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So ein Halteverbotsschild kann schon mal plötzlich an einer anderen Stelle auftauchen.

© dpa

Ich habe verstanden: Von Parkraumbewirtschaftung und wandernden Halteverbotsschildern

In der Theorie klingt Parkraumbewirtschaftung toll, findet Matthias Kalle. Aber in der Praxis zeigen sich die Defizite. Besonders dann, wenn man es mit wandernden Halteverbotsschildern zu tun bekommt.

Eigentlich wollte ich diese Woche über die großen Dinge der Welt schreiben, darüber, was in Nordkorea so los ist oder darüber, dass Angela Merkel so hoppla-hop den Wahlkamp eingeleutet hat oder was über Irland, obwohl ich in Irland noch nie war. Wahrscheinlich werde ich auch nie nach Irland kommen, jedenfalls nicht mit dem Auto, denn ich habe gestern einen Parkplatz vor meiner Tür gefunden, ich werde das Auto nie wieder wegfahren, denn so einen Parkplatz finde ich nie wieder.

Ich habe an dieser Stelle bereits schon das ein oder andere mal über Autos, Fahrräder und die Berliner Verkehrssituation im Allgemeinen und im Besondern geschrieben, und irgendwann dachte ich, dass das Thema durch ist, aber ich werde wohl noch als alter Mann, wenn ich nicht mehr gut zu Fuß bin, schlecht sehe und nur noch mit Hilfe fortbewegen kann, darüber schreiben müssen, denn in dieser Stadt ist das Thema ein ewig-junger Klassiker. Anders ausgedrückt: immer, wenn man denkt, schlimmer kann es eigentlich nicht mehr werden, kommt einem etwas dazwischen.

Mir kam die Parkraumbewirtschaftung dazwischen. Eine Sache, die ich von Herzen befürwortet habe, die Theorie hat mich immer angemacht, so wie mich die Theorie des Kommunismus bis heute anmacht. Aber, ach, die Praxis!

Da, wo ich wohne, wurde am 1. Oktober die Parkraumbewirtschaftung eingeführt – die ersten Tagen waren ein Traum. Ich bekam zeitnah eine Parkplakette, die Kosten dafür finde ich mehr als fair. Tatsächlich war es an den ersten Tagen auch so, dass plötzlich Parkplätze da waren, wo vorher Autos standen – die Autos waren weg. Autofahrer, so schien es mir, trauten sich nicht mehr in meine Straße, es gab weniger Verkehr, mehr Parkplätze – die Praxis schien all das zu halten, was die Theorie versprach.

Die Theorie sah in meinem speziellen Fall vor, dass mein Parkraum, der nun bewirtschaftet wurde, nicht sehr groß war. Er betraf im Prinzip nur meine Straße und eine Nebenstraße, aber mein Gott, es reichte ja vollkommen. Bis in der Nebenstraße gebaut wurde – und zwar großflächig. Die ganze Nebenstraße wurden aufgerissen, ich weiß bis heute nicht warum. Die Parkplätze, die es dort einmal gab, wurden weniger, ich bin nicht gut in Mathe, aber ich denke mal, dass es in dieser Nebenstraße im Moment 75 Prozent weniger Parkplätze gibt als vorher. Wegen dieser Baumaßnahme bleibt mir und allen anderen also nur noch meine Straße zum Parken, also parkte ich in meiner Straße, weil ich gut einparken kann, fand ich auch immer noch einen Platz, obwohl es schon wieder eng wurde.

So parkte ich also eines Abends ein. Am nächsten morgen hatte ich ein Knöllchen. 15 Euro. Ich stand im Halteverbot. Halteverbot? Ich stand an dieser Stelle früher schon, früher gab es hier kein Halteverbot, ich wunderte mich, warum es plötzlich an dieser Stelle ein Halteverbot gab, das Schild schien mir neu zu sein.

Da ich die Gesetze achte, zahlte ich die Strafe. Am Abend, als ich nach Hause wollte, suchte ich einen Parkplatz. Ich suchte und suchte und suchte – und fand schließlich wieder einen, denn so schlecht ist diese Parkraumbewirtschaftung ja wirklich nicht, man braucht halt ein bisschen Geduld. Ich war wieder mit dem System versöhnt, aber am nächsten Morgen hatte ich ein Knöllchen. 15 Euro. Ich stand im Halteverbot. Halteverbot? Und so weiter, und so fort...

Ich habe diese Woche jeden Tag ein Knöllchen bekommen. Ich parke in der Straße, in der ich wohne, ich habe einen Parkausweis für diese Straße, ich kann und darf nur in dieser Straße parken, aber in dieser Straße scheint seit Neustem absolutes Halteverbot zu gelten. Seltsam ist nur, dass ich die Schilder am Abend nicht sehe. Ich parke, schau, alles super – aber am nächsten Tag ist da ein Schild. wer hat es da hingestellt? Wo wird es morgen stehen? Handelt es sich um ein Wanderschild?

Ich wollte das Wanderschild ertappen, so wie man früher den Weihnachtsmann ertappen wollte, deshalb legte ich mich eines Abends auf die Lauer, aber der Schlafentzug lies mich wohl phantasieren: plötzlich sah ich Männer und Frauen vom Ordnungsamt, sie hatten eine große Tasche dabei, darin befand sich ein ausfahrbares Halteverbotsschild, sie stellten es mal hier, mal dort auf und freuten sich, wie sich kleine Kinder freuen, denen ein schöner Streich gelungen ist.

Dann wachte ich auf.

Vor kurzem las ich, das durch die neue Parkraumbewirtschaftung im ersten Monat 500.000 Euro eingenommen wurden. Gibt es in Irland eigentlich Parkraumbewirtschaftung?

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