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Internetsuche: Routenplaner, Wetter und Erotik ganz vorne

Die Nutzer von Internet-Suchmaschinen wollen Orientierung haben. Das klingt banal, doch was für das Zurechtfinden in der virtuellen Welt gilt, scheint offenbar auch fürs reale Leben zuzutreffen.

Hamburg/Karlsruhe - So ist "Routenplaner" der Begriff, der im vergangenen Jahr am häufigsten in die Masken der größten deutschen Suchmaschinen eingetippt wurde. Doch auch wenn Statistiken einen Eindruck von den Interessen der Webnutzer liefern - uneingeschränkt aussagekräftig sind sie nicht: Sie berücksichtigen nicht alle Suchanfragen und lassen sich außerdem manipulieren.

Bei Google Deutschland führte nach Angaben des Unternehmens in Hamburg 2006 der Begriff "Routenplaner" die Top-15-Liste der Suchabfragen an. Beim zweitgrößten Anbieter Yahoo in München rangierte das Wort auf Platz zwei. Am zweithäufigsten suchten Google-Nutzer nach "WM 2006", gefolgt von "Wetter". Bei Yahoo lag dagegen "Wetter" ganz vorn, auf Rang drei kam "Erotik".

Dass letzteres Themenfeld auch Google-Nutzer nicht ganz uninteressant fanden, lässt sich aus der Platzierung von "Paris Hilton" auf Rang fünf schließen. Die skandalträchtige Hotelerbin führte bei Google und Yahoo auch die Top Fünf der meistgesuchten Frauen an. Der meistgesuchte Mann war bei Google Robbie Williams. Bei Yahoo stand der deutsche Rapper Bushido in dieser Kategorie an erster Stelle.

Mit diesen Daten kann Nadine Schmidt-Mänz nicht viel anfangen: "Die Listen bleiben statisch", sagt die Wissenschaftlerin. Sie hat am Institut für Entscheidungstheorie und Unternehmensforschung der Universität Karlsruhe zum Suchverhalten im Web promoviert. So genannte Impulse - sich kurzzeitig häufende Suchbegriffe - würden etwa in der Google-Statistik gar nicht berücksichtigt. Diese Besonderheiten im Suchverhalten von Webnutzern tauchen aber immer wieder auf - und sagen zudem viel darüber aus, was Surfer bewegt.

Aktuelle Ereignisse kurz an der Spitze

Ein Impuls wird laut Nadine Schmidt-Mänz durch unvorhergesehene Ereignisse, Nachrichten oder Werbung angeregt. Ihn kennzeichne ein plötzliches, starkes Interesse, das schnell wieder abebbt. Beispiele seien die Suche nach "Tsunami" nach der Naturkatastrophe im Pazifik 2004 oder nach "Papst" nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. im April 2005. Um ein genaues Abbild der Suchvorlieben zu erhalten, müsse man die Suchabfragen daher im Zeitverlauf betrachten.

Das hat Schmidt-Mänz für ihre Dissertation von 2004 bis 2005 anhand der Suchmaschinen Fireball, Lycos, MetaGer und Metaspinner getan - und dabei teils ganz andere Suchvorlieben festgestellt als diejenigen in der Google- und Yahoo-Statistik. Ein Dauerbrenner-Thema, nach dem durchgehend häufig gesucht wird, ist laut Schmidt-Mänz vor allem "Erotik". Dem Themenfeld ließen sich auch die Suchwörter "Sex", "Porno" und "Girls" zuordnen. Aber auch "Multimedia" sowie Füllwörter wie "in" oder falsch benutzte Operatoren hat die Wissenschaftlerin als Dauerbrenner identifiziert.

Anonymität steuert Suchverhalten

"Erotik ist einfach 'ein Thema', dann wird auch danach gesucht", erklärt Nadine Schmidt-Mänz die Vorlieben der Suchmaschinennutzer. Am Rechner bekomme es zudem keiner mit, wenn nach Erotik-Inhalten gesucht wird. "Es ist die Anonymität, die das fördert." Die Vorlieben der Nutzer von Google und Yahoo dürften in dieser Hinsicht ähnlich sein. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Suchverhalten bei Google anders ist als bei den Suchmaschinen, die ich untersucht habe." Es gebe die Vermutung, dass die offiziellen Statistiken der großen Suchmaschinen-Betreiber von Erotik-Themen gesäubert werden.

Stefan Keuchel von Google Deutschland räumt dieses Vorgehen auf Nachfrage ein. Zwar handele es sich bei den veröffentlichten Begriffen durchaus um Top-Abfragen. Diese seien jedoch um Ergebnisse aus dem Bereich "Sex" bereinigt. Etwa ein bis zwei Suchbegriffe aus diesem Themenfeld seien unter den Top Ten zu finden, sagt Keuchel.

Manipulationsversuche durch Firmen

Doch die Statistiken von Suchmaschinen ließen sich auch auf andere Weise leicht manipulieren, sagt Schmidt-Mänz. So könnten Unternehmen versuchen, ihre Seite im Ranking nach vorne zu schieben - mit Hilfe von Programmen, die automatisch immer wiederkehrende Suchanfragen nach Begriffen stellen, die auf der Unternehmensseite auftauchen. Auf einen solchen Manipulationsversuch deute etwa der Suchbegriff "Plexiglasgehäuse" an neunter Stelle der aktuellen Lycos-Statistik hin.

Über diese Hintergründe Bescheid zu wissen, kann für Nutzer von Suchmaschinen hilfreich sein. Die registrierten Füllwörter und falsch benutzten Operatoren unter den Dauerbrennern lassen laut Nadine Schmidt-Mänz darauf schließen, dass viele Surfer nicht mit der Funktionsweise der Programme vertraut sind: "Der Internetmensch ist nicht geschult, wie Suchmaschinen arbeiten." Um die Suchwerkzeuge effizient einsetzen zu können, müssten sich Nutzer mit ihnen beschäftigen.

Probleme bei der Formulierung

Oft hapert es auch an der treffenden Formulierung der Suchanfrage. Nach Ansicht der Suchmaschinenforscher des Regionalen Rechenzentrums für Niedersachsen (RRZN) an der Universität Hannover sind die richtigen Suchwörter "ein großes Problem" bei der Informationsbeschaffung aus dem Internet: "Bei der Suche nach einem bestimmten Fachgebiet sind oftmals die richtigen Suchwörter, die Fachbegriffe und das Begriffsumfeld noch gar nicht bekannt."

Nadine Schmidt-Mänz rät den Nutzern, sich zunächst in die Begriffswelt einzuarbeiten und dann bei der Suchmaschine die Möglichkeit der so genannten Phrasensuche zu nutzen. "Eine weitere Möglichkeit ist der Versuch, sich die perfekte Webseite vorzustellen, die zu einem Thema gefunden werden soll." Dann könnten schrittweise die wichtigsten Formulierungen und Wörter in die Suche aufgenommen werden, um sich so an die gesuchte Seite heranzutasten. (Von Felix Rehwald, dpa)

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