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Breaking Bad gehört zum Besten, was läuft.

© promo

Jugend denkt über den Tod nach: Die Inflation des Todes

Gerade die genialen Filme und Fernsehserien werden immer bestialischer. Geht es nicht auch mit weniger Gewalt und Gesplatter? fragt Konstantin, 15 Jahre.

Breaking Bad (2008 bis 2013): Leichen werden in Säure aufgelöst. Hannibal (seit 2013): Ein kannibalischer Serienkiller spießt junge Mädchen auf Hirschgeweihe und lässt seine unwissenden Gäste Teile der Leichen verspeisen. The Walking Dead (seit 2010): Letzte Überlebende der Apokalypse werden von Untoten zerfleischt und verwandeln sich danach in Selbige. Under the Dome (seit 2013): Eine Kleinstadt wird unter einer mysteriösen, undurchdringlichen Kuppel eingeschlossen und Gewalt, Verbrechen und Mord greifen um sich. Das waren erst die Serien.

Die Saw-Reihe (2004 bis 2009): Menschen, die, nach der Meinung des totkranken Täters, das Geschenk des Lebens nicht ausreichend schätzen, müssen sich durch bestialisch sadistische Parcours und Fallen kämpfen, die so unmöglich wie brutal scheinen. Slumdog Millionaire: Ein Junge wird unter anderem mit Elektroschocks gefoltert und muss mit ansehen, wie sein Bruder ermordet wird. Und dieser Film ist ab zwölf Jahren freigegeben.

Bad Boys II: Drogenbosse schaffen in ausgeweideten Leichen ihre Produkte ins Land. Die Bond-Reihe wird ebenfalls von Film zu Film blutiger und brutaler. Bei Roger Moore oder Pierce Brosnan oder gar Sean Connery wäre es ein undenkbarer Skandal gewesen, hätten sie jemanden in einem Waschbecken zu ertränkt.

Alle genannten Filme und Serien halte ich für Vorzeigeobjekte ihres Genres und der Filmkultur des 20. und 21. Jahrhunderts. Aber alle sind unglaublich blutig. Ich möchte das nicht von vornherein verurteilen, denn ich mag diese Produktionen. In den Serien geht es nämlich nicht unbedingt, um was es auf den ersten Blick scheinen mag. Breaking Bad zeigt, welche Kraft und welche Ideen man unter Todesangst entwickeln kann. Hannibal handelt davon, wie schmal (angeblich) der Grat zwischen Genie und Geisteskrankheit ist. The Walking Dead veranschaulicht sehr gut vom sozial-psychologischen Standpunkt aus, wie Gruppen in Extremsituationen handeln oder wie sich Gruppendynamik auswirken kann. Under The Dome kann man ebenfalls als Gedankenexperiment zum Verhalten von Gruppen deuten. Die Serie zeigt außerdem, dass viele nicht das sind, was sie auf den ersten Blick zu sein scheinen.

Doch frage ich mich: Geht das nicht auch mit weniger Gewalt, „Gesplatter“ und umherfliegenden zerfetzten Organen? Wohin sind die Filme, die nach der alten Schule, nach Hitchcock- oder Edgar Wallace-Manier produziert werden? Kaum ein Thriller der heutigen Zeit kommt ohne Tote aus. Das finde ich wirklich sehr schade, denn es stumpft Menschen ab. Ich merke das auch bei mir selbst, dass mir viele Tode in Filmen gleichgültig erscheinen. Keinen kümmert es mehr, wenn bei einer Explosion, vor der sich der Hauptcharakter gerade noch retten konnte, eben noch zwei, drei Statisten aus dem Leben gerissen werden. Es war doch nötig, dass er die Wach-Schergen des Bösewichts beseitigt, nicht?

Manchmal ist ein unnützer Tod ein unumgängliches und schlüssiges Stilmittel, völlig klar. Doch meiner Meinung nach wird vom Tod in Film und Fernsehen inflationär Gebrauch gemacht. Kaum ein Streifen, der nicht als Liebesfilm oder Komödie deklariert ist, kommt ohne tragischen Verlust, Gewaltverbrechen oder Mord aus.

Ich wünsche mir Filme, die allein aufgrund ihrer Handlung fesseln und nicht durch Brutalität, weil Dutzende von Statisten sterben müssen. Ausgenommen Krimis und Horrorfilme. Die wären ja langweilig, so ganz ohne Tote.

Konstantin Seliger

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