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Panorama: Kachelmanns Richter sind nicht befangen Mannheimer Gericht lehnt Antrag ab

Berlin/Mannheim - Einen dicken Stapel Papier hatte Anwalt Reinhard Birkenstock den Richtern auf den Tisch gelegt, 67 Seiten zuzüglich Anlagen. Es war, jedenfalls vorerst, vergeblich.

Berlin/Mannheim - Einen dicken Stapel Papier hatte Anwalt Reinhard Birkenstock den Richtern auf den Tisch gelegt, 67 Seiten zuzüglich Anlagen. Es war, jedenfalls vorerst, vergeblich. Das Mannheimer Landgericht hat den Befangenheitsantrag gegen die Richter von Jörg Kachelmann abgelehnt, wie das Büro des Strafverteidigers des Wettermoderators dem Tagesspiegel am Freitagabend bestätigte. Eine weitere Begründung gab es vorerst nicht. Kachelmann muss sich seit Montag vor dem Landgericht wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung seiner Ex-Freundin verantworten. Er soll sie im Februar in deren Schwetzinger Wohnung mit einem Messer zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben. Ihm drohen angesichts der Schwere der Vorwürfe mindestens fünf Jahre Haft.

Der Befangenheitsantrag war erwartet worden. Er richtete sich gegen zwei Richter, den Vorsitzenden Michael Seidling und die beisitzende Richterin Daniela Bültmann. Vom Vorsitzenden war bekannt geworden, er habe über seinen Sportverein Verbindungen zum Vater des angeblichen Opfers, einer 37 Jahre alten Radiomoderatorin aus Schwetzingen. In Berichten der Lokalpresse hieß es jedoch, beide seien sich persönlich noch nicht begegnet. Allerdings könnte auch eine Rolle gespielt haben, dass Seidling Medienberichten zufolge von der Person der Nebenklägerin als „Opfer“ gesprochen habe, nicht als „mutmaßliches“ oder „vermutliches Opfer“. Birkenstock hatte zur Begründung des Antrags nur gesagt, er müsse befürchten, die beiden Richter könnten „nicht unvoreingenommen entscheiden“. Weshalb auch Richterin Bültmann befangen sein soll, wurde nicht bekannt. Über den Antrag entschieden hat das Gericht ohne die beiden abgelehnten Richter.

Wegen Befangenheit können Strafrichter abgelehnt werden, wenn Gründe vorliegen, die geeignet sind, „Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters“ zu haben. Dabei geht es grundsätzlich um die „Besorgnis“ der Befangenheit; der Richter muss nicht tatsächlich Anlass dafür gegeben haben, dass er voreingenommen sein könnte, etwa durch ein unbedachtes Interview oder dergleichen. Der Anschein genügt. Befangenheitsanträge stehen häufig am Beginn größerer Strafprozesse, weil die Verteidiger damit Material für eine spätere Revision sammeln. In der Revision werden nur Rechtsfehler geprüft. Eine fehlerhafte Ablehnung eines Befangenheitsantrags gehört dazu.

Am Montag ist die Verlesung der Anklage vorgesehen; laut Gesetz hat der Angeklagte dann Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu äußeren. Kachelmann hatte betont, er habe nichts zu verbergen. Aus prozessstrategischen Gründen ist es aber auch möglich, dass er die Aussage verweigert. Jost Müller-Neuhof

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