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Panorama: Julia vorübergehend frei

"Wir sind sehr erleichtert. Wir danken allen, die sich mit uns Sorgen um Julia gemacht haben", sagt Wolfgang Bohl.

"Wir sind sehr erleichtert. Wir danken allen, die sich mit uns Sorgen um Julia gemacht haben", sagt Wolfgang Bohl. Dass den Eltern der in Singapur wegen Drogenhandels verhafteten Julia am Donnerstag ein Stein vom Herzen fiel, ist leicht zu verstehen: Ihre 22 Jahre alte Tochter entgeht in Singapur dem Tod durch den Strang. Beim zweiten öffentlichen Haftprüfungstermin seit der Verhaftung der jungen Deutschen am 13. März stimmte Richter Victor Yeo der Forderung von Julias Anwalt Subhas Anandan zu, die 22-Jährige vorerst aus dem Frauengefängnis Tanah Merah zu entlassen - sobald die Bohls die sehr hohe Kaution von umgerechnet 93 000 Euro hinterlegt haben.

Richter Yeo verringerte die Anklage auf Rauschgifthandel mit geringeren Mengen und Drogenkonsum. Aus dem Schneider ist Julia damit nicht. Das Gericht behält ihren Pass ein; sie darf den Stadtstaat nicht verlassen; ihr drohen 15 Jahre Gefängnis. Die Ergebnisse der Labortests wirken sich aber positiv für die junge Deutsche aus - die chemischen Untersuchungen ergaben, dass die bei Julia und ihren Mitangeklagten gefundene Menge Cannabis unter der kritischen 500-Gramm Grenze liegt, bei der in Singapur zwingend die Todesstrafe vorgesehen ist. Jetzt wird sich Julia hauptsächlich in zwei minder schweren Fällen wegen des Handels mit Cannabis verantworten müssen; ein dritter Anklagepunkt lautet auf Besitz und Konsum von Rauschgift. Laut Julias Anwalt Anandan wird in der Anklage der Vorwurf des Handels mit Cannabis "aufgespalten": einmal wird über 281 Gramm "reines" Cannabis verhandelt, im zweiten Anklagepunkt über 350 Gramm "gemischtes" Marihuana.

Auch unter den veränderten Bedingungen werde Julias Anwalt weiterhin auf "nicht schuldig" plädieren. Der nächste Termin ist für Donnerstag, 11. April angesetzt; dann werden sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung mit der Anklageschrift - und elf weiteren Vorwürfen - befassen. Julia Bohl wird auch bei diesen Erörterungen zugegen sein. Die 22-Jährige wirkte am Gründonnerstag gelassener als bei der ersten öffentlichen Verhandlung vor einer Woche. Immer noch sehr bleich, trug sie wie zuletzt ein rosa-farbenes, ärmelloses T-Shirt und eine blaue Jeanshose, saß mit gefesselten Händen ruhig auf der Anklagebank und neben ihren Mithäftlingen, sie blickte gelegentlich zu ihren Eltern.

Wolfgang und Susanne Bohl waren in Begleitung des kommissarischen Leiters der deutschen Botschaft, Hasso Buchrucker, und weiteren Angestellten des diplomatischen Corps im fensterlosen Saal des Bezirksgerichts erschienen. Zu Beginn des Termins traute sich die Mutter von Julia kaum, auf die vergitterten Anklagebänke zu schauen - und musste sich mehrfach die Tränen aus den Augen wischen. Im Laufe der Verhandlung wirkte sie allerdings ein wenig zuversichtlicher. Diese Zuversicht kann sich jedoch nur auf Julias nacktes Leben beziehen - denn noch immer drohen ihr viele Jahre Gefängnis. Verteidiger Anandan wollte sich nicht auf Spekulationen einlassen - 15 Jahre dürften es aber mindestens sein.

Katja Wallrafen

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