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Katastrophe in Haiti: Beitrag zur Hilfe

Mehr als 400 Millionen Euro will die EU für Haiti bereitstellen –7,5 Millionen davon aus Deutschland. Die USA geben rund 100 Millionen Euro. Auch privat wird mehr gespendet. Wie wichtig ist Geld jetzt?

Von Anna Sauerbrey

Eine Million Chlortabletten werden zurzeit in Frankfurt am Main verpackt. In Haiti soll damit Wasser aufbereitet werden, die Wassernot ist dort ein gravierendes Problem. Das Bundesamt für Katastrophenschutz sucht noch nach einer Hilfsorganisation, die die Tabletten in die Region bringen kann – möglicherweise, sagt eine Sprecherin, können die Johanniter die Fracht mitnehmen.

Dieses Arrangement ist nur ein winziges Zahnrad in einer gigantischen Hilfsmaschinerie, die derzeit in Gang kommt. Die Logistiker der großen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen bemühen sich, Hilfsgüter von der Reisschüssel bis zum mobilen Krankenhaus in die Region zu bringen oder vor Ort zu organisieren. Koordiniert wird die Hilfe von der OCHA, der UN-Organisation für die Koordination Humanitärer Hilfe, die inzwischen ein provisorisches Büro vor Ort eingerichtet hat. Bei der OCHA akkreditieren sich Hilfsorganisationen aus der gesamten Welt und bieten ihre Leistungen an. „Zurzeit haben Wasser und medizinische Versorgung, Essen und Hygiene Priorität“, sagt ein Sprecher des Technischen Hilfswerks.

Diese Hilfsmaschinerie kostet Geld. Von Sachspenden rät das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) daher ab. Geld können alle Hilfsorganisationen in die Leistungen investieren, auf die sie spezialisiert sind. Allein das große mobile Krankenhaus, das das Deutsche Rote Kreuz zurzeit nach Haiti bringt, kostet rund 1,4 Millionen Euro – für Material, den Unterhalt und den Transport. Hinzu kommt das Personal, das nicht vor Ort angeworben werden kann, da es in Haiti nicht genügend Mediziner gibt. Die „Ärzte ohne Grenzen“ sind dort seit dem ersten Tag im Einsatz, auch sie brauchen zuerst Finanzmittel. „Wir haben noch keinen Überblick, gehen aber im Moment davon aus, dass der Noteinsatz 13 bis 15 Millionen Euro kosten wird“, sagt Thomas Kurmann, Leiter der Spendenabteilung. „Diese Schätzung steigt wohl aber in den kommenden Wochen.“

Dagegen wirken die Finanzmittel, die die Bundesregierung zur Verfügung stellen wird – 7,5 Millionen Euro – relativ gering, auch im Vergleich zu dem Hilfsaufwand der USA. 12 000 Soldaten schicken die Amerikaner nach Haiti, 100 Millionen US-Dollar stellte Barack Obama als Soforthilfe zur Verfügung. Auch die Spendenbereitschaft ist in den USA offenbar groß. Thomas Kurmann bestätigte für die Ärzte ohne Grenzen, dass sich Kanadier und US-Amerikaner dem Land offenbar sehr verbunden fühlen und mehr spenden als die Deutschen.

Doch auch in Deutschland wird in erheblichem Maß gespendet. Zwar werden die meisten Organisationen erst gegen Ende der Woche einen Überblick haben, wenn die Beträge verbucht sind. Auch Burkhard Wilke, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter des deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen, hält sich mit Prognosen noch zurück – zumal die geplanten Fernsehgalas der ARD und des ZDF noch ausstehen. 2005 waren 10,25 Millionen Euro allein bei der von Sat 1 ausgerichteten Gala für die Opfer des Tsunamis zusammengekommen. Doch erste Zahlen wurden bereits publiziert. Das Bündnis „Entwicklung hilft“ hat nach eigenen Angaben schon über vier Millionen Euro eingenommen. Die meisten Hilfsorganisationen rechnen mit erheblicher Unterstützung, zweifeln aber daran, dass der Spendenrekord, der nach dem Tsunami 2004 aufgestellt wurde, wiederholt werden kann.

Die Hilfsorganisationen müssen ihre Einsätze zunächst aus Rücklagen vorfinanzieren. Je nachdem, wie viel Spenden zusammenkommen, werden die Einsätze dann ausgeweitet oder zeitlich verlängert. Gerade Hilfsorganisationen, die längerfristig in Haitis Entwicklungsarbeit tätig sind, investieren Spenden gleichzeitig in die Aufbauhilfe des bitter armen Landes.

Dennoch läuft die Katastrophenhilfe schleppend an. Das World Food Programme hat am Sonntag als erste Organisation mit der Verteilung von Nahrungsmitteln begonnen und 73 000 Menschen mit Notrationen versorgt. Die Welthungerhilfe konnte noch nichts verteilen. Am mangelnden Geld liegt das nicht, vielmehr an der schwierigen Logistik. Beschafft werden die Lebensmittel vor Ort, in der Dominikanischen Republik. Doch die Straße von Santo Domingo nach Port-au-Prince ist überfüllt. Einem UN-Bericht zufolge brauchen Konvois bis zu 18 Stunden, um die zerstörte Hauptstadt Haitis zu erreichen.

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