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Ein Mitarbeiter des Instituts für Tropenmedizin am Universitätsklinikum Tübingen (Baden-Württemberg) demonstriert die klinische Studienvorbereitung in einem Labor des Instituts.

© Wolfram Kastl/dpa

Update

Impfstoffe und Therapien gesucht: Ebola-Verdacht in Bochum

Die Ebolawelle in Westafrika ebbt ab - doch das Virus überlebt in Tieren und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es zu einem neuen Ausbruch kommt. Anders aber als noch vor zwei Jahren läuft die Entwicklung von Impfstoffen inzwischen auf Hochtouren. Derweil ist in Deutschland ein neuer Ebola-Verdacht aufgetreten.

Mit Verdacht auf eine Ebola-Infektion ist in der Nacht zum Montag ein Mann aus Bochum in die Uniklinik Düsseldorf gebracht worden. Der Transport aus der Ruhrgebietsstadt nach Düsseldorf durch die Feuerwehr erfolgte "unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen", wie die Universitätsklinik und die Stadt Düsseldorf mitteilten. Der Mann wurde demnach in der Sonderisolierstation der höchsten Sicherheitsstufe untergebracht. "Eine Gefährdung der Bevölkerung durch Transport oder stationäre Unterbringung ist ausgeschlossen", hieß es in der Mitteilung.

Der Ebola-Verdacht bei dem Patienten aus Bochum trat demnach nach einem Aufenthalt des Mannes in Guinea auf. Das Land zählt mit Sierra Leone und Liberia zu den am stärksten von der Ebola-Epidemie in Westafrika betroffenen Staaten. Erste Ergebnisse der Untersuchung des Patienten in Düsseldorf werden für den späten Montagnachmittag erwartet.

Die Uniklinik in Düsseldorf verfügt über eine hochmoderne Station, die von der Außenwelt völlig abgeriegelt werden kann. "In der Sonderisolierstation können eine vollständige Abschirmung des Sicherheitsbereichs sowie eine Steuerung der Luftströme durch mehrere gestaffelte Unterdruckstufen vorgenommen werden, um einen Übertritt gefährlicher Keime in die Umgebung sicher zu vermeiden", teilten Klinik und Stadt mit.

Zugleich verhindere eine spezielle Vorrichtung zum Auffangen und Sterilisieren der Abwässer aus der Sonderisolierstation, dass derartige Krankheitserreger in das Abwassersystem gelangen könnten. Mit diesen baulichen Vorrichtungen sei ein "vollständiger Schutz der Patienten, der Besucher und des behandelnden Personals gewährleistet".

Wann kommt der rettende Pieks gegen Ebola?

Helfer, Ärzte und Betroffene hoffen darauf, dass ein Impfstoff gegen die gefährliche Erkrankung bald gefunden ist. Auch an der Entwicklung von Medikamenten wird mit Hochdruck gearbeitet. Rund 11 000 Todesfälle sind für die Epidemie in Westafrika bisher erfasst, die tatsächlichen Zahlen liegen wohl weit höher. Für den nächsten Ausbruch will die internationale Gemeinschaft, die 2014 viel zu langsam das Ausmaß der Tragödie erfasste, medizinisch und strukturell besser gewappnet sein.

Wie weit ist die Suche nach Impfstoffkandidaten? Derzeit laufen Studien in den betroffenen afrikanischen Staaten, aber auch etwa in Deutschland, der Schweiz und den USA, um verschiedene Wirkstoffe zu testen. Darunter sind zwei große Phase III-Studien zur Wirksamkeit von Impfstoffen, in die Zehntausende Menschen in Liberia und Sierra Leone einbezogen werden. Regierungsinstitutionen arbeiten dabei eng mit Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen (MSF) sowie Pharmaunternehmen zusammen. Mehrere weitere Studien sind in Phase I, das heißt, an einigen wenigen Probanden wird getestet, ob die Substanz gut verträglich ist. Mehr als zehn Wirkstoffe werden zudem im Labor oder an Tieren erprobt. „Praktisch jedes Impfstoffprojekt wird im Rahmen einer Public-Private-Partnership vorangetrieben“, so Birgit Fischer vom Verband forschender Arzneimittelhersteller. Bei Design und Zulassung der Studien seien vielfach beschleunigte Verfahren eingesetzt worden.

Zwei Wirkstoffe geben Hoffnung

Welche Impfstoffe sind erfolgsversprechend und wie funktionieren sie? Erfolg versprechen derzeit vor allem ChAd2-ZEBOV (GlaxoSmithKline) und rVSV-ZEBOV (NewLink Genetics), das ursprünglich von der kanadischen Gesundheitsbehörde entwickelt wurde. Ersterer ist ein sogenannter Vektorimpfstoff, bei dem ein Schimpansen-Adenovirus abgeschwächt und mit Antigenen des Ebola-Virus ausgestattet wurde. Der zweite Kandidat ist ein abgeschwächtes, dem Tollwuterreger verwandtes Virus, das mit speziellen Oberflächen-Proteinen von Ebola versehen wurde. Beide Mittel sollen bei den Geimpften eine vorbeugende Immunantwort auslösen. Infizieren sie sich später mit dem Ebola-Virus, kann der Körper es wesentlich besser abwehren.

Was ist an Medikamenten für die Therapie in Arbeit? Die umfangreichste Studie läuft zur Zeit in Guinea mit dem Grippe-Medikament Favipiravir. Es wirkt nach bisherigen Erkenntnissen von MSF jedoch nur eingeschränkt: Je höher die Viruslast bei den Patienten ist, desto geringer sind die Heilungschancen. Kinder unter fünf Jahren und schwangere Frauen profitieren demnach kaum. Größere Hoffnungen setzen die Mediziner auf ZMapp, einen Mix aus drei Antikörpern. „Hier gibt es extrem gute Ergebnisse“, sagt Julien Potet, MSF-Experte für Impfstoffe. Eine umfangreiche Studie war bisher allerdings nicht möglich, weil die Produktion von ZMapp langwierig ist und es zu wenige Dosen gab. Auch die Injektion des Antikörper-reichen Blutserums Ebola-Überlebender wird derzeit als Behandlungsmöglichkeit für Erkrankte erprobt. Hier ist die Wirksamkeit aber ebenfalls noch nicht belegt.

Nicht ausreichend Probanden für die Tests

Welche Probleme treten auf? Das Abklingen der Epidemie macht den Experten in diesem Fall paradoxerweise die Arbeit schwer: Es gibt nicht mehr genug Probanden für die Tests. Eine Studie mit dem Breitband-Virostatikum Brincidofovir musste deshalb bereits abgebrochen werden. Was die weitere Forschung betrifft, herrscht zudem derzeit Unklarheit darüber, wer die Blutproben Erkrankter künftig nutzen darf. Teilweise sind die Proben in Labore außerhalb der betroffenen Länder gebracht worden. „Wir müssen aber erreichen, dass sie allen offen stehen, auch afrikanischen Forschern“, betont Philipp Frisch von der MSF-Medikamentenkampagne ACCESS.

Gibt es einen Zeithorizont? Bis zum Herbst hoffen die Mediziner auf erste belastbare Ergebnisse einzelner Studien. „Nach dem Sommer werden wir zumindest ein gutes Verständnis davon haben, welche Behandlungsoptionen wir für den nächsten Ebola-Ausbruch in unserem Werkzeugkasten bereit halten müssen“, sagt Potet. (dpa)

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