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Ein Junge auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz.

© Mark Z. Saludes/HRW

Kinderarbeit: Der schmutzige Weg des Goldes

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch prangert Kinderarbeit auf den Philippinen an. Das Gold, das sie dort aus gefährlichen Minen holen, landet auch in europäischen Raffinerien.

Ein dunkler Schacht, nicht breiter als ein Quadratmeter, zeigt unter Jacob in die Tiefe. Mit der rechten Hand umfasst er das Stahlseil, mit der linken Hand stützt er sich gegen die Holzkonstruktion in der massiven Steinwand. Dann lässt der Motor ihn runter, 25 Meter tief. Dort unten ist es zu eng, um atmen zu können, ein Gebläse stellt die Luftversorgung sicher. Der Lichtstrahl seiner Stirnlampe leuchtet Jacob den Weg durch die Dunkelheit.

Etwa 300 000 Menschen arbeiten täglich in den Goldminen der Philippinen. Obwohl Kinderarbeit laut Gesetz verboten ist, sind viele Minenarbeiter kaum älter als Jacob. „Als ich das erste Mal runtergegangen bin, war ich 14 Jahre alt. Ich dachte darüber nach, was passiert, wenn der Schacht zusammenbricht“, erinnert er sich. Seine Angst ist nicht unbegründet: Die Schächte in den kleinen Minen sind oft instabil, Steine und Holz können sich lösen und herunterfallen. In der Provinz Camarines Norte erstickten im September 2014 ein 17-Jähriger und sein Bruder.

Das Kinder-Gold landet auch in Europa

Mit einem Ertrag von 18 Tonnen Gold im vergangenen Jahr gehören die Philippinen zu den größten Goldproduzenten weltweit. Der Marktwert liegt bei 700 Millionen US-Dollar. Die philippinische Zentralbank kauft das Gold auf und exportiert es ins Ausland. „Am Ende landet es auch in den großen Raffinerien in der Schweiz oder in Asien“, sagt Juliane Kippenberg von Human Rights Watch (HRW). Die Menschenrechtsorganisation veröffentlicht am heutigen Mittwoch einen Bericht zu den Zuständen in philippinischen Minen.

Ein Großteil des philippinischen Goldes liegt in Flussbetten. Beim „Compressor Mining“ tauchen die Goldgräber in 80 Zentimeter breiten Schächten bis zu zehn Meter in die Tiefe. Dabei atmen sie durch einen dünnen Schlauch, der mit einem Kompressor verbunden ist. Drei Stunden bleiben sie unter Wasser – eine riskante Methode, die offiziell verboten ist. Kontrollen finden aber kaum statt.

Hirnschäden durch Quecksilber-Dämpfe

Insgesamt hat Human Rights Watch mit 65 Kindern zwischen neun und 17 Jahren gesprochen. Die Kinder berichten über Rückenschmerzen, Hauterkrankungen, Krämpfe und Ängste. Eine große gesundheitliche Gefahr stelle vor allem die Verwendung von Quecksilber dar, sagt Kippenberg: Mit bloßen Händen vermischten neunjährige Kinder die goldhaltigen Schlämme mit dem giftigen Metall, um das Gold zu lösen. Anschließend werde das Gemisch erhitzt, wobei das Quecksilber verdampfe. „Quecksilber greift das zentrale Nervensystem an und verursacht Hirnschäden. Das kann tödlich enden“, sagt Juliane Kippenberg.

Die philippinische Regierung habe zwar bereits reagiert und „Compressor Mining“ sowie der Einsatz von Quecksilber im März dieses Jahres verboten, doch werde das Gesetz bislang nicht richtig umgesetzt, kritisiert Kippenberg. Der Goldbergbau sei für die Philippinen ein wirtschaftlich wichtiger Sektor, den man nicht schwächen dürfe. Die Regierung müsse jedoch dafür sorgen, dass auch die Kleinbergbauminen eine Lizenz haben und regelmäßig kontrolliert werden. „Viele Minen werden illegal betrieben.“ Auch Kinderarbeit ist gesetzlich verboten. Der Anteil an Kindern, die nicht zur Schule gehen, sei dennoch relativ hoch. Die Regierung müsse arme Familien finanziell unter die Arme greifen, fordert Kippenberg. „Kinder müssen in die Schule gehen, statt in den Goldminen zu schuften.“

Josefa Raschendorfer

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