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Ausfälle in der Stamm-Bar. John Galliano, Chefdesigner des Modehauses Dior.

© AFP

John Galliano: Schimpf und Schande

John Galliano, Chefdesigner von Dior, soll in einem Pariser Café Gäste mit antisemitischen Tiraden beleidigt haben. Galliano hat die Szene anders in Erinnerung.

Ein Abend vergangene Woche in Paris. Es ist etwa 21 Uhr. Auf der Terrasse des Cafés „La Perle“ im angesagten Stadtteil Marais sitzt ein Paar, Geraldine und Philippe, am Nebentisch ein Herr, der schon einiges getrunken hat, Champagner, Bier, und jetzt vor einem Mojito sitzt. Es ist John Galliano, der britische Stardesigner des Modehauses Dior. Bis hierhin stimmen die Schilderungen beider Seiten überein. Doch was weiter geschah, beschäftigt jetzt über Paris hinaus die Modewelt. Galliano habe sich in ihr Gespräch eingemischt, es gab Streit und er habe sie beschimpft, heißt es in der Anzeige, die Geraldine bei der Polizei erstattete. Worte wie „dreckige Nutte“, „jüdische Schlampe“, „du bist so hässlich, dass ich deinen Anblick nicht ertrage“, habe er gegen sie gebraucht und ihren Begleiter als „Scheißasiaten“ beleidigt.

Galliano hat die Szene anders in Erinnerung. Die Frau habe mit seinem Mandanten über Mode gesprochen, ihm vorgeworfen, dass er nicht Frauen wie sie einkleide. Sie sei immer aggressiver geworden und habe ihn schließlich als rassistisch und antisemitisch beschimpft, erklärte Gallianos Anwalt, der seinerseits für seinen Mandanten Anzeige erstattete. Wer von den beiden die Wahrheit sagt, wird die Justiz entscheiden müssen, die sich nun mit den Klagen beider auseinandersetzen muss. Bei einer Gegenüberstellung am Montagnachmittag im Kommissariat des III. Arrondissements blieben beide Seiten bei ihrer Version.

Doch es scheint, dass die Affäre für Galliano (50), seit 1996 Star-Designer bei Dior, nicht gut aussieht. Ein Alkoholtest, den die Polizei noch am selben Abend vorgenommen hatte, war mit 1,1 Promille positiv ausgefallen. Vielleicht hätte dies alles keine besondere Aufmerksamkeit erregt, aber es gab Zeugen in diesem Cafe. In Windeseile verbreitete sich die Nachricht über den Zwischenfall im Netz und es kommen Erinnerungen an ähnliche Auftritte Gallianos auf. Eine Frau, die im vergangenen Oktober in demselben Café von Galliano beleidigt worden war, aber nicht zur Polizei gegangen war, wie sie sagte, weil sie ihm seinen alkoholisierten Zustand zugute hielt, erstattete jetzt ebenfalls Anzeige. Und die britische Boulevardzeitung „Sun“ stellte ein Video vom 12. Dezember letzten Jahres ins Netz, das einen Mann im „La Perle“ zeigt, wie er im angetrunkenen Zustand eine vermutlich jüdische Frau mit den Worten attackiert: „Ich liebe Hitler, Leute wie Sie sollten tot sein.“ Ob es sich bei diesem Mann um Galliano handelt, ist nicht zweifelsfrei geklärt.

Dior-Chef Sidney Toledano hat Galliano bis zur Klärung der Vorwürfe suspendiert. Man toleriere keine rassistische oder antisemitische Haltung, teilte das Modehaus mit. In der Modebranche geht nun jedoch das Gerücht um, dass Galliano wegen seines „Konsums von Alkohol und anderer Dinge“ kaum noch haltbar sei. Bei der am Freitag dieser Woche beginnenden Herbst-Winter-Modeschau in einem Zelt im Garten des Rodin-Museums wird Galliano nicht dabei sein.

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