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© Laif

James O’Keefe: Der Michael Moore der Rechten

Amerikas Konservative haben einen neuen Helden, eine Art Michael Moore der Rechten, der moralische Fehltritte des gegnerischen Lagers anprangert. Und Barack Obama hat einen Skandal am Hals, der die Öffentlichkeit von seinen politischen Zielen ablenkt.

Amerikas Konservative haben einen neuen Helden, eine Art Michael Moore der Rechten, der moralische Fehltritte des gegnerischen Lagers anprangert. Und Barack Obama hat einen Skandal am Hals, der die Öffentlichkeit von seinen politischen Zielen ablenkt. Eigentlich ist es weder ein Skandal des Präsidenten noch seiner Partei, sondern der Organisation Acorn (Association of Community Organizations for Reform Now). Doch die meisten Amerikaner halten Acorn für eine politische Kampforganisation der Demokraten.

James O’Keefe heißt der neue Held der Republikaner. Der 25-Jährige und seine Kollegin Hannah Giles suchten gemeinsam Acorn-Büros auf, gaben sich als hilfsbedürftige junge Leute aus und baten dort um Rat, wie sie gewisse hinderliche Vorschriften für ihre Karrierepläne umgehen könnten, zum Beispiel das Prostitutionsverbot. Den bekamen sie auch bereitwillig. Denn viele Acorn-Mitarbeiter empfinden sich als Vorkämpfer einer Gesellschaft, die sich von den aus ihrer Sicht überholten Moralvorstellungen befreit. Doch was O’Keefe und Giles mit versteckter Kamera filmten, reicht dann doch deutlich ins Kriminelle, fern jeder Moral: Acorn-Mitarbeiter gaben selbst Tipps zu Mädchenhandel und Steuerbetrug – zum Beispiel, wie man Minderjährige zur Prostitution ins Land bringen und ihre Tätigkeit verschleiern könne.

Folgende Geschichte tischte das junge Pärchen Acorn auf. Sie seien überzeugte Demokraten und strebten eine politische Karriere an. Doch das Startkapital müssten sie erst verdienen, und was sie dabei im Sinne hatten, ließ sich leicht verstehen. Man müsse die Tätigkeit der Dame anders nennen, lautete der Rat, zum Beispiel „darstellende Künstlerin“. Und wenn sie ihre Einkünfte an einen Freund überweise und der es als politische Spende ihrem Partner, dem Zuhälter mit politischen Ambitionen, zukommen lasse, sei das Geld steuermindern gewaschen. Doch selbst als O’Keefe fragte, wie man 13 „sehr junge Mädchen“ aus El Salvador in die USA bringen könne, die hier Männern eine Freude bereiten könnten, wurden die Acorn-Leute weder misstrauisch noch zügelten sie ihre Hilfsbereitschaft. „Nennt sie einfach eure Gäste“, war die Empfehlung.

O’Keefe hat zwei prominente Vorbilder: Erstens Michael Moore, der in Deutschland oft missverständlich als „Dokumentarfilmer“ bezeichnet wird, aber tatsächlich bitterböse Satirefilme dreht. Darin stellt er die Rechte bloß, prangert Amerikas Gesundheitsystem an oder Konzerne wie Haliburton, die dank ihrer Verbindungen zu Präsident George W. Bush oder dessen Vize Dick Cheney Milliarden am Irakkrieg und dem Kampf gegen den Terror verdienten. Und, zweitens, Sacha Baron Cohen, der sich erst in der Rolle des kasachischen Journalisten Borat und nun als österreichischer Homosexueller Brüno über Moral und Sexualmoral der Amerikaner lustig machte.

Für Acorn sind die Folgen des Skandals dramatisch. Binnen weniger Wochen hat die Organisation einen Großteil der öffentlichen Gelder für ihre sozialen Hilfsprogramme verloren. Demokraten beeilen sich, auf Distanz zu gehen und im Kongress gegen öffentliche Zuwendungen an Acorn zu stimmen. Die Organisation war 1970 zur Hilfe für Arme in Arkansas gegründet worden und hatte sich rasch einen Namen auf vielen sozialen Gebieten gemacht: Unterstützung bei ungeplanten Schwangerschaften, Hurrikan-Hilfe, Wählerregistrierung, juristischer Beistand gegen Kredithaie in der Immobilienkrise.

Den Republikanern war Acorn immer ein Dorn im Auge, weil die Organisation klar Partei für die Demokraten bezog. Mehrfach gab es Vorwürfe wegen Korruption und Fälschung von Wahlunterlagen, aber sie konnten Acorns Nimbus lange wenig anhaben. Seit den O’Keefe-Videos hat Acorn die überwältigende Mehrheit Amerikas gegen sich.

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