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Panorama: In einem Gefängnis in Amerika

Bonn - Die Öffentlichkeit hat noch vor den Geschworenen geurteilt. „Blutrünstiges Monster“ titelten die Zeitungen in Virginia, nachdem Chefermittler Major Ricky Gardner seine Beweise präsentiert hatte.

Bonn - Die Öffentlichkeit hat noch vor den Geschworenen geurteilt. „Blutrünstiges Monster“ titelten die Zeitungen in Virginia, nachdem Chefermittler Major Ricky Gardner seine Beweise präsentiert hatte. Noch heute ist er davon überzeugt, dass sich die Sache an jenem Abend des 30. März 1985 genauso abgespielt hat, wie er es dem Gericht unter dem Beifall der Stadt vorgetragen hat: Demnach soll der junge deutsche Diplomatensohn Jens Söring die Eltern seiner Freundin Elizabeth mit zahlreichen Messerstichen brutal umgebracht haben. Für Major Gardner kommt nur Jens Söring als Täter infrage, Elizabeth sei allenfalls Anstifterin gewesen. Mit dieser Version überzeugte er die Jury, obwohl die Indizienkette höchst brüchig blieb. Der Deutsche entging der Todesstrafe knapp und wurde zu einer zweimal lebenslänglichen Strafe verurteilt. Bei Elizabeth lief es mit 90 Jahren Haft auf das Gleiche hinaus.

Inzwischen zählt Jens Söring die Tage. „20 Jahre, sieben Monate, vier Tage und 21 Stunden sitze ich jetzt hier“, rechnete er vor, als er kürzlich Besuch aus Deutschland bekam. Die Kölner Filmemacher Katharina Gugel und Ulf Eberle haben es bis ins Gefängnis von Brunswick geschafft. Sie trafen auf einen jungen Mann, der sich einen Rest an Hoffnung bewahrt hat. „Ich bin unschuldig“, wiederholte er mehrfach.

Durch einen Zufall bekam er Kontakt zur Bonner Anwaltskanzlei Redeker. Die Juristen versuchen ihm zu helfen. „Wir arbeiten daran, dass die Amerikaner ihn in die Bundesrepublik ausliefern“, sagte Andreas Frieser. Er wertete es als gutes Zeichen, dass Justizministerin Brigitte Zypries ihm versichert hat, nichts unversucht zu lassen, „den Interessen von Herrn Söring zu helfen“. Unabhängig von der Frage, ob die Indizien vor einem deutschen Gericht möglicherweise anders gewichtet worden wären, hätte Jens Söring nur nach Jugendstrafrecht abgeurteilt werden können. Hierzulande hätte er eine realistische Chance, irgendwann einmal wieder freizukommen. Nur die Hoffnung darauf hält Jens Söring am Leben. Der Film von Gugel und Eberle, wird am heutigen Dienstag um 22 Uhr 15 im ZDF ausgestrahlt.

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