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Panorama: Jetzt reden die Frauen der Politiker

Verzweifelt und eingesperrt fühlte sich Rut Brandt, wie sie nach ihrer Ehe mit dem früheren Bundeskanzler bekannte.Hiltrud Schröder schilderte nach der Trennung von dem jetzigen SPD-Kanzlerkandidaten, daß sie schon am Tag der Hochzeit erkennen mußte, "daß ein normales Familienleben nicht zu organisieren war".

Verzweifelt und eingesperrt fühlte sich Rut Brandt, wie sie nach ihrer Ehe mit dem früheren Bundeskanzler bekannte.Hiltrud Schröder schilderte nach der Trennung von dem jetzigen SPD-Kanzlerkandidaten, daß sie schon am Tag der Hochzeit erkennen mußte, "daß ein normales Familienleben nicht zu organisieren war".

Allenfalls nach spektakulären Scheidungen breiten Frauen von Politikern ihre Ehe vor der Öffentlichkeit aus.Sonst sind Äußerungen über das Leben als Politikerfrau eher rar.Mechthild Töpfer erklärte, sie sei Anfeindungen ausgesetzt gewesen, weil sie Lehrerin war und mußte sich Bemerkungen gefallen lassen wie: "Jetzt ist ihr Mann Minister, warum muß die als Lehrerin arbeiten, wo es soviele arbeitslose Lehrer gibt".Marita Blüm fühlt sich gekränkt, wenn Menschen ihrem Mann Aufmerksamkeit und Freundlichkeit entgegenbringen, sie aber unbeachtet ist.

Was für ein Leben führen die Frauen von Politikern? Welche Anforderungen werden an sie gestellt? Die Psychologin Claudia Kossendey, Frau des CDU-Verteidigungspolitikers Thomas Kossendey, befragte ausführlich 25 Frauen und schrieb darüber eine Dissertation.Anlaß war die Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Leben.Dazu gehörten kränkende Erlebnisse wie zum Beispiel mit einer Verkäuferin, die ihr die letzte Diätenerhöhung vorhielt, als ihr der Preis für eine Küchenkelle zu hoch war.

Die Befragten wurden nicht repräsentativ ausgewählt.Die Autorin wählte sich Frauen, die zu solchen Befragungen bereit waren und nicht allzuweit von ihrem Wohnort entfernt lebten.Von 25 Befragten lebten 18 mit einem CDU-Politiker zusammen.

Der Wert der Arbeit besteht darin, auf die Situation dieser Frauen aufmerksam zu machen, die Außergewöhnliches leisten und erdulden müssen, unabhängig von Parteizugehörigkeit oder Region.Sie befragte auch zwei Männer, die mit Politikerinnen zusammenleben.Deren Schilderungen unterscheiden sich kaum von denen der Frauen.

Das Einschneidenste ist der Fortfall einer geschützten Privatsphäre.Wähler und Medien rufen Tag und Nacht an, fragen oder meckern oder drohen.Da niemand weiß, wo sich der Mann gerade aufhält, wählen die Leute erst einmal die Privatnummer.

Hedwig - den Frauen wurden in der Arbeit anonymisierende Vornamen gegeben - schildert, daß das Telefon sogar am Bett steht, damit ihr Mann jederzeit erreichbar ist.Andere Frauen erkämpfen, daß wenigstens während des Abendessens keine Telefongespräche geführt werden."Das Paar wird zum öffentlichen Eigentum", schreibt die Autorin."Man kann sich nicht mehr unbefangen bewegen", zitiert sie Zita.Da der Mann viel beschäftigt ist, fällt es schwer, Freundeskreise aufrechtzuerhalten."Dazu haben wir nie Zeit", sagt Wera.Stattdessen verbringt das Paar seine Freizeit öfter mit Leuten, die politisch nützlich sein könnten.

Das Arbeitspensum des Mannes führt bei einigen Frauen zu Einsamkeit."In bestimmten Situationen, wenn ich dann operiert wurde, war ich immer allein.Ich fuhr mit dem Auto allein zum Krankenhaus und fuhr allein wieder zurück", schildert Ilona.

Andere Frauen arbeiten als unbezahlte Kraft viele Stunden für ihren Mann."Ich bin die Sonntagssekretärin.Was nicht im Büro geschrieben werden soll, das mache ich zu Hause für ihn", sagt Nora.Manche sind nicht nur seine Sekretärin und die Telefonzentrale, sie sind auch seine Chauffeuse, die ihn auch nachts über weite Strecken fährt.

Was die Frauen offenbar gut in den Griff bekommen, ist die Eifersucht.Sie lassen sich nicht von Leuten, die bei ihnen Mißtrauen säen wollen, verunsichern."Da würde ich doch verrückt werden.Dauernd unterwegs, lernen eine ganze Masse Frauen kennen, davon sind durchaus welche sehr attraktiv und nicht doof und dann noch bereit, da muß man gelassen bleiben", sagt Zita."Ich würde für keinen Mann die Hand ins Feuer legen.Und er könnte in Bonn eine Freundin haben, da würde ich wahrscheinlich gar nicht hinter kommen.Nur, ich kann hier nicht sitzen und mich verrückt machen, weil es letztlich an meinen Nerven zerrt und nichts bringt".Die Frauen gehen nach Angaben der Autorin durchweg davon aus, daß die Exklusivität ihrer Beziehung, verbunden mit gegenseitigem Vertrauen, die stete räumliche Trennung übersteht.

Die meisten Frauen sind in ihren Gefühlen hin- und hergerissen.Einerseits sind sie außergewöhnlich belastet, andererseits profitieren sie von ihrer Position.So äußern sie offen ihren Stolz."Ich hatte durch meinen Mann immer einen riesigen Informationsvorsprung allen anderen gegenüber", sagt Cleo.Undine: "Ich bin hundertprozentig davon überzeugt, ohne mich hätte er das nicht werden können, was er geworden ist - weder mit einer anderen Frau noch allein".ANDREAS OSWALD

Claudia Kossendey, "Lebenspartnerinnen von Politikern", S.Roderer Verlag, Regensburg

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