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Aufgebrachte Demonstranten fordern den Tod von Vergewaltiger Mukesh Singh am Mittwoch in Kalkutta.

© dpa

Indien: Wütender Mob lyncht mutmaßlichen Vergewaltiger

In Indien hat eine wütende Menschenmenge einen mutmaßlichen Vergewaltiger aus dem Gefängnis geholt und an einem Glockenturm aufgehängt. Zuvor hatte die Ausstrahlung der BBC-Dokumentation "India´s Daughter" über die Gruppenvergewaltigung einer Studentin für Aufregung im Land gesorgt.

Ein wütender Mob hat in Indien einen mutmaßlichen Vergewaltiger öffentlich gelyncht. Die Menge sei am Donnerstagmorgen in der Stadt Dimapur im nordöstlichen Bundesstaat Nagaland in ein Gefängnis eingedrungen und habe den Verdächtigen aus seiner Zelle gezerrt, berichtete die Nachrichtenagentur PTI. Der Mann war Ende Februar unter dem Vorwurf festgenommen worden, eine Frau mehrfach vergewaltigt zu haben. In Indien ist Gewalt gegen Frauen seit einer brutalen Gruppenvergewaltigung in Neu Delhi im Dezember 2012 in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

Die Zeitung "Hindustan Times" berichtete, die Menge habe zwei Tore niedergerissen und den Mann zum Glockenturm der Stadt geschleppt. Dort sei er nackt ausgezogen, geschlagen und aufgehängt worden. Der örtliche Polizeichef Meren Jamir sagte der Zeitung, die Lage sei "sehr angespannt" und die Polizei tue ihr Bestes, um wieder für Ordnung zu sorgen. Der Vorfall ereignete sich, nachdem die Regierung in einer umstrittenen Entscheidung die Ausstrahlung eines Dokumentarfilms über die Gruppenvergewaltigung in der indischen Hauptstadt von Dezember 2012 verboten hatte.

Indien droht BBC mit Sanktionen

Indien droht dem Sender BBC wegen der Ausstrahlung einer Dokumentation über die Gruppenvergewaltigung einer Studentin in einem Bus in Neu Delhi im Dezember 2012 mit Sanktionen. „Wir hatten gebeten, den Dokumentarfilm nicht zu senden. Die BBC hat es trotzdem getan. Das Innenministerium wird geeignete Maßnahmen ergreifen“, kündigte Innenminister Rajnath Singh laut indischen Medien (Donnerstag) vor dem Parlament in Neu Delhi an. Nach Protesten in Indien gegen den Film "India´s Daughter„ (Indiens Tochter) der Reporterin Leslee Udwin hatte die BBC die ursprünglich für den Weltfrauentag (8. März) geplante Ausstrahlung auf Mittwochabend vorgezogen.

Ein Gericht in Neu Delhi hatte am Dienstag die Ausstrahlung in Indien verboten. Eine Medizinstudentin war am 16. Dezember 2012 zusammen mit ihrem Freund in einem Bus auf dem Heimweg von einem Kinobesuch, als sie von sieben Männern vergewaltigt wurde. Danach wurde sie brutal mit Eisenstangen verprügelt und aus dem Bus geworfen. Wenig später starb sie an ihren Verletzungen. Der Fall löste weltweite Empörung aus. Für den Dokumentarfilm interviewte Udwin in indischen Gefängnissen mehrere wegen Vergewaltigung zum Tode verurteilte Männer. Ausführlich kommt in der Reportage auch Mukesh Singh zu Wort, einer der sieben Vergewaltiger der Studentin.

Er zeigt in dem Interview keine Reue. Frauen seien selbst Schuld an Vergewaltigungen, sagte Singh; die Todesstrafe für Vergewaltiger mache die “Dinge„ für Frauen nur noch schlimmer. “Wer jetzt vergewaltigt, wird danach nicht von der Frau ablassen, wie wir es getan haben. Man wird sie töten.„ Die BBC verteidigte die Ausstrahlung des Films. Man habe sich nach “langer und sorgfältiger Diskussion„ entschieden, den Beitrag zu senden, erklärte der Sender am Mittwoch. Der Film gehe “verantwortungsvoll mit dem Thema um„ und stehe im “Einklang mit unseren redaktionellen Richtlinien„.

Die indische Öffentlichkeit reagiert auf Twitter und Facebook gespalten auf die Dokumentation. Für die einen ist der Film Ausdruck der Presse- und Meinungsfreiheit. Andere sind der Ansicht, man hätte Singh kein Forum geben dürfen, seine Sicht der Dinge darzustellen. Manche sahen durch den Film auch die Ehre des Vergewaltigungsopfers beschmutzt. (AFP, KNA)

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