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In der Küstenstadt Mallacoota brachte die Marine Menschen in Sicherheit.

© REUTERS

Update

Katastrophenalarm im Südosten Australiens: Marine rettet Menschen aus von Flammen eingeschlossener Küstenstadt

In den australischen Staaten Victoria und New South Wales müssen wegen der Brände Städte geräumt werden. Premier Morrison blitzt bei einem Feuerwehrmann ab.

Im Südosten Australiens herrscht Katastrophenalarm: Tausende Menschen sind auf der Flucht vor den verheerenden Buschbränden. In den Bundesstaaten New South Wales und Victoria sollten mehr als ein halbes Dutzend Städte evakuiert werden, darunter beliebte Touristenorte. Am Freitag bildeten sich lange Staus, das Benzin wurde knapp. Die Polizei eskortierte die Autos aus den Feuergebieten. In der Küstenstadt Mallacoota brachte die Marine Menschen in Sicherheit, die sich an den Strand gerettet hatten.

Bewohner und Touristen werden aus dem Urlaubsort Mallacoota evakuiert.
Bewohner und Touristen werden aus dem Urlaubsort Mallacoota evakuiert.

© Shane Cameron/REUTERS

Das Land bereitet sich auf eine neuerliche Verschärfung der Brandsituation am Wochenende vor, zehntausende Bewohner und Touristen sind auf der Flucht.

Familien aus Mallacoota gingen mit ihren Haustieren und wenigen Habseligkeiten an Bord des Landungsbootes und wurden anschließend auf das Kriegsschiff "HMAS Choules" gebracht. Bis zum Nachmittag sollten auf diese Weise etwa 1000 Menschen in Sicherheit gebracht werden, sagte Premierminister Scott Morrison.

Rauchwolken über einem Wald hinter dem Canjola See
Rauchwolken über einem Wald hinter dem Canjola See

© dpa/AP/Robert Oerlemans

Eine neue Zuspitzung der Lage wird für das Wochenende erwartet, wenn die Temperaturen auf weit über 40 Grad Celsius steigen sollen. Nahezu im gesamten Südosten des Landes gilt der Ausnahmezustand.

In New South Wales ist es bereits der dritte Notstand dieser Brandsaison, für Victoria ist es das erste Mal in der Geschichte des Bundesstaates. Dort allein werden nach Angaben der Regierung 28 Menschen vermisst. Die für Katastrophen zuständige Ministerin, Lisa Neville, rief die Bewohner dringend dazu auf, die Feuergebiete zu räumen. „Sie sollten weg, um Ihr Leben zu retten. Wenn Sie das nicht tun, schicken wir die Polizei, damit Sie diese Botschaft verstehen.“

Zehntausende Touristen und Bewohner wurden aufgefordert, bis Samstag einen 300 Kilometer langen Küstenstreifen zu verlassen. "Es gibt noch ein Zeitfenster zur Flucht", sagte New South Wales' Regierungschefin Gladys Berejiklian. "Wenn Sie nicht unbedingt in dieser Region sein müssen, müssen Sie gehen - das Zeitfenster wird sich schließen."

Auf der Straße nördlich der Küstenstadt Nowra stauten sich mit gesamten Familien samt Hunden, Surfbrettern und Fahrrädern beladene Autos. Die 26-jährige Elosie Givney berichtete, wie sie mit zahlreichen Familienangehörigen vier Tage isoliert ohne Strom, Telefon oder Internet in ihrem Haus festsaß, bis eine Polizei-Eskorte sie schließlich in Sicherheit brachte: "Das Feuer näherte sich bis auf 50 Meter, und wir sind mitten durch die Flammen gefahren, denn es gibt nur eine einzige Straße raus oder rein." Auf beiden Seiten der Straße seien die Flammen 15 Meter in die Höhe gezüngelt.

Militärflugzeuge warfen Hilfsgüter über isolierten Regionen ab. Darunter seien Satellitentelefone, Wasser und Not-Rationen, sagte der Regierungschef des Bundesstaates Victoria, Dan Andrews. Bei den seit September wütenden Bränden sind bislang mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen, dutzende weitere werden vermisst. Mehr als 1300 Wohnhäuser wurden beschädigt und fast 500 zerstört, mehr als 5,5 Millionen Hektar Land gingen in Flammen auf - mehr als die Fläche Dänemarks.

Die Buschfeuer auf dem Kontinent wüten bereits seit Oktober. Landesweit starben mindestens 19 Menschen. Dieses Wochenende könnte sich die Lage bei großer Hitze und Gewittern weiter zuspitzen. In New South Wales und Victoria wüten aktuell fast 200 Feuer.

Unverständnis gegenüber Premier

Die Brände haben auch Auswirkungen auf Sport-Events: Das Internationale Tennisturnier in der Hauptstadt Canberra, das am Montag starten soll, wird wegen der Brände in der Region in die rund 620 Kilometer westlich gelegene Stadt Bendigo verlegt, wie die Veranstalter am Freitag auf ihrer Homepage mitteilten.

Kim Kachel, Geschäftsführer des australischen Tennisverbandes ACT, sagte: „Die Gesundheit von Spielern, Fans, Freiwilligen, Mitarbeitern und Akteuren ist zu jeder Zeit unsere höchste Priorität.“ Wegen der von Wetter- und Feuerexperten prognostizierten Bedingungen in Canberra sei es unwahrscheinlich, dass in den kommenden Tagen Spiele stattfinden könnten.

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In Australien sind die Feuer auch ein Politikum. Premierminister Scott Morrison, ein Kohle-Förderer, sieht die Brände als Naturkatastrophe und lehnt es ab, seine Klimapolitik zu ändern. Erst wurde er dafür kritisiert, dass er während der Krise nach Hawaii fuhr, dann brach er seinen Urlaub ab. Bei einem Besuch im Feuergebiet, in Cobargo, wurde Morrison am Donnerstag von Anwohnern beschimpft und ausgebuht. "Hier wirst du keine Stimmen bekommen, Kumpel", rief ein Bewohner.

Eine weinende junge Mutter und ein freiwilliger Feuerwehrmann weigerten sich, Morrison die Hand zu geben.

Ein Video zeigt, wie er auf Morrisons Versuch, ihm die Hand zu reichen, seinen Kopf schüttelt. „Ich will nicht wirklich Ihre Hand schütteln“, sagt der Feuerwehrmann und verlässt seinen Platz. Während eines anderen Ortstermins, am Freitag in Lucknow, war der Empfang aber freundlicher.

Der örtliche Abgeordnete Andrew Constance sagte dem Sender 7 News, die Einwohner hätten Morrison "den Empfang bereitet, den er vermutlich verdient hat". Die Nerven lägen "ziemlich blank, und das hat seinen Grund". Premierminister Morrison selbst räumte ein, die Leute seien frustriert, "und wie immer sie reagieren wollen, ist ihre Sache. Ich nehme das nicht persönlich".

Brände belasten Tourismusgeschäft

Fernsehbilder der Buschbrände und Rauchschwaden über der Metropole Sydney schrecken zusehends Touristen aus aller Welt vom Besuch ab. Zwar liegen noch keine offiziellen Zahlen für das gesamte Land vor.

Doch lassen Daten aus der Region um Sydney auf starke Einbußen schließen. Der Hotellerieverband von Australien teilte mit, in Sydney seien die Gästezahlen im Dezember um zehn Prozent eingebrochen. „Die Feuer und der Rauch haben dem Ruf der Touristenmarke Sydney sehr geschadet“, so Verbandschef Dean Long. (dpa, Reuters,AFP)

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