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Panorama: Im Namen der Ehre

Onur Air kratzt den Firmennamen von gecharterten Flugzeugen ab. In Amsterdam wird über das Flugverbot verhandelt

Was ist schon ein Name, mögen sich die Verantwortlichen der türkischen Fluggesellschaft Onur Air gedacht haben. Sie ließen am Pfingstwochenende in aller Eile das Onur-Firmenlogo von Flugzeugen kratzen, die sie für die Sommersaison angemietet hatten. Schließlich dürfen Maschinen von Onur Air derzeit in vier wichtigen westeuropäischen Ländern nicht landen, weil sie als unsicher gelten – andere Flugzeuge aus der Türkei aber schon. Deshalb wurde bei einem von Onur gemieteten Jet der Istanbuler Gesellschaft „Saga Airlines“ der Onur-Schriftzug flugs wieder entfernt. Die Wischerei an den Flugzeugen lässt vermuten, dass Onur Air nicht mit einer raschen Aufhebung der Landeverbote in den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und der Schweiz rechnet.

In der Nähe des Amsterdamer Flughafens Schiphol sprachen am Montag Vertreter der niederländischen Luftfahrtbehörden mit türkischen Kollegen über die Kette von Landeverboten für Onur, die am vergangenen Donnerstag in den Niederlanden begonnen hatte. Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt. Offen war auch, ob und wann das deutsche Luftfahrtbundesamt, das sich der niederländischen Verbotsentscheidung angeschlossen hatte, mit der türkischen Seite verhandeln will. Onur hat mit Klagen in den Niederlanden und Deutschland gedroht.

Der Streit um Onur – das Wort bedeutet „Ehre“ – führte am Wochenende vorübergehend sogar zu diplomatischen Irritationen, weil sich die türkischen Behörden weigerten, aus Deutschland kommende Maschinen landen zu lassen, die gestrandete Onur-Passagiere heimfliegen sollten. Inzwischen sind zumindest diese Probleme gelöst. Ein Onur-Sprecher sagte, am Transport von westeuropäischen Türkei-Urlaubern, die mit Onur fliegen sollten, seien türkische wie auch ausländische Fluggesellschaften beteiligt: Seit Sonntag wurden demnach 5500 Onur-Urlauber von Antalya mit Hilfe anderer Gesellschaften in die Heimat zurückgebracht. Im gleichen Zeitraum flogen verschiedene Airlines 7000 Menschen, die ursprünglich in Onur-Maschinen sitzen sollten, nach Antalya in die Ferien.

Dass die im niederländischen Pauschaltourismus erfolgreiche Onur Air ausgerechnet zu Beginn der Sommersaison mit den Landeverboten belegt wurde, lässt in der Türkei die Verschwörungstheorien ins Kraut schießen. Aus türkischer Sicht gibt es Hinweise, dass es bei der von den Niederlanden ausgelösten Verbotswelle um etwas anderes geht als um die Sicherheit der Passagiere. So wird darauf verwiesen, dass Länder wie Belgien und Dänemark die Onur-Jets weiter landen lassen.

Aus dem Tourismusministerium in Ankara verlautete, die steile Aufwärtsentwicklung im türkischen Fremdenverkehr mit einem erwarteten Wachstum von 30 Prozent in diesem Jahr sei auch im Ausland nicht unbemerkt geblieben: „Ungerechter Wettbewerb“ sei im Spiel. Türkische Zeitungen weisen ihre Leser darauf hin, dass die private Konkurrenz von Onur Air in den Niederlanden nur mit Hilfe staatlicher Kredite im Geschäft bleiben könnte – das Flugverbot als Dolchstoß gegen einen unliebsamen Mitbewerber aus der Türkei? Onur-Chef Cankut Bagana deutete sogar politische Motive für das Flugverbot an und sagte, die Initiative sei vom niederländischen Parlament ausgegangen – eine gezielte Aktion gegen den EU-Bewerber Türkei? Die Möglichkeit, dass es tatsächlich technische Mängel bei Onur gegeben haben könnte, spielt in der öffentlichen Wahrnehmung in der Türkei dagegen kaum eine Rolle. Onur und die anderen Fluggesellschaften seien sicher und würden ständig kontrolliert, beschieden die türkischen Behörden.

Doch nicht alle in Westeuropa glauben das. Selbst wenn der Krach um Onur Air bald beigelegt werden kann, werden die Probleme für türkische Fluggesellschaften keinesfalls erledigt sein, prophezeien Experten. Türkische Flieger werden in Westeuropa künftig genauer unter die Lupe genommen, sagt Ugur Cebeci, der Luftfahrtexperte der Zeitung „Hürriyet“. Sollte dabei wieder eine türkische Gesellschaft in die Kritik geraten, könnte das die ganze Branche in der Türkei in eine ernste Krise stürzen.

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