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Fritzl

© AFP

Josef F. gesteht: Die Tochter hört im Gerichtssaal mit

"Ich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage." Josef F. überrascht das St. Pöltener Gericht und legt ein umfassendes Geständnis ab. Am Donnerstag soll nun schon das Urteil gefällt werden.

Eine normale Routinefrage sollte gestern Früh den Verhandlungstag im St. Pöltener Schwurgerichtssaal einleiten. Richterin Andrea Humer möchte von Josef F. wissen, ob er zu den Videoaufnahmen seines Hauptopfers noch etwas zu sagen hätte. Der Dienstag hatte ganz im Zeichen der bewegenden Video-Aussagen der Tochter gestanden. „Ja“, sagt Josef F. plötzlich und völlig überraschend, Ja, das möchte er. „Ich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage.“ – „In allen Punkten?“ fragt verwundert die Richterin und beugt sich nach vorn. „Ja, in allen Punkten.“

Das hatte nach der kalten Haltung, die der Angeklagte bisher an den Tag gelegt hatte, niemand erwartet. Fahl wirkt Josef F. und sichtlich angeschlagen. Gestern Abend hat der 73-Jährige noch ein Gespräch mit einem Psychiater geführt, offensichtlich hat ihn die Konfrontation mit den Aussagen seines Opfers nachdenklich gestimmt. „Warum legen Sie jetzt ein volles Geständnis ab?“, hakt die Richterin nach. Ein hörbar erregter Josef F. sagte zur Begründung seines Sinneswandels, die Videoaussage seiner Tochter Elisabeth am Vortag habe ihn dazu gebracht. „Das waren die gestrigen Aussagen, mein krankhaftes Verhalten, Macht und Gewalt auszuüben.“

Jetzt aber will es Andrea Humer genau wissen und sie kommt auf das Delikt „Mord durch Unterlassung“ zu sprechen. „Ihr Kind hat 66 Stunden gelebt und Sie waren dabei, stimmt das?“ – „Ja.“ – „Das Baby hat schwer geatmet, wissen Sie das noch?“ Josef F. zögert. „Ich bekenne mich schuldig“, weicht er aus. „Warum haben Sie keine Hilfe geholt?“ – „Ich habe gehofft, dass der Bub das durchsteht. Es haben bisher alle Kinder die Geburt überlebt. Ich hab' den Zeitpunkt übersehen. Und . . .“, hält er kurz inne, „ich habe leider versagt, ich hätte etwas tun müssen.“ Wort für Wort dieses Geständnisses wird penibel protokolliert. Verteidiger Rudolf Mayer will von dieser Kehrtwendung seines Mandanten keine Ahnung gehabt haben. „Die Aussagen seines Opfers haben bei ihm zu einer großen Erschütterung geführt“, versucht Mayer später zu erklären, „mit mir war das jedenfalls nicht abgesprochen.“

Kurz vor Beginn der Verhandlung hatte eine Meldung Aufsehen erregt, wonach die Tochter Elisabeth (42), die F. 24 Jahre lang in einem fensterlosen Verlies in seinem Keller gefangen gehalten und immer wieder vergewaltigt hatte, am Dienstag persönlich im Gerichtssaal gewesen sei. Nach einem Bericht der Wiener Tageszeitung „Kurier“ hatte ein Polizeiwagen die Mutter von sechs überlebenden Inzest-Kindern Fritzls am Morgen von der Landesklinik Amstetten-Mauer zum Gericht gebracht. Weder der Gerichtssprecher Franz Cutka, noch Josef Fritzls Anwalt Rudolf Mayer dementierten den Bericht auf Anfrage. Mayer räumte ein, dass die mögliche Anwesenheit des Opfers im Gerichtssaal entscheidend gewesen sein könnte: „Falls eines der Opfer im Gerichtssaal gesessen ist, bin ich der Meinung, dass das ein Großteil der Erschütterung gewesen ist.“

Am Donnerstag werden die Plädoyers und auch schon das Urteil erwartet.

Doris Piringer[St. Pölten]

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