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Panorama: Internet-Handel: Eine Seele kostet 840 Mark

Gibt es eigentlich noch irgendetwas, das man im Internet nicht bekommen kann? Sie brauchen aus mysteriösen Gründen einen defekten Kampfbomber oder einen Schiffsfriedhof oder stehen auf getragene Unterwäsche?

Gibt es eigentlich noch irgendetwas, das man im Internet nicht bekommen kann? Sie brauchen aus mysteriösen Gründen einen defekten Kampfbomber oder einen Schiffsfriedhof oder stehen auf getragene Unterwäsche? Kein Problem: All das gab es schon auf dem virtuellen Marktplatz des Internet-Auktionshaus Ebay. Doch als dort in der vergangenen Woche eine Niere zur Versteigerung ausgeschrieben wurde, erkannten die Macher der Plattform den Ernst der Lage. "biete niere an" hieß es lapidar von einem Mann aus Kassel, das Mindestgebot waren 100 000 Mark. Einfach nur ein Scherz oder der Versuch von Organhandel?

Der Fall jedenfalls wurde erst einmal an die Staatsanwaltschaft Kassel weitergegeben. Die soll die Identität des Anbieters ermitteln und überprüfen, ob das Angebot auch wirklich ernst gemeint war. Wenn ja, wird wegen Verstoß gegen das Transplantationsgesetzes ermittelt, das es verbietet, eine Niere gegen Profit anzubieten. Dem "Sünder" drohen drei Jahre Gefängnis.

"Wir gehen davon aus, dass es sich bei dem Angebot um einen Scherz handelt", sagt der Sprecher von Ebay-Deutschland, Joachim Guntert, und wirbt für Verständnis, dass das Angebot ungefiltert ins Netz kommen konnte. Zwar gäbe es eine Art "Content Task Force", ein Experten-Team, das in Stichproben nach verbotenen Angeboten sucht, "aber bei 79,4 Millionen Auktionen jährlich weltweit ist eine komplette Kontrolle natürlich sehr schwierig."

Entwarnung gibt derweil Dietmar Horch, Transplantationskoordinator der Charité in Berlin: "Organhandel in Deutschland gibt es nicht. Erstens wird bei einer Lebendspende genau untersucht, ob sie medizinisch überhaupt machbar ist. Zweitens prüft eine unabhängige Kommission bei der Ärztekammer, ob die Spende freiwillig ist und keine kommerziellen Interessen dahinterstecken."

Der aktuelle Versuch, Organe über das Internet zu verkaufen, ist nicht neu. Im letzten Jahr hatten sich die Bieter, ebenfalls bei Ebay-Deutschland, gegenseitig bereits auf 200 000 Mark gesteigert, ehe das Auktionshaus das Angebot vom Server nahm. In den USA wurden 1999 für eine Niere sogar 5,7 Millionen Dollar geboten.

Dagegen macht sich die Summe, die für zwei Babys in den USA gezahlt wurde, geradezu läppisch aus. Über eine Internet-Adoptionsagentur wurden die sechs Monate alten Babys Kimberly und Belinda für 12 000 Mark an ein kalifornisches Paar vermittelt. Als zwei Monate später von der walisischen Familie Kilshaw ein doppelt so hohes Angebot bei der Agentur eintraf, überredete die Leiterin der Agentur die leibliche Mutter, die Zwillinge dem amerikanischen Paar wegzunehmen und sie zu den besser zahlenden Kilshaws zu geben. Die adoptierten die Kinder und nahmen sie mit auf die Insel.

Die walisischen Behörden aber schalteten sich ein und nahmen die Kinder in ihre Obhut. Inzwischen kam es zu einem erbitterten Rechtsstreit. Vorläufiger Sieger ist der Vater. Er hat vorerst das Sorgerecht zugesprochen bekommen.

Für den vorläufigen Höhepunkt der skurrilen Internetangebote sorgte ein 20-jähriger Student aus dem Bundesstaat Washington. Er bot nicht weniger als seine Seele zum Verkauf an. Sie sei "kaum benutzt" und in gutem Zustand. Die Bieter waren brennend interessiert und lieferten sich ein erbittertes Gefecht um das Schnäppchen (Mindestgebot 10 Cent). Den Zuschlag erhielt schließlich eine Frau aus Iowa: für rund 840 Mark. Über die Lieferung der Ware ist indes nichts bekannt.

Hendrik Vöhringer

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