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Jörg Kachelmann am 31.5.2011 beim Warten auf die Urteilsverkündung.

© dpa

Jörg Kachelmann im Interview: "Mich erpresst niemand mehr"

Jörg Kachelmann spricht im Interview mit der ZEIT zum ersten Mal seit seinem Freispruch über sein Frauenbild – und darüber, warum er heute Knastbrüdern mehr vertraut als Polizeibeamten. Wir dokumentieren das Gespräch

Verhalten lächelnd tritt Jörg Kachelmann vor die Tür des kleinen Hauses, das er für ein paar Monate gemietet hat. »Sind Sie endlich angekommen?«, fragt er. Es war nicht ganz einfach, ihn zu finden in diesem Dorf im Ausland, wo er sich vor den Fernseh- und Fotokameras deutscher Reporter versteckt. Vor wenigen Tagen hat ihn das Landgericht Mannheim nach 43 Verhandlungstagen vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Der Prozess ist zwar noch immer nicht ganz zu Ende, weil die Staatsanwaltschaft Revision gegen das Urteil eingelegt hat. Aber der 52 Jahre alte Kachelmann, der früher im Fernsehen das Wetter ansagte, ist wieder ein freier Mensch. Er bleibt auf der obersten Treppenstufe vor der Haustür stehen, so als wüsste er nicht, ob er die Besucher wirklich hereinbitten soll.

Ein kühler Wind weht ihm entgegen, über den Weiden und Wäldern rund um das Dorf liegt eine geschlossene Decke aus grauen Wolken.

Herr Kachelmann, kalt ist es bei Ihnen. Wir haben uns viel zu dünn angezogen. Auf der Internetseite Ihres Wetterdienstes stand etwas von Sonnenschein. Eine krasse Fehleinschätzung.

Nein, das stand da nicht.

Doch. Es sollte heute sonnig werden.

Ach was. Ich habe es mir selber angeguckt. Da stand nichts von Sonne. Sie haben sich irgendeinen Scheiß angesehen. (lacht) Wenn Sie gute Journalisten wären, dann hätten Sie sich die Vorhersage ausgedruckt und mir hier präsentiert. Dann hätten Sie einen Beleg. Wir können jetzt gleich im Internet nachgucken. Diese Mühe können wir uns machen. Oder Sie wählen einen neuen Einstieg in unser Gespräch.

Einverstanden, ein neuer Einstieg: Sie sind vom Landgericht Mannheim vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Zu welchem Zeitpunkt haben Sie gewusst, dass dies geschehen würde?

Erst, als der Richter es gesagt hat.

Sie haben bis zum Schluss an Ihre Verurteilung geglaubt?

Nein, nicht unbedingt. Es gab mir nahestehende Menschen, auch Rechtsanwälte, die mir Mut gemacht haben. Aber ich hatte im Gerichtssaal so viel Irrationalität kennengelernt, vor allem auch von Mannheimer Staatsanwälten, dass ich bis zum Schluss mit der menschlichen Irrationalität rechnen musste. Noch im Sommer letzten Jahres – Monate nach meiner Verhaftung – hatte ich in einem Interview sinngemäß gesagt: Ich glaube an die deutsche Justiz. Diesen Glauben habe ich seitdem komplett verloren, was den Großraum Mannheim angeht. Deswegen habe ich auch nicht unbedingt an einen Freispruch geglaubt.

Hätten Sie eine Verurteilung persönlich verkraftet?

Das weiß ich nicht. Ich habe viele Dinge verkraftet, von denen ich mir vorher nicht hätte vorstellen können, dass ich sie verkraften würde. Ich saß 132 Tage lang in Untersuchungshaft. Unschuldig im Knast. Immer habe ich gedacht: Wann ist das vorbei? Wenn ich nun verurteilt worden wäre, wäre ich wieder in den Knast gekommen. Dann hätte ein Gericht mir dadurch meine Söhne, die in Kanada leben, weggenommen. Die können mich nicht mal eben im Knast besuchen. Das wäre das Schlimmste gewesen. Und ich wäre in den Augen der Öffentlichkeit ein Vergewaltiger. Kein mutmaßlicher, sondern ein verurteilter Vergewaltiger.

Wie genau haben Sie sich Ihre Verurteilung ausgemalt?

Ich habe mir manchmal diesen Worst Case vorgestellt. Ich habe mich gefragt: Wie sitze ich dann im Gerichtssaal? Wie gucke ich dann? Wie trage ich das bloß mit Fassung?

Sie wollten es mit Fassung tragen?

Vom ersten Prozesstag an bis zum letzten habe ich versucht, die Fassung zu wahren. Ich wollte mit immer demselben Gesicht in die Tiefgarage des Landgerichts fahren – und mit demselben Gesicht wieder raus. Was geht es die sabbernden Fotografen an, wie’s mir geht?

Seit Langem hört man jetzt auch wieder Ihre Stimme. Sie haben im Gerichtssaal nie geredet, Ihre Verteidiger haben für Sie gesprochen. Wieso haben Sie geschwiegen?

Kachelmann: Na ja, meine Stimme hört man jede Woche auf Radio Primavera und Radio Basel. Und vor Gericht hatte mir mein Verteidiger Johann Schwenn geraten zu schweigen. Was sollte ich auch mehr sagen als die kurze Wahrheit: »Ich war es nicht!« und: »Ich habe keinem Menschen Gewalt angetan!« Wieso hätte ich mich beteiligen sollen an diesem Schwachsinn, der über mich erzählt wurde? In dem, was ich vor Gericht über mich gehört habe, erkenne ich mich nicht wieder. Ich hätte an jedem Prozesstag hundertmal aufstehen und sagen müssen: »Das ist gelogen!« Was soll ich über lügende Zeuginnen sagen, auf die erwachsen scheinende Menschen wie diese Staatsanwälte und teilweise auch Richter hereinfallen? Was soll ich denken außer: »Wow, das gibt es also! Das ist Realität. Darin bin ich jetzt gefangen.« Deshalb hat mein Verteidiger gesprochen, nicht ich.

Ihr Verteidiger Schwenn hat vor Gericht viel Krach geschlagen.

Nein, so war das nicht. Er war leise. Er war ganz normal.

Sie wollen doch nicht im Ernst behaupten, dass sich Ihr Verteidiger, der systematisch Zeuginnen, Staatsanwälte und Gutachter frontal angegriffen hat, normal verhalten hat?

Doch. In den Zeitungen stand viel Unsinn. Bild schrieb zum Beispiel: Kachelmanns Verteidiger schlug auf den Richtertisch. Das ist nicht wahr. Er schlug nicht. Er brüllte auch nicht. Die Geschichte vom brüllenden Verteidiger ist eine Erfindung durchgeknallter Medien. Die sagten sich wohl: Hui, der wird ja freigesprochen, jetzt fällt der Spannungsbogen unserer Geschichte aber ab, jetzt nehmen wir den Anwalt und bauschen ihn zum Krawallmacher auf! Und niemand korrigiert das dann, niemand berichtigt die Bild-Zeitung, obwohl alle anderen drinsitzen und auch sehen, dass er weder gebrüllt noch auf den Tisch geklopft hat, sondern jeder Journalist hält diese Falschmeldungen für einen passenden Beleg. Mein Anwalt war nicht laut, er war manchmal für süddeutsche Verhältnisse etwas deutlich, das schon, aber er war leise.

Sie werden mit Ihrer Frau Miriam bald wieder scheitern. Das ist überall zu lesen.

Was geht Sie das an? Oder, um Morrissey zu zitieren, time will prove everything – die Zeit wird es zeigen. Meine Frau steht jetzt unter dem Generalverdacht, nicht nur jung, sondern auch blöd zu sein. Die Leute blicken Miriam an und sagen sich: die Arme. Und dann gucken sie schnell, ob an ihrer Kehle ein Abdruck von einem Hundehalsband zu erkennen ist – weil in einigen Blättern ja stand, ich stünde auf Sadomaso-Praktiken. Die Wahrheit ist: Ich hätte den Gerichtsprozess ohne diese Frau, ohne ihre Intelligenz, Durchsetzungskraft und Entschlossenheit und vor allem ihre Mithilfe ganz sicher nicht so durchgestanden. Ich war in manchen Phasen des Prozesses in einer kompletten Lähmung.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: "Ich habe mich bei praktisch niemandem entschuldigt."

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Drei Dinge werden jetzt über Sie diskutiert. Erstens: Sie haben die Studentin Miriam, die Sie am Tag Ihrer Festnahme vom Flughafen abgeholt hat, aus Kalkül geheiratet – damit Sie vor Gericht besser dastehen. Zweitens: Nach all den Jahren mit Harem werden Sie niemals mit nur einer einzigen Frau auskommen. Drittens: Auch diese Ehe wird in absehbarer Zeit im Eimer sein.

Erstens, zweitens, drittens – das geht Sie einen Scheiß an! Solche Fragen sind der Tradition und der Qualität der ZEIT nicht angemessen. Das ist meine Antwort.

Nur ruhig, Herr Kachelmann!

Ich habe Fehler gemacht. Ich habe Frauen belogen und ihnen Räubergeschichten erzählt. Und ich bin nicht stolz drauf. Aber dass ich deswegen nicht mehr alle auf dem Zaun habe, glaube ich nicht. Ich habe – ohne mich exkulpieren zu wollen – auch schon gröbere Lügen gehört als meine. Ich weiß, ich habe mich mies benommen. Ich habe Menschen verarscht. Es gibt keine Entschuldigung dafür. Aber das, was die Nebenklägerin mit mir gemacht hat, als sie sich den Vorwurf der Vergewaltigung ausdachte – das ist keine Verarsche. Das ist kriminell. Dafür gibt es keine Rechtfertigung.

Haben Sie auch nur eine einzige der Frauen, die Sie belogen hatten, um Entschuldigung gebeten?

Ich habe mich bei praktisch niemandem entschuldigt.

Bei »praktisch niemandem« bedeutet: bei niemandem?

Wo es angemessen und richtig und wichtig war, habe ich um Verzeihung gebeten.

Ihre Frau Miriam auch?

Zum Beispiel.

Sie sind ja, wie sich an Ihren Beziehungen zu Ihren vielen früheren Geliebten zeigt, ein Mensch, der sich gerne entzieht.

Was soll das denn heißen? Sich entziehen, das klingt nach Hinterhalt.

Na, Sie verdrücken sich, wenn es Ihnen reicht – das heißt es. Wie ist es Ihnen eigentlich gelungen, in Mannheim der riesengroßen Traube von Reportern zu entkommen, die nach der Urteilsverkündung auf Sie warteten?

Ich bin nach dem Ende der Gerichtsverhandlung zu meiner Anwältin Andrea Combé ins Auto gestiegen. Sie fuhr los. Da waren Männer auf Motorrädern, Paparazzi. Die waren nicht durch einfache Manöver abzuschütteln. Die blieben dran. In Heidelberg sind wir an einer Ampelkreuzung auch mal bei Gelb rübergefahren – aber die fuhren über Rot. Wir haben ein paar Haken geschlagen und sind in irgendein Parkhaus gefahren. Ich bin aus dem Wagen gestiegen, habe Frau Combé im Auto sitzen lassen, damit sie alleine weiterfuhr und ich mir irgendwo draußen ein Taxi schnappen konnte. Aber dann sah ich: Es gibt nur einen Ausgang. Und da stand schon wieder einer mit seinem Motorrad. Also bin ich durch den Notausgang geflüchtet, stand plötzlich zwischen hohen Häusern in einem Innenhof, aus dem man nicht ins Freie kam. Hinter einem Gittertor wartete ein weiterer Fotograf und ließ seine Kamera klicken. Ich bin in eines der Gebäude gerannt und stand plötzlich in einem Großraumbüro, in dem drei Leute saßen.

Sie standen in einem Büro, das Ihnen fremd war?

Ja, und da waren diese drei Leute, die mich anstarrten. Ich habe gesagt: »Guten Tag, ich bin Jörg Kachelmann und möchte mich von den Paparazzi da draußen befreien.« – »Ah ja«, sagte eine Frau, »ich kenne Sie. Und ich kenne Frau Combé von früher.« Und diese Frau sagte, sie wolle mich in ihrem VW Polo wegbringen. Heimlich. Aber nach allem, was ich erlebt habe, vermeide ich jede Situation, in der ich alleine mit einer unbekannten Frau bin, Aufzug, Straße, Räume, wo auch immer. Deswegen habe ich einen der Männer im Büro gebeten mitzukommen. Der hat das auch verstanden. Wir sind dann zu dritt losgelaufen und sind abgefahren.

Wo im Auto saßen Sie?

Ich saß nicht. Ich lag auf der Rückbank, die Beine im Fußraum, über meinem Kopf so eine Fitness-Gummimatte. Später bin ich in ein anderes Auto umgestiegen, mit dem ich Deutschland verlassen habe.

Es ist später Nachmittag, die Sonne versteckt sich noch immer. Nicht mehr lange, und es wird dämmern. Es wird Zeit, ein paar Fotos von Jörg Kachelmann zu schießen. Vor dem Haus? Vor dem Baum draußen? Kachelmann stellt sich unsicher vor den Baum, dann aber sagt er: »Nein, hier nicht.« Der Baum ist eine Trauerweide. Was werden die Leser denken? Sie könnten die Trauer der Weide auf ihn übertragen.

Kachelmann ist ein gebranntes Kind. Er grübelt ständig, wer was wie interpretieren könnte. Er betrachtet sich oft durch die Augen der anderen.

Kachelmann läuft auf der Dorfstraße in Richtung Wald. Soll er sich vor dem Weidezaun fotografieren lassen? Erinnert der Stacheldraht nicht an ein Gefängnis? Okay, aber nur wenige Bilder. Er stellt sich auf die Wiese, die Hände in den Taschen vergraben. Soll er sich fürs Foto an einen der Heuballen lehnen? Nein, lieber nicht. Wie soll das wirken – wie eine zünftige Fotoshow auf dem Lande? Er trägt ein Holzfällerhemd und Cowboystiefel.

Dann läuft Kachelmann zurück zu dem abgelegenen Häuschen, das nichts gemein hat mit den großzügigen Anwesen, die er sich in der Schweiz und in Kanada kaufte. Die Zimmerdecken hier sind niedrig, zu niedrig für einen 1,91 Meter großen Mann, ständig muss Kachelmann sich bücken. Es gibt ein schmales Regal mit einem Fernseher und einem Hi-Fi-Würfel, es gibt einen Laptop, eine Couch, einen Tisch mit einer Vase voller verdurstender Rosen, einen Kühlschrank mit Joghurtbechern und Colaflaschen, das alles versammelt in einem einzigen, wenig erhellten Raum. Auf dem Kaminsims liegt ein abgegriffenes Langenscheidt-Wörterbuch.

Ein paar Fliegen nerven. Die Nachbarn, sagt Kachelmann, wüssten nicht, wer er ist. Das habe er getestet.

Sie stehen unter einer Weide und sehen darin sofort die Trauerweide. Was ist mit Ihnen los?

Ich kenne mich aus mit Bäumen, vielleicht ist das ja schon ein Trauma. Heute ging es mir jedenfalls echt beschissen. Was soll ich tun? Es ist jetzt eine Situation da, die vergleichbar ist mit der damals, als ich erfuhr, dass meine zwei Söhne nicht von mir sind. Die meisten meiner Freunde haben mir damals gesagt: Jetzt musst du einen harten Schnitt machen, sonst kriegst du dein Leben nicht zurück. Aber ich habe mich damals so entschieden, wie es mir niemand geraten hatte: Ich habe um meine Kinder gekämpft, weil ich wollte, dass sie meine Kinder bleiben. Heute sagen einige Leute wieder: Mach einen Schnitt, fang ein Leben 3.0 an, kämpfe nicht gegen Staatsanwälte und Zeuginnen. Hau einfach ab in ein fernes Land. Aber resignieren und auswandern, so weit bin ich nicht. Ich will was unternehmen.

Was machen Sie dann den ganzen Tag?

Ich schreibe an einem Buch, das bald herauskommt. Es soll den Titel Mannheim tragen, Mannheim als Sinnbild des Elends. Manchmal schreibe ich eine Stunde lang am Tag, manchmal zehn Stunden. Das ist mein Versuch, mich in den Kampf gegen die Leute zu begeben, die mich in den Knast bringen wollten.

Stehen Sie weiterhin unter öffentlicher Beobachtung?

Klar. Dauernd muss ich mich fragen: Lauert hinter dem nächsten Busch wieder ein Leserreporter der Bild-Zeitung? Ich benutze mein Handy sehr, sehr selten, weil ich fürchten muss, dass ich von einem Profi, der sich mit Technik auskennt, zu lokalisieren bin.

Warum wechseln Sie nicht einfach die Nummer? Irgendjemand kann Ihnen doch eine Prepaidkarte kaufen, völlig anonym.

Ich freue mich auf ein Leben ohne Handy.

Gibt es weitere Einschränkungen?

Ich kann Hotels nicht betreten, weil mich sonst jemand an der Rezeption erkennt, der diese Information nicht für sich behalten will. Ich achte jetzt sogar darauf, was ich in den Müll werfe, weil es ja sein kann, dass mein Müll aufschlussreich ist für Journalisten, die darin herumwühlen. Ich antizipiere in jeder Sekunde alles, was man aus meinem Verhalten herauslesen könnte. Jede Sekunde. Sonst könnte ich mich hier nicht sicher fühlen.

Was tun Sie heute nicht mehr, was Sie früher taten?

Ich betrete keine Flugzeuge der Lufthansa mehr, weil es ein Lufthansa-Flug war, aus dem ich in Frankfurt stieg, wo ich im März letzten Jahres auf dem Flughafen verhaftet wurde. Die von der Lufthansa können nichts dazu, aber so ist es nun mal, es bleibt meine Lieblings-Fluglinie, auch wenn ich nicht mehr damit fliege. Ich möchte in diesem Leben auch nicht mehr in Frankfurt landen. Ich kann das nicht mehr. Ich sehe mich noch immer diesen Gang entlanglaufen, diesen Flughafengang. Tja, meine schöne Senatorkarte der Lufthansa ist dem Verfall preisgegeben. Immerhin begegne ich dadurch auch der Bunten nicht mehr, die in der Lufthansa rumliegt.

Was wird sich sonst noch ändern?

Ich habe zu viel über die Justiz in Baden-Württemberg gelernt, auch durch andere im Knast. Und nach diesem Erlebnis mit dem Gericht in Mannheim und mit dieser Kriminalpolizei im badischen Schwetzingen, wo mir diese ganze Lügengeschichte ja angedichtet worden war, meide ich ganz Baden-Württemberg. Ich will da nicht mehr hin. Ich fahre großräumig drum herum. Mir tut das leid, ich wurde da geboren, aber vielleicht ändert sich ja was mit der neuen Regierung.

Haben Sie etwas hinzugewonnen, etwas gelernt?

Bescheidenheit habe ich gelernt. In der Economy-Klasse von Flugzeugen gibt es auch ein Leben.

Wie haben Sie Ihre Zeit im Gefängnis erlebt?

Da waren Leute, die zu mir gehalten haben – jede Menge Schwerverbrecher, die zu mir kamen und sagten: »Wir glauben dir.« Viele Russen waren da, die haben sich gut verhalten. Ich weiß, dass diese Männer Verbrechen begangen haben, das ist bei mir kein Stockholm-Syndrom. Diese Typen haben auch harte Sachen bei der Polizei erlebt, die erzählen nicht den ganzen Tag Räuberpistolen. »Wissen wir, du warst das nicht«, das habe ich oft gehört. Das hat sehr geholfen, denn mit diesem Vorwurf ist man in der Knasthierarchie normalerweise zweitunterster Dreck, der sich nicht in den Hof traut. Das Vertrauen der Mithäftlinge und der Knastbeamten hat sehr geholfen.

Auf der nächsten Seite: "Ich weiß, was richtig und was falsch ist."

Auf der nächsten Seite: "Ich weiß, was richtig und was falsch ist."

Offenbar hat sich Ihr ganzes Weltbild gedreht. Sie glauben inhaftierten Verbrechern und misstrauen den Polizisten eines Rechtsstaates. Gibt es auch einen positiven Effekt aus dem, was Sie erlebt haben? Einen Sinn?

Klar. Ich hatte viel Zeit nachzudenken. Diese Zeit habe ich genutzt. Ich habe heute ein wunderbar geordnetes Berufs- und Privatleben. Ich weiß, was richtig und was falsch ist.

Was ist denn richtig in Ihrem Leben?

Schwer zu beschreiben. Ich genieße die Zuwendung in ihrer reinen Form, von mir zu anderen Menschen und umgekehrt. Ich weiß jetzt, wer was taugt. Es taugen nur ganz wenige, aber die taugen auch tierisch viel.

Sie meinen Ihre Freunde?

Ja. Das sind die entscheidenden drei Prozent. Ich habe 97 Prozent meines Bekanntenkreises verloren.

Wie viele Bekannte hatten Sie vor Ihrer Verhaftung?

Weiß ich nicht. Wie will man einen Bekanntenkreis quantifizieren, wenn man so ein Medienfuzzi ist wie ich? Wollen Sie die MDR-Redaktion dazu zählen oder nicht?

Nehmen wir mal die Leute, die Sie zu Ihren Geburtstagsfeiern eingeladen haben.

Ich habe in meinem Leben als Erwachsener noch keine Geburtstagsparty gegeben.

Zu Ihrem 50. Geburtstag haben Sie doch offenbar eine Feier veranstaltet, oder nicht?

Die Zeugin, die das behauptet hat, war an meinem Geburtstag nicht dabei.

Wie viele Leute gab es denn, die Sie gerne hatten?

Wissen Sie, in so einem Hochgeschwindigkeitsleben, wie ich es geführt habe, sind das Überlegungen, die gar nicht stattgefunden haben.

Sie wussten gar nicht mehr, wen Sie gernhaben?

(überlegt lange) Auch vorher war ich mir sicher, dass ich meine beiden Kinder gerne habe.

Was wollen Sie mit Ihrem Leben jetzt anstellen?

Ich habe meine Firma. Die gibt es weiterhin. Wir haben große Pläne im In- und Ausland. Und was mich selbst angeht: Ich werde die Behauptung nicht auf mir sitzen lassen, dass ich gewalttätig gewesen sein soll. Es gab keine Gewalt in meinem Leben. Keine Gewalt gegen Erwachsene, keine gegen Kinder, keine Übergriffe, auch keine sogenannten Grenzerkundungen und schon gar keine -überschreitungen. Zivil- und strafrechtlich werde ich versuchen, alle Leute zu belangen, die das behauptet haben. Durch das Internet ist das ja alles gut dokumentiert. Alles, was deutschen, schweizerischen und amerikanischen Anwälten einfällt, möchte ich in die Schlacht werfen.

Woran haben Sie gemerkt, dass die drei Prozent, Ihre treuen Freunde, zu Ihnen halten?

Die haben mir in den Knast geschrieben. Das ist ein gutes Kriterium. Die drei Prozent haben kundgetan, dass sie wissen, dass ich das Verbrechen, das mir vorgeworfen wurde, niemals begangen habe. Die haben nicht – wie die meisten – vorsichtshalber so getan, als würden sie mich nicht mehr kennen. Ich hatte eigentlich erwartet, dass jetzt – nach dem Freispruch – wieder ganz viele Verschollene aus ihren Löchern kriechen und behaupten: »Wir haben es schon immer gewusst.« Aber bisher ist es so, dass alle, die sich abgemeldet haben, konsequent weiter schweigen.

Sie haben vor Gericht erlebt, dass einige der Frauen, mit denen Sie früher intim waren, gegen Sie aussagten. Was ging Ihnen dabei durch den Kopf? Dass Sie sich in diesen Frauen geirrt haben müssen?

Ich hab mich in den Frauen nicht geirrt. Deshalb habe ich mich bei einigen dieser Frauen auch nicht dazu durchgerungen, einen sauberen Schlussstrich zu ziehen. Ich hatte Angst vor dem Wahnsinn, der ausbrechen könnte, wenn ich den Schlussstrich ziehe. Von diesem Wahnsinn habe ich manchmal durchaus etwas geahnt, zwar nicht in dieser ganz heftigen Form als Falschanzeige und Lügen vor Gericht. Aber vieles habe ich immer für möglich gehalten. Sie müssen sehen: Bis zum März 2010, dem Monat meiner Festnahme, hatte ich einen großen Sorgerechtsstreit um die beiden Kinder. Und weil ich mir alle möglichen Vergeltungsmaßnahmen vonseiten der Zeuginnen vorstellen konnte und weil ich fürchtete, dass mich diese Maßnahmen im Sorgerechtskampf beschädigen würden, habe ich mich nicht dazu entschließen können, die Beziehungen zu den Frauen sauber zu beenden.

Verstehen wir Sie richtig: Sie ließen die Beziehungen weiterlaufen, um den Konflikt mit Ihren Geliebten zu vermeiden, weil Sie im Sorgerechtsstreit um Ihre Kinder keine Störmanöver gebrauchen konnten?

Kachelmann: Ja. Am 31. März vorigen Jahres sollte das Sorgerecht geklärt sein. Ich hatte mit einem Teil der Frauen damals auch schon ein durchaus gutes Ende gefunden. Allerdings war diese Trennung mancher Zeugin bei ihrer Aussage plötzlich nicht mehr »bewusst«. Es wäre wohl auch dem Drama, das sie vor Gericht aufführen wollten, nicht zuträglich gewesen. Kolossal überrascht über die Dramen, die in Mannheim inszeniert wurden, war ich nicht.

Das wundert uns. Denn Sie haben sich genau diese Frauen ja irgendwann als Freundinnen ausgesucht. Die sind Ihnen doch nicht aufgezwungen worden.

Ach, es gibt vieles, was man erst im Laufe der Zeit bemerkt. Wenn Sie jemanden nur alle paar Monate sehen und letztlich nicht viele Gespräche führen, dann lernen Sie diesen Menschen nie richtig kennen. Der größere Teil meiner Freundinnen war ja anders: rational und besonnen. Die haben keinen Mist über mich erzählt. Aber von der Staatsanwaltschaft Mannheim wirklich ernst genommen wurden nur die, die irgendwelche Geschichten von angeblichen Grenzüberschreitungen zum Besten gegeben haben. Zeuginnen, die mich zunächst entlastet, dann belastet und zuletzt doch wieder entlastet haben, hat es auch gegeben. Aber die Aussage einer feindlich eingestellten Zeugin war für mich immer der Moment, in dem ich in Demut dagesessen und zu mir selbst gesagt habe: »Kachelmann, du Arsch, da hast du jetzt auch deinen Anteil dran. Da sitzt jetzt diese Frau, die sich betrogen fühlt, und genießt es, unendliche Macht über dich zu haben.« Und diese Frau spürt: Da vorne sitzen ganz begierige Zuhörer, die jede scheußliche Kleinigkeit aufsaugen und sich dabei denken: Daraus könnten wir doch was machen.

Sie laufen jetzt als lebendiges Röntgenbild durch die Welt. Jeder weiß alles über Ihr bisheriges Privatleben, jedes intime Detail.

Am Anfang war das ganz furchtbar. Ich habe früher niemals eine Homestory oder dergleichen zugelassen – und zwar nicht, weil ich mein Privatleben so schrecklich unaufgeräumt fand, sondern weil ich nicht verstehen kann, dass man freiwillig in die Regenbogenpresse geht. Diese Art von freiwilliger Duldungsstarre gegenüber einem Klatschreporter hätte ich nicht ertragen. Und dann diese Geschichten über mein Sexualleben, die überall gedruckt wurden. Dazu möchte ich mal sagen: Ich bin mutmaßlich nicht der Einzige in Deutschland, der fremdgegangen ist. Es gibt da noch zwei oder drei Männer in diesem Land, die das auch getan haben. Den leisen Verdacht habe ich. Daran möchte ich gerne erinnern. Nicht jeder steckt in einer idealen Beziehung – aber Prominente macht das erpressbar.

Über Sie weiß man ja schon alles.

Ja, mich erpresst niemand mehr. Das ist fast schon beruhigend. Die anderen müssen noch immer Angst haben vor dem unheimlichen, strafenden Gott, der in der Inkarnation von Bunte, Bild oder sonst wem anruft und sagt: »Wir haben Fotos von Ihnen. Wir bringen die Bilder sowieso, aber schön wäre, Sie würden noch etwas dazu sagen.« Es gibt Bild-Journalisten, die glauben, dass sie Gott sind. Deswegen rufen die mich immer noch an, auch heute noch. Nie mehr Springer. Nie mehr Burda.

Wir haben Ihre diversen Twitter-Einträge gelesen. Das wirkt so, als hätten Sie zu viel Druck und müssten ihn jetzt beim Twittern ablassen.

Nee, nee. Ich mache das kalten Herzens und mit einem Schuss Fröhlichkeit.

Fühlen Sie sich verfolgt?

Ich leide nicht unter Verfolgungswahn – falls Sie das meinen. Aber heute rief einer dieser Bild-Reporter an – und ich vermute, dass er nur den Ton des Freizeichens auf meinem Handy hören wollte, um auf diese Weise meinen ungefähren Aufenthaltsort einkreisen zu können. Dieser Bild-Journalist hat bei mir einen Rückruf bestellt, aber keinen Grund gesagt, warum ich zurückrufen sollte. Ich bin sicher, dass die Boulevardmedien überall U-Boote haben. In allen wichtigen Organisationen haben die einen sitzen, damit er mal kurz in den Computer guckt. Wenn ich in einer Maschine unterwegs war, die nicht zu den Fluglinien des Firmenverbundes Star Alliance gehört, hat mich nie ein Paparazzo am Flugplatz erwartet.

Das könnten auch alles Zufälle sein. Zufälle, aus denen Sie jetzt im Nachhinein ein System ableiten.

Ich bin einfach vorsichtiger geworden bei dem bisschen Privatleben, was noch bleibt. Ich leide wirklich nicht unter Verfolgungswahn, ich vermute aber, dass die Boulevardzeitungen immer einen beim Handyprovider kennen, den sie anrufen können, um rauszufinden, von wo ich gerade telefoniere.

Warum sind Sie sich da so sicher?

Die wissen viel mehr als jedes popelige Ministerium für Staatssicherheit – wenn auch nur über eine bestimmte Bevölkerungsschicht. Aber bei mir ist jetzt sowieso alles easy, weil ohnehin alle alles über mich wissen: Freedom’s just another word for nothing left to lose – Freiheit ist bloß ein anderes Wort dafür, dass man nichts mehr zu verlieren hat. Das ist so. Das ist das Schöne und Angenehme. Die Einfachheit, die Wahrheit, die Aufgeräumtheit in meinem Leben.

Was ging in Ihnen vor, als Sie Ihr eigenes psychiatrisches Gutachten aus dem Mund des Sachverständigen Hartmut Pleines hörten, der mit Ihnen nie gesprochen hatte? Lag er richtig?

Es war viel Schönes in diesem Gutachten.

Pleines sagte aus, Sie seien seelisch kerngesund – allerdings ein »Homo ludens«. Ein Mensch, der das Leben als Spiel begreift. Ein Mann, der die anderen degradiert: zum Publikum, das seinen Charme bestaunt.

Mich hat nur gestört, dass er offenbar die Aussagen der vielen Exgeliebten für wahr gehalten hat, die erfahren hatten, dass sie nicht mal die Prima inter Pares waren und dementsprechend schlecht auf mich zu sprechen. Der Psychiater hat nicht sehen wollen, dass die Aussagen der Frauen kontaminiert waren von ihrer Abneigung gegen mich. Das hat mich gewundert.

Hat er Sie dennoch treffend charakterisiert? Stimmt das Bild, das er von Ihnen gezeichnet hat?

Ich hatte das Gefühl, dass er über eine dritte Person spricht. Mich hat aber erleichtert, dass dieses zuvor bestehende Geraune, ich sei ein »Jekyll and Hyde«-Charakter, in dem zwei Naturen zu Hause sind, oder ich sei »der Soziopath von nebenan«, nach dem Auftritt des Psychiaters aus der Welt war. Er hätte ja auch den Auftrag an das Gericht zurückgeben können mit der Begründung, er könne über den schweigenden Probanden Kachelmann nichts sagen. Aber vielleicht hat er das aus Professionalität oder Gerechtigkeitsempfinden nicht getan. Er hat wohl gespürt, zu welchem Wahnsinn dieses Gericht in der Lage war. Und er hat die Tür zu all den Jekyll-and-Hyde-Fantasien zugeschlagen.

Angenommen, Sie könnten die Zeit zurückdrehen und hätten jetzt die Gelegenheit, mit dem Psychiater über sich zu sprechen: Würden Sie es tun?

Nein. Warum sollte ich mit einem Gerichtspsychiater sprechen? Ich habe keinen Sprung in der Schüssel. Viel interessanter wäre doch, zu erfahren, was psychologisch in der Frau vorging, die mich einer Tat beschuldigt, die ich nicht begangen habe. Die Nebenklägerin soll ja nach dem Urteil in einem Nebenraum des Gerichts erheblich randaliert haben. Sie soll ins Mobiliar getreten und ihren Anwalt angebrüllt haben: »Sie feige Sau!« Worauf ihr Anwalt nur wenig leiser zurückgab: »Erzählen Sie keinen Scheiß, Frau D., haben Sie nicht zugehört?«

Woher wissen Sie das?

Dafür gab es Zeugen.

Wird man Sie wieder als Wetterexperten im Fernsehen sehen?

Das entscheiden der liebe Gott und die ARD.

Haben Sie seit dem Tag Ihrer Festnahme irgendetwas von Ihren früheren Kollegen in der ARD gehört?

Nein.

Von niemandem?

Wenn ich Nein sage, dann bedeutet das doch wohl: von niemandem. Ich sage es aber gerne noch mal: von niemandem in der ARD.

Sie sind ja auch über Nacht vom Sympathieträger zum Monster geworden.

Mir hat vor allem meine Mutter leidgetan. Wenn man über 80 Jahre alt ist und plötzlich von der Mutter eines Prominenten zur Vergewaltigermutter wird, dann ist das, glaube ich, scheiße. Auch für meine Frau ist es schwer. Was mein Selbstbild angeht: Ich weiß ja, dass ich kein Vergewaltiger bin. Das lässt mich relativ cool bleiben. Was mich wütend macht, ist nur die öffentliche Heuchelei.

Sie waren früher selber Teil der Medien. Möchten Sie es wieder werden?

Vielleicht brauche ich das Fernsehen noch für meine Botschaft. Die lautet: Wenn in deutschen Knästen alle Häftlinge tot umfallen würden, die Taten zugegeben haben, die sie nicht begangen hatten, wären die Knäste halb leer. Viele Beschuldigte werden erpresst. Mit allen möglichen Mitteln dazu gebracht, Geständnisse abzulegen. Das ist das Wesen des sogenannten Deals vor Gericht. Man gibt als Beschuldigter um des lieben Friedens willen mehr zu, als man ausgefressen hat. Man räumt noch ein paar ungeklärte Fälle ein oder legt zu den tatsächlichen drei Kilo geschmuggelten Rauschgifts noch ein paar drauf – und hofft auf Gnade. Die Staatsanwälte freuen sich, ihre Fälle sind aufgeklärt, sie kriegen Fleißkärtchen, und die Erfolgsstatistik stimmt. Der allerorts übliche Deal ist eine staatlich sanktionierte Erpressung. Und die Verteidiger raten ihren Mandanten: »Machen Sie mit, sonst ist der Staatsanwalt böse und fordert eine höhere Freiheitsstrafe.« Das alles habe ich im Knast gelernt. Und ich will, dass die Öffentlichkeit das weiß. Kein Staatsanwalt will Arbeit mit einem Fall haben, kein Verteidiger kämpft mehr, und der Leidtragende ist der Angeklagte.

Sie reden über Deutschland wie über eine Bananenrepublik.

Früher hätte ich so was nie für möglich gehalten. Aber früher hielt ich es ja auch nicht für möglich, je auch nur in die Nähe der Strafjustiz zu geraten. Das vergangene Jahr hat sehr viel verändert. Ich bin Polizisten früher mit erheblichem Gleichmut, Höflichkeit und Fröhlichkeit begegnet – heute fällt mir das schwer. Zufällig geraten meine Frau und ich neuerdings auch noch dauernd in Polizeikontrollen. Fünf allein in den letzten Wochen. Das sind Erlebnisse aus der Abteilung, die ich nicht mehr ertrage. Ich möchte in diesem Leben keine Polizisten aus Baden-Württemberg mehr sehen.

Hätten Sie lieber in der Schweiz vor Gericht gestanden?

Ich weiß nicht, ob der schrille Ton des Mannheimer Staatsanwalts Lars-Torben Oltrogge eine Entsprechung in der Schweiz gefunden hätte und ob es dort solche Kommissare gibt wie die aus Baden-Württemberg. Ich würde es der Schweiz sehr wünschen, dass es all das dort nicht gibt. Ich würde mir wünschen, dass jedes Land sich bemüht, solchen Beamten das Handwerk zu legen.

Sie haben zwei 8 und 11 Jahre alte Söhne, die nicht bei Ihnen wohnen. Wie erklären Sie denen, was Ihnen widerfahren ist?

Die Kinder wurden in die ganze Sache hineingezogen, das war furchtbar. Es wurden Kinderzeichnungen und Fotos an die Bunte gegeben, es wurde Stimmung gegen mich gemacht, während ich im Knast saß. Das war für mich das Fürchterlichste von allem.

Kachelmann ringt um Fassung, zum ersten Mal in diesem Interview. Er schlägt die Augen nieder, greift nach der Colaflasche auf dem Tisch, öffnet sie, nimmt einen tiefen Schluck und schweigt sehr lange. Kachelmann sagt, er wolle seine Kinder aus allem heraushalten. Sie hätten nichts damit zu tun. Er beginnt zu weinen und wischt die Tränen weg.

Können Sie etwas über Ihre finanzielle Lage sagen? Wie stehen Sie jetzt da?

Finanziell hat mich das alles komplett fertiggemacht. Aber mein jetziger Anwalt wollte nicht sofort mehrere Hunderttausend Euro auf dem Tisch liegen sehen. Bei dem Anwalt, den ich zuerst engagiert hatte, war das anders. Ich habe Reinhard Birkenstock viel, sehr viel Geld geben müssen – wenn ich von Anfang an Johann Schwenn als Verteidiger gehabt hätte, würde es mir heute auch materiell viel besser gehen. Heute ist jeder Monat für mich eine neue Herausforderung, ich muss hohe Schulden abzahlen. Deswegen möchte ich über die ZEIT jetzt mal alle dazu aufrufen, mir mein fantastisches Seegrundstück in Kanada abzukaufen. (lacht)

Wie viel soll es denn kosten?

Es ist ein vollkommen angemessener Preis für 40 Hektar. Es gibt auch einen schönen See auf dem Gelände. Sie können es sich im Internet anschauen. Sind Sie interessiert?

Wie viel?

1,4 Millionen kanadische Dollar. Das ist in Euro bloß eine knappe Million. Fangen Sie schon mal an zu sparen.

Quelle: Zeit Online

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