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Panorama: In die Kita, fertig, los! Zu späte Hilfe für Hausfrauen

Ein- bis Dreijährige haben Anspruch auf einen Betreuungsplatz – wo, das können Eltern aber kaum beeinflussen Bei der Berechnung von Unterhalt wird jetzt die Ehedauer stärker berücksichtigt. In vielen Fällen läuft die Korrektur aber ins Leere.

Noch bevor das Kind das Licht der Welt erblickt hat, geschweige denn laufen oder sprechen kann, beginnt für viele Eltern der Wettlauf um einen Kita-Platz. Ausgebuchte Kindergärten und übervolle Wartelisten sind in vielen Städten Alltag. Hinzu kommt der Chef, der endlich wissen will, wann der Mitarbeiter aus der Elternzeit in die Firma zurückkehrt: Familie und Beruf zu vereinbaren, wird für viele Eltern zur Herausforderung.

Damit die Suche nach einem Betreuungsplatz nicht länger ein Lotteriespiel ist und die Rückkehr in den Arbeitsalltag besser gelingt, hat der Gesetzgeber seit 1. August einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Ein- bis Dreijährige festgelegt.

DER ANSPRUCH:

EIN PLATZ AB EINEM JAHR

„Das Gesetz war längst überfällig“, sagt Petra Windeck, Vizepräsidentin des Deutschen Familienverbands. „Ohne den Druck des Gesetzgebers hätten wir nicht die Zahl an Betreuungsplätzen in den Bundesländern, die wir jetzt haben.“ Grundsätzlich haben nun alle Eltern, deren Kinder am 1. August 2012 mindestens ein Jahr alt waren, einen Rechtsanspruch auf eine Betreuung in einer Kindertageseinrichtung oder bei einer Tagesmutter.

DIE DURCHSETZUNG:

EIN ANTRAG BEI GERICHT

Wer keinen Platz bekommen hat, der kann sich an das zuständige Verwaltungsgericht wenden. Als erster Schritt reicht ein formloser Antrag aus. Dem Familienverband zufolge findet sich dann meist mit Hilfe der Kommune eine Lösung. Schließlich hätten auch die Städte großes Interesse daran, dass die Kinder gut untergebracht werden und die Eltern in ihren Beruf zurückkehren können, sagt die Familienexpertin.

Gibt es dennoch Probleme, können sich die Eltern an einen Anwalt wenden. „Eine riesige Klagewelle scheint es bisher aber nicht zu geben“, sagt Windeck.

Das neue Gesetz hat bundesweit für einen Boom beim Ausbau von Kindertageseinrichtungen gesorgt. Allein in Berlin hat die Senatsverwaltung zwanzig Millionen Euro bereitgestellt, um die Träger zu unterstützen. Bis Ende 2015 sollen so bis zu 19 000 neue Kita-Plätze geschaffen werden. Auch um qualifiziertes Personal bemühen sich Politik und Träger, um dem Anspruch gerecht zu werden.

DAS ERGEBNIS:

NICHT IMMER ERSTE WAHL

Ob Eltern für ihren Nachwuchs einen Platz in der Wunsch-Kita bekommen, ist allerdings mit dem Rechtsanspruch längst nicht gesichert. Jegliche Extras wie Biokost, Turnen, musikalische Früherziehung oder Fremdsprachen, die die Eltern sich für ihre Kleinsten wünschen, können trotz Gesetz nicht durchgedrückt werden.

Auch die Größe der Einrichtung und deren Öffnungszeiten haben wenig Gewicht bei der Zuteilung eines Kita-Platzes. Ob es eine Zusage vom kleinen Kinderladen gibt oder von einer Betreuungsstätte mit extralangen Öffnungszeiten und hunderten Plätzen – das können die Eltern meist nicht entscheiden.

„Wo das Kind einen Platz bekommt, darauf haben Eltern nur wenig bis keinen Einfluss“, sagt Familienexpertin Windeck. „Sie müssen das nehmen, was geboten wird.“ Zumutbar sind ein Anfahrtsweg von einer halben Stunde und eine Entfernung von fünf Kilometern zum Wohnort. Das haben verschiedene Gerichte in erster Instanz bereits entschieden.

KLAGEN FÜR

DIE WUNSCH-KITA?

Verbandsfrau Windeck warnt jedoch davor, auch dann ein Verfahren anzustreben, wenn man keinen Platz in seiner Wunsch-Kita bekommen hat. „Die Anwälte können nur das für Eltern erreichen, was der Rechtsanspruch abdeckt.“ Zudem können Gerichtsverfahren langwierig, teuer und vor allem nervenaufreibend werden.

Trotz Kita-Gesetz bleibt die Vergabepraxis der Einrichtungen ein Problem. Windeck hofft, dass die kommende Bundesregierung an dieser „Stellschraube“ noch einmal dreht und die Rahmenbedingungen für Familien verbessert. Die Entscheidung, wo ihr Kind untergebracht ist, wenn man arbeiten geht, sollten Eltern nicht dem Schicksal überlassen müssen.

Mit der neuen Rechtslage hat sich die Situation am Kita-Platzmarkt zwar deutlich entspannt. Doch die Kinderbetreuung bleibt ein Streitfall auf der politischen Agenda. So werden Kindergartenleitungen sich wohl auch in Zukunft auf lange Wartelisten und Bewerbungen mit Ultraschallbildern gefasst machen müssen.

Fünf Jahre nach der grundlegenden Reform des Unterhaltsrechts im Jahr 2008 wollte der Gesetzgeber in diesem Jahr eigentlich einen Fehler korrigieren. Damals verlor der bekannte Satz „Einmal Chefarztgattin, immer Chefarztgattin“ mit einem Mal an Bedeutung: Unterhaltsansprüche unter Geschiedenen wurden begrenzt und befristet. Nach Jahrzehnten in einer „Hausfrauen-Ehe“ standen viele Frauen vor dem finanziellen Abstieg. Männer konnten zudem bereits bestehende Unterhaltstitel ändern lassen – zum Nachteil der Frauen.

Im März diesen Jahres wurde daher das Bürgerliche Gesetzbuch erneut geändert und die Dauer der Ehe als gleichrangiges Kriterium in den Paragrafen 1578 b BGB geschrieben. Dort heißt es jetzt, bei der Herabsetzung des Unterhaltsanspruches sei auch zu berücksichtigen, inwieweit diese „unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre“.

Experten glauben jedoch, diese Korrektur werde ins Leere laufen: „Bei vielen Alt-Ehen im klassischen Hausfrauenmodell ist seit 2008 bereits der nacheheliche Unterhalt trotz langer Ehe befristet worden. Für die Frauen kommt die Gesetzesänderung zu spät“, sagt Mathias Grandel von der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins. Sie könnten nun keine erneute Abänderung ihres Unterhaltsanspruchs beantragen. Denn der Bundesgerichtshof (BGH) entschied noch im März, dass es sich bei der jüngsten Korrektur um keine grundlegende Rechtsänderung handele – so dass es wohl bei der bisherigen Rechtsprechung und Befristung bleiben wird. Alexander Riedel

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