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Panorama: Im Alter sind nicht alle gleich

In Stockholm wird das erste staatliche Seniorenheim für Schwule errichtet.

Lange hat eine Bürgerinitiative gekämpft – nun gibt die bürgerliche Stadtregierung in Stockholm nach und genehmigt den Bau eines staatlichen Seniorenheims für Schwule, Lesben und Transsexuelle. Diskriminierendes Verhalten vieler Altersgenossen, für die normabweichende sexuelle Orientierung häufig noch immer eine Krankheit ist, war der Grund für die Gründung der Bürgerinitiative. Am Lebensabend angekommen, sollten sich Menschen in ihrer Umwelt geborgen und heimisch fühlen, erklärte der Sprecher der Initiative.

Das Altenheim wird den Namen „Regenbogen“ tragen und wird im charmanten Stadtteil Vasastan errichtet, in dem zahlreiche Cafés, Restaurants und Galerien liegen. Es dürfte das erste staatliche Seniorenheim seiner Art weltweit sein. Sowohl homosexuelle Rentnerinnen und Rentner als auch Senioren, die sich einer kosmetischen, hormonellen oder chirurgischen Geschlechtsumwandlung vom Mann zur Frau oder andersherum unterzogen haben, sollen einziehen.

Zusammen mit den Architekten der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft „Micasa“ wird derzeit der Umbau eines Gebäudes im Detail geplant. Ein Gemeinschaftsraum mit Küche soll den sozialen Umgang für die oft durch Einsamkeit geplagten Senioren ermöglichen. Mit dem Projekt erhoffen sich die Macher auch eine Auflockerung der Atmosphäre im von scheuer, reservierter Mentalität geprägten Schweden. „Wir müssen weg von der standardisierten Altenpflege und uns mehr auf die Bedürfnisse spezieller Gruppen anpassen. Menschen sind halt verschieden“, kommentierte Stadtrat Joakim Larsson von der einst erzkonservativen und heute liberalen Regierungspartei „Moderaterna“ in Stockholm den Bau des Homo-Altenheims.

Die ersten Rentner sollen bereits in der zweiten Jahreshälfte 2013 einziehen können. Mindestens 65 müssen die Bewerber sein. „Schon jetzt haben sich über 60 offiziell beworben, 354 haben bereits Interesse angemeldet“, sagt Christer Fällman von der Bürgerinitiative.

Kritiker des neuen Seniorenheims bemängeln, dass auf Minderheiten spezialisierte Altenheime nicht im Sinne einer integrierten Gesellschaft sind. Selbst im sozialdemokratisch geprägten Schweden sind Altenheime häufig nach Senioren aus ärmeren und solchen aus reicheren Verhältnissen aufgeteilt. Schwedische Experten für Integration betonten dagegen, dass es zwar möglich sei, die Meinung junger Leute zu ändern, aber kaum jene älterer Menschen. Deshalb sei das Projekt kein Rückschlag für die schwedische Gesellschaft. Beschwerden von Anwohnern, die das neue Altenheim nicht in ihrem Viertel haben wollen, scheinen diese Sicht der Dinge zu bestätigen.

In Zukunft wird es in Stockholm noch mehr auf spezielle Bevölkerungsgruppen zugeschnittene Altenheime geben, bislang wurde bei der Wahl, wenn überhaupt, nach Herkunft unterschieden. „Ich freue mich darauf, in Zukunft viele auf unterschiedliche Interessen zugeschnittene Heime zu errichten. Schon heute haben wir ein Altenheim, in dem nur Finnen wohnen. Auch für ein ungarisches und ein iranisches Altenheim gibt es großes Interesse“, kommentierte Micasa-Direktor Anders Nordstrand.

Andre Anwar[ Stockholm]

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