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Panorama: Im Clinch mit Griechenlands Goliath

Die Raffinerie vor Korinth ist geräumt: Greenpeace hat sich mit den Vardinojannis-Brüdern angelegt, der mächtigsten Familie des Landes VON GERD HÖHLER Athen.Einen Tag lang ging nichts mehr am Ölpier der Motor-Oil-Raffinerie in der Nähe der griechischen Stadt Korinth.

Die Raffinerie vor Korinth ist geräumt: Greenpeace hat sich mit den Vardinojannis-Brüdern angelegt, der mächtigsten Familie des Landes VON GERD HÖHLER

Athen.Einen Tag lang ging nichts mehr am Ölpier der Motor-Oil-Raffinerie in der Nähe der griechischen Stadt Korinth.Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace blockierten seit Dienstag den Hafen.Mit Eisenketten fesselten sie sich an die Bojen und Verladekräne.Schlauchboote der Organisation und das Greenpeace-Schiff "Arctic Sunrise" versperrten die Zufahrt zum Hafen.Zwei Tanker wurden daran gehindert, an der Mole anzulegen.Am frühen Mittwoch morgen machte ein Spezialkommando der griechischen Küstenwache der Aktion ein Ende: die vermummten, mit Maschinenpistolen und Kampfmessern bewaffneten Soldaten nahmen 16 Greenpeace-Aktivisten fest. Die Protestaktion galt einer Raffinerie, die in jüngster Zeit mehrfach ins Gerede gekommen ist.Im August brach während eines Sturms eine Leitung, durch die Rohöl von einem Tanker an Land gepumpt wurde.Eine immer noch unbekannte Menge Öl ergoß sich ins Meer - nicht das einzige Mißgeschick: In den vergangenen Jahren gab es in der Raffinerie jährlich zwischen sechs und 17 Unglücksfälle, bei denen Rohöl ins Meer gelangt war. Nach Darstellung von Greenpeace hält die Raffinerie, die größte Griechenlands, den Negativrekord in Sachen Umweltverschmutzung.Mit ihrer Praxis, auch bei Nacht und stürmischem Wetter Rohöl von den Tankern an Land zu pumpen, beschwöre die Gesellschaft Unglücksfälle wie den vom vergangenen August geradezu herauf.Kritik übt die Umweltschutzorganisation auch an der Praxis der griechischen Küstenwache, das immer wieder austretende Öl auf der Meeresoberfläche mit chemischen Mitteln zu zersetzen.Damit, so Greepeace, werde die Meeresfauna und -flora auf Jahre hinaus geschädigt.Ein Sprecher der Motor-Oil-Raffinerie, Konstantinos Vassilakis, versichert, die Gesellschaft halte alle gesetzlichen Auflagen strikt ein und treffe sogar Sicherheitsvorkehrungen, die darüber hinausgingen.Greenpeace wiederum bezeichnet die Schutzvorschriften als unzureichend.Außerdem wirft die Organisation der Athener Regierung vor, sie sehe über Verstöße bei Motor-Oil hinweg. Die Raffinerie, die rund 1300 Angestellte beschäftigt und im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 750 Millionen Dollar erzielte, gehört zu 50 Prozent dem saudiarabischen Ölmulti Aramco und zur anderen Hälfte der griechischen Firmengruppe Vardinojannis.Die Vardinojannis-Familie gilt als einer der nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch einflußreichsten Clans in Griechenland.Sie verfügt, neben ihrem traditionellen Engagement in der Tankschiffahrt, über weitverzweigte Anteile im Medienbereich, kontrolliert das griechische Kreditinstitut Chiosbank, den Athener Erstliga-Fußballklub Panathinaikos, ein rund 600 Stationen umfassendes Tankstellennetz sowie einen Großteil des griechischen Heizölmarktes und der Kerosinversorgung auf den Flughäfen des Landes.Bisher hat es keine griechische Regierung gewagt, sich offen mit den Vardinojannis-Brüdern anzulegen. Greenpeace dagegen ist entschlossen, weiterhin die angeblichen Sicherheitsmängel in der Raffinerie anzuprangern.Während sich die Anwälte der Organisation am Mittwoch um die Freilassung der Festgenommenen bemühten, beratschlagte man in der Athner Greepaece-Zentrale bereits über neue Protestaktionen.

GERD HÖHLER

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