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Panorama: Ihm wird es nicht zu bunt

Luciano Benetton wird heute 70 Jahre alt

Der in die Jahre gekommene Firmengründer träumt von langen Reisen, davon, endlich in Ruhe mit seinen Enkeln spielen zu können und übergibt die Leitung seines Imperiums an einen jungen Manager. So muss es Luciano Benetton 2003 ergangen sein, der heute seinen 70. Geburtstag feiert und eigentlich längst nur noch im Hintergrund seines Modeimperiums agieren wollte.

Aber als erste Amtshandlung gab der neue Vorstandschef Silvano Cassano vor zwei Jahren den ersten Verlust in der fast 40-jährigen Geschichte des Benetton-Konzerns bekannt. Also musste Luciano Benetton erneut an die Öffentlichkeit und erklären, dass alles wieder gut werde. Und dass man keine Angst haben müsse vor den Billigkonkurrenten H&M, vor Zara und Co., weil die Qualität der Waren bei Benetton einfach besser sei, die Farben bunter und dafür dann widerum gar nicht so teuer.

Aber ob das reicht, damit die Leute wieder so begeistert wie in den 80er Jahren die bunten Pullover kaufen? Die Marke Benetton hat an Glanz verloren, und über die Plakate, auf denen junge schöne Menschen für bunte Wollwaren werben, spricht keiner mehr. Als sich noch der italienische Fotograf und Werbeprovokateur Oliviero Toscani um die Kommunikation bei Benetton kümmerte, war das anders. In den 90er Jahren provozierten Plakate mit dem blutigen T-Shirt eines kroatischen Soldaten, mit ölverschmierten Seevögeln und einem Hinterteil, auf dass das Wort HIV tätowiert war, und lösten weltweit Begeisterung und Empörung aus. Die Kampagnen führten zu Gerichtsverhandlungen und in Deutschland zu Shopschließungen, weil die Kunden ausblieben. Die Diskussion hatte zwar nichts mehr mit dem Produkt zu tun, förderte aber die Bekanntheit der Marke. Heute, fünf Jahre nach dem Toscani das Unternehmen verlassen hat, sieht die Werbung so brav und glatt aus, dass man sie sofort wieder vergisst. Laut Luciano Benetton gehört es zur neuen Firmenstrategie, die Produkte in den Mittelpunkt zu stellen und diese in den „Megastores“ an die Leute zu bringen. Schließlich eröffnet fast monatlich ein neuer in einer europäischen Großstadt. Schaut man in die Läden, ist es erstaunlich, wie wenig sich die Produkte verändert haben. Immer noch dominieren die Stapel mit bunten Wollpullovern, wahlweise mit V- oder Rundhalsausschnitt. Einzig an den Farben kann man erkennen, dass sie auch den Anspruch eines modischen Produktes erfüllen sollen. Die Idee, erst die fertigen Pullover als letzten Schritt einzufärben, machte Benetton einst erfolgreich.

Also sitzt der Firmengründer, wenn in Stuttgart ein neuer Laden eröffnet wird, selbst zwischen gefalteten T-Shirts und Umkleidekabinen und erklärt, dass er aktiv am wirtschaftlichen Aufschwung von China und Indien teilhaben wolle.

Die Familie Benetton ist, nach der von Präsident Silvio Berlusconi, die zweitreichste in Italien.

Aber das Geld wird längst nicht mehr mit der Mode verdient. Der Familie gehören mehr als 3100 Kilometer mautpflichtige Autobahnen, Schnellrestaurants und Beteiligungen an einer Telekommunikationsgesellschaft. Trotzdem kann sich Luciano Benetton nicht vorstellen, irgendwann den Handel mit Wollpullovern sein zu lassen. Schließlich sind das die Wurzeln: Er begann im zarten Alter von 14 als Modeverkäufer. Später brachte er die Strickwaren seiner Schwester Guliana per Fahrrad unter die Leute, bis die vier Geschwister mit der Firmengründung den Grundstein für das „Wunder von Venetien“ legten.

Am nächsten Montag wird Lucianos Sohn Alessandro seinen neuen Arbeitsplatz in der Geschäftsleitung von Benetton einnehmen – vielleicht hat Luciano dann ja bald Zeit für seine Enkel. Und die nächste Benetton-Generation kann dann für ein neues Wunder sorgen.

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