zum Hauptinhalt

Panorama: Jil Sander – voran mit alten Werten

Ihr Nachfolger sollte es besser machen, aber Prada hat sie zurückgeholt. Und Mailand feiert das Comeback der deutschen Designerin

Es hätte auch schief gehen können. Die Erwartungen waren riesengroß – die Spannung vor Jil Sanders erster Präsentation ihrer Damenkollektion Frühjahr/Sommer 2004 in Mailand stieg ins Unermessliche.

Aber die Erleichterung beim Modepublikum war schon nach wenigen Minuten deutlich zu spüren: Jil Sander hat sich weiterentwickelt, ist dabei sie selbst geblieben und schafft so ein brillantes Comeback. Eines, das mehr ist, als nur eine Umkehr in die bewährte Vergangenheit.

Mit eigenem Gesicht

Die Rückkehr der Designerin zu ihrer eigenen Marke hat sich für die Prada-Gruppe, die seit 2000 Mehrheitseignerin der Jil Sander AG ist, als Erfolg erwiesen. Nachdem sie der Firma vor drei Jahren wegen kreativer Differenzen mit Patrizio Bertelli, dem Chef des Konzerns, den Rücken gekehrt hatte, verließen sich die Verantwortlichen bei Prada darauf, ohne Jil Sander auszukommen. Doch ihr Nachfolger als Chefdesigner, Milan Vukmirovic, wurde zwar von der Fachwelt für seine Entwürfe gelobt, die traditionellen Jil-Sander-Kundinnen reagierten jedoch mit Desinteresse – die Umsätze brachen ein.

Die Firma Jil Sander stand nicht alleine da. Inzwischen haben fast alle Luxusmarken mit Umsatzeinbußen zu kämpfen. Auf diese Krise reagierte der Prada-Konzern nun mit der Rückholaktion. Dabei wurde von der Firmengründerin, die im November 60 Jahre alt wird, mehr als eine Retrospektive ihres über 30-jährigen Schaffens erwartet.

Jil Sander gilt als die Meisterin des schwarzen Minimalismus, der die Mode der 90er Jahre bestimmt hatte. Immer waren es Einfachheit, Funktionalität, Zeitlosigkeit und Qualität, die sie oberflächlichen Spielereien und dramatischen Statements vorzog. Diese Werte empfand der Prada-Konzern vor drei Jahren als anachronistisch – ein Grund für den Abschied der Designerin. In den Zeiten der allgemeinen Krise haben sie jedoch jetzt offensichtlich wieder an Wertschätzung gewonnen.

Jil Sander zeigte jetzt in Mailand eine Kollektion, die so feminin ist wie noch nie. Viel Weiß, viel zarter Stoff: Sanders Entwürfe sind keine Kampfansage. Die Trägerkleider mit engem Oberteil und weit schwingendem Rock haben eine Leichtigkeit, die nie verspielt wirkt.

„Ich habe mich verändert, ich bin nicht mehr dieselbe Person“, sagte sie schon anlässlich der Präsentation ihrer Herrenkollektion im Juni. Und: „Jetzt weiß ich, dass das Leben verschiedene Seiten hat.“ Die vergangenen drei Jahre hatte sie abgeschieden, abseits der Öffentlichkeit verbracht – eine ungewohnte Zurückhaltung für eine Frau, die immer auch mit ihrem eigenen Gesicht für ihre Produkte warb.

Sie, die 1967 ihren ersten Laden in Hamburg eröffnet hatte, ist schließlich die einzige deutsche Modeschöpferin, deren Namen weltweit bekannt ist und für einen ganz bestimmten Stil steht.

So steht ihr Comeback nun auch für die Rückkehr der Authentizität in die zuletzt reizübersättigte Modebranche. Für die Identifikation eines Designers mit seinem Stil, der tatsächlich an die Kreativität einer bestimmten Person gebunden ist und nicht einfach von einem anderen, wenn auch talentierten Kreateur fortgeführt werden kann.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false