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Inzest-Fall Amstetten: Missbrauch vor den Augen der eigenen Kinder

Neun Jahre lang gab es im Kellerverlies in Amstetten nur einen einzigen Raum. Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet, soll Josef F. in diesen Jahren seine Tochter vor den Augen ihrer Kinder vergewaltigt haben.

In den ersten Jahren ihrer Gefangenschaft hat Josef F. seine Tochter offenbar vor den Augen ihrer Kinder vergewaltigt. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" und beruft sich auf Vernehmungsprotokolle der Polizei. In den ersten neun Jahren bestand das Kellerverlies demnach aus einem einzigen Raum. Erst 1993 habe ihr Vater einen weiteren Raum eingerichtet. Davor wurden offenbar auch die bis dahin im Keller geborenen drei Kinder zu Zeugen der immer wiederkehrenden Vergewaltigungen.

Im Gegensatz zu den Aussagen des inzwischen 73-Jährigen berichtete die Tochter laut "Spiegel" weiter, ihr Vater habe sie zu Beginn ihrer Gefangenschaft unter einem Vorwand in den Keller gelockt und zunächst zwei Tage lang mit Handschellen an einen Pfosten gefesselt und dann bis zu neun Monate angeleint.

Wie der "Spiegel" weiter berichtet, hat E. ihre Mutter ausdrücklich entlastet. In den Jahren ihrer Gefangenschaft sei sie ausschließlich von ihrem Vater versorgt worden, sagte die 42-Jährige nach Angaben des Nachrichtenmagazins gegenüber der Polizei aus. Ihre Mutter habe nichts gewusst.

Mehr Zeugen als zunächst angenommen

Offenbar gab es viel mehr Zeugen von den Vorgängen im Elternhaus der Tochter als zunächst angenommen. Ein ehemaliger Mieter in dem Mehrfamilienhaus sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur APA dem österreichischen Fernsehsender ATV, E. sei vor ihrer Einkerkerung mit einer Jugendfreundin nach Wien geflüchtet, jedoch wieder zurückgebracht worden. Die Freundin und Nachbarin habe ihm von den Vergewaltigungen berichtet. Demnach hätten die beiden Frauen damals aber der Polizei aus Angst vor Fritzl nichts gesagt.

Angesichts des furchtbaren Verbrechens startete die Stadt Amstetten laut APA eine Initiative. Nach Angaben von Bürgermeister Herbert Katzengruber wurden 35 Meter lange Transparente an verschiedenen Standorten aufgestellt, auf denen die Einwohner "ihre oft sehr beklemmenden Gefühle in Form von Worten, Zeichnungen, Unterschriften usw. zum Ausdruck bringen" können.

Am Mittwoch sollen auf dem Hauptplatz die Spruchbänder unter dem Motto "Wir gestalten Zuversicht" entrollt werden. "Die Ereignisse der vergangenen Tage haben uns alle sprachlos gemacht. Amstetten, eine blühende Stadt in einer wunderschönen Region in Österreich, wurde von einer unfassbaren Tat eines einzelnen Menschen erschüttert", erklärte der Bürgermeister.

Diskussion um strafrechtliche Konsequenzen dauert an

Bundeskanzler Gusenbauer wandte sich in der "Bild"-Zeitung gegen Tendenzen zur Verallgemeinerung. "Es gibt keinen Fall Amstetten, keinen Fall Österreich, sondern ein grausliches Gewaltverbrechen", sagte der SPÖ-Chef dem Blatt. Sein Land wehre sich dagegen, dass von "einigen ausländischen Medien" versucht werde, aus "diesem entsetzlichen Verbrechen etwas 'spezifisch Österreichisches' zu konstruieren".

Die Diskussion um die strafrechtlichen Konsequenzen aus dem Verbrechen dauerte an. Der Vorsitzende der rechtspopulistischen Oppositionspartei Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), Peter Westenthaler, forderte in der Tageszeitung "Österreich" eine Zwangssterilisierung von Sexualstraftätern. Auch der Justizsprecher des konservativen Koalitionspartners ÖVP, Heribert Donnerbauer, sprach sich dafür aus, die zwangsweise Einnahme triebunterdrückender Medikamente im Strafrecht zu verankern. Die sozialdemokratische Justizministerin Maria Berger lehnt bisher eine Verschärfung der Strafgesetze ab, befürwortet aber längere Verjährungsfristen für Sexualstraftaten. (nim/AFP)

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