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Panorama: Im Lauf der Zeit

Die Fußballstiefel von Sepp Maier zerbröseln

Offenbach Was Torhüter Sepp Maier auf dem Fußballplatz nicht gelang, hat der Zahn der Zeit spielend geschafft. Die Fußballschuhe des Weltmeisters zerbröseln – rapide und unaufhaltsam. Nicht mehr lange, und diese Attraktion des Deutschen Schuhmuseums in Offenbach wird auf Nimmerwiedersehen im Magazin verschwinden.

Original geschnürt, noch mit dem Staub des Spiels bedeckt, stehen die Fußballstiefel aus dem Jahre 1978 auf ihrem Podest. Erst der Blick von unten macht den Zerfall sichtbar – die Sohlen lösen sich auf. An den Spitzen bröckeln fingernagelgroße Stücke, und zwischen den mit Dreck verklebten Stollen bilden sich Pusteln. Ab und zu platzen sie und fallen in kleinen Stücken zu Boden.

Schuld an den Auflösungserscheinungen ist der Kunststoff. „Er verträgt keine Feuchtigkeit, keinen Sauerstoff und kein Licht“, sagt Restauratorin Jutta Göpfrich und widerspricht damit der landläufigen Meinung, solches Material sei besonders haltbar. Auch Restauratoren aus der Kunstszene bereitet das Plastik zunehmend Kopfzerbrechen.

„Das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt oder das Vitra Design Museum in Weil, die kennen das Problem auch“, berichtet die Offenbacherin.

Im Unterschied zu Leder, Holz oder Metall ist die Alterung von Kunststoffen wenig erforscht. Sicher ist, dass sie innerhalb weniger Jahre zerfallen können. Das gefährde nicht nur den Wert der Kunstwerke, sondern „deren bloße Existenz“, heißt es im Vitra Design Museum. Verfahren zur Konservierung und Restaurierung fehlen weitgehend. „Wir haben keinen großen Erfahrungsschatz“, sagt Sprecherin Alexa Tepen.

Diese Lücke will ein weltweites Projekt des Museums in Weil am Rhein und der Kunstversicherung Axa Art (Köln) schließen. Künstler und Sammler sollen außerdem sensibilisiert werden, sagt Stefan Horsthenke von Axa Art zur Zielsetzung. Materialschäden seien nicht versicherbar, es gehe aber um den Erhalt der Werke. Horsthenke zufolge werden jährlich Kunst- und Designobjekte aus Kunststoff im Wert von mehreren zehn Millionen Euro zerstört.

Unabhängig von diesem Projekt entwickelt Restauratorin Göpfrich in einer internationalen Arbeitsgruppe Methoden zur Konservierung und Restaurierung. Für Sepp Maiers Schuhe ist aber keine Rettung in Sicht. Dafür ist es endgültig zu spät. dpa

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