardia in einen Vogelschwarm geraten. Ein oder mehrere Vögel könnten die Triebwerke beschädigt haben, hieß es. Der 57-jährige Pilot Chesley Sullenberger, ein ehemaliger Kampfflieger mit 40 Jahren Erfahrung im Cockpit, wurde auch am Samstag von Politikern und Geretteten als „Held vom Hudson“ gefeiert. dpa

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