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Panorama: „Ich hatte auch schlimme Gedanken“

Natascha Kampusch über ihr Leben im Verlies

Natascha Kampusch hat jahrelang von einer Flucht aus jenem Verlies, in dem sie von ihrem Entführer Wolfgang Priklopil gefangen gehalten wurde, geträumt. „Ich habe immer wieder getüftelt an dem Punkt, zu dem die Zeit reif ist. Ich konnte aber nichts riskieren, am wenigsten einen Fluchtversuch. Ich hatte immer den Gedanken: Ich bin sicher nicht auf die Welt gekommen, dass ich mich einsperren und mein Leben vollkommen ruinieren lasse. Ich bin verzweifelt an dieser Ungerechtigkeit“, sagte sie in einem Interview mit der österreichischen Zeitschrift „News“, das am Mittwoch Nachmittag erschien. Am Abend wurde nach Andurck dieser Ausgabe von ORF und RTL das zuvor angekündigte Fernsehinterview ausgestrahlt.

Ihr Entführer habe unter Paranoia gelitten und sei chronisch misstrauisch gewesen, sagte Kampusch „News“. „Ich hatte auch schlimme Gedanken“, berichtete sie. „Manchmal habe ich davon geträumt, ihm den Kopf abzuhacken, hätte ich eine Axt besessen.“ Während der acht Jahre in Gefangenschaft hatte Natscha Kampusch zwischenzeitlich auch die Hoffnung verloren: „Ich war überzeugt, dass niemand mehr je nach mir suchen wird und ich daher auch niemals wieder gefunden werde.“ Ihr Verlies habe sie als Gefängnis empfunden. „Ich war eingesperrt. Ich habe nie verstanden, eingesperrt zu sein, ohne dass ich etwas getan hätte. Normalerweise sperrt man ja nur Kriminelle ein.“

Abgesehen davon, „dass ich mich sofort verkühlt und ich mir einen Schnupfen eingefangen habe, lebe ich jetzt ziemlich normal“, sagte sie auf die Frage nach ihren Gefühlen in der neuen Freiheit. „Ich habe mich sehr schnell wieder ins soziale Leben gefunden. Erstaunlich, wie rasch das ging. Ich wohne und lebe jetzt mit anderen Menschen zusammen – und habe damit keine Schwierigkeiten“.

„Ich hatte die Wahl, allein oder in seiner Gesellschaft zu sein“, sagte sie. „Und diese Alternativen sind wohl nicht sehr berauschend.“ Details wolle sie zu diesem Thema nicht mit der Öffentlichkeit teilen. „Sie sollten mit mir hier nicht so sehr über Herrn Priklopil reden, weil er sich hier ja nicht mehr verteidigen kann... Über einen Toten zu schimpfen finde ich vor allem wegen seiner Mutter nicht sehr schön.“

Ihre Flucht sei nicht konkret geplant gewesen. Wörtlich heißt es: „Nein, die war ganz spontan. Ich bin dort hinten beim Gartentor rausgerannt, und mir ist schwindelig geworden. Ich fühlte jetzt erstmals, wie schwach ich wirklich war. Trotzdem hat es gepasst. Alles in allem ist es mir am Tag der Flucht gut gegangen.“

Ihr Verhältnis zu ihren Eltern sei „sehr gut“, sagte Kampusch. „Ja, ich liebe meine Eltern. Irgendwer hat das Gerücht aufkommen lassen, dass es einen Streit gibt. Den gibt es nicht.“ Für ihre Familie „war die Situation um vieles schlimmer als für mich. Sie glaubte, ich wäre tot“. Während ihrer Gefangenschaft erfuhr Natascha auch von der Suche „mit dem Bagger in Schotterteichen“ nach ihr. „Und ich war verzweifelt, als ich das Gefühl hatte, dass ich, als Lebende, bereits abgeschrieben bin“.

Zu ihren Zukunftsplänen sagte die 18-Jährige, sie wolle das Abitur nachholen, vielleicht studieren. Was will sie beruflich machen? „Von der Psychologie über den Journalismus bis hin zu Jus könnte ich mir alles vorstellen. Ich wollte auch immer Schauspielerin werden, weil ich mich immer für Kunst interessiert habe.“

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