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Gregor Gysi auf der Grünen Woche.

© dpa

Kochen und Politik: Was Linke so anrichten

Die Linksfraktion im Bundestag hat ein Kochbuch herausgebracht – mit Lieblingsrezepten der Abgeordneten. Wir stellen Ihnen ein paar davon vor.

Von Matthias Meisner

Wenn die Linksfraktion im Bundestag ein Kochbuch herausgibt, geht das nicht ohne Klischees. Und so wird sie gleich an erster Stelle erwähnt, die gute alte Soljanka. Die Abgeordnete Kersten Steinke, gelernte Agraringenieurin aus Bad Frankenhausen in Thüringen, bereitet sie so zu, wie es immer in der DDR gemacht wurde, mit Salami und Jagdwurst, Mais und Erbsen aus der Dose sowie Gewürzgurken aus dem Glas. Und selbstverständlich gehört für die Politikerin, die seit 2005 den Petitionsausschusses leitet, auch eine halbe Flasche Ketchup hinein, umgekehrt aber fehlt leider die eine oder andere frische Zutat, die eine ukrainische Babuschka in der Heimat der Soljanka bestimmt verwenden würde.

„Ich nehm’ die Linke“ heißt das Kochbuch – 33 der 76 Abgeordneten haben Rezepte beigesteuert, verortet „irgendwo zwischen veganer Moderne und den Küchenerlebnissen der Kindheit“, wie es im Inhaltsverzeichnis heißt. Ob gut die Hälfte der Fraktion nicht zu kochen versteht, bleibt offen. Von Parteichef Klaus Ernst immerhin weiß man, dass der Gäste auf seiner Alm ab und zu mit Grießnockerlsuppe bewirtet, für das Rezeptbuch allerdings hat er keinen eigenen Beitrag abgeliefert.

Ein Trend aber ist klar: Die Linkspolitiker im Bundestag kochen, wenn sie es denn überhaupt können, am liebsten nach Hausmannsart. Das betrifft etwa die Vize-Bundesvorsitzende Halina Wawzyniak aus Friedrichshain-Kreuzberg, die Buletten mit Kartoffelbrei und grünen Möhren offeriert. Oder auch den langjährigen Bundesgeschäftsführer und jetzigen Vize-Fraktionschef Dietmar Bartsch – der gebürtige Stralsunder empfiehlt Ostseedorsch mit Bratkartoffeln und Spiegelei. Das zieht sich dann so durch die Broschüre: Mit bayerischen Schinkennudeln, Bratklößchen mit Rotkraut und Salzkartoffeln, Schweinemedaillons mit Bohnen und Champignons, Rindsrouladen, Kässpätzle, Spargel mit Hackbällchen sowie Maultaschen geht es weiter. Dass es nicht nur Rezepte aus dem Osten gibt, ist kein Wunder: Inzwischen stammt nicht einmal mehr die Hälfte aller Linken-Abgeordneten aus den neuen Ländern.

Wirklich exotische Rezepte haben nur die wenigsten Politiker eingereicht. Parteichefin Gesine Lötzsch, beheimatet im Berliner Bezirk Lichtenberg, geht offenbar gern in den Asia-Laden, ihre Kochbanane mit Hähnchen bereitet sie unter anderem mit Ingwer, Zitronenblatt und Erdnussöl zu. Nicht nur wie bei Muttern kochen auch Parlamentsgeschäftsführerin Dagmar Enkelmann (Avocadocremesuppe mit Lachs) sowie die Dresdnerin Abgeordnete Katja Kipping (Mohn-Zitronen-Penne). Raju Sharma, aus Indien stammender Bundesgeschäftsführer, trinkt zum Frühstück einen Gewürztee mit Vollmilch, Ingwer und Muskat. Der inzwischen in Schleswig-Holstein lebende Politiker hat herausgefunden, dass sich dieser auch mit einer Ostfriesenmischung gut zubereiten lässt. Fraktionschef Gregor Gysi entfernt sich mit Paprikaschoten, gefüllt mit scharf gewürztem Rinderhack, von Omas Küche kulinarisch wenigstens bis zum Balkan. Richtig politisch wird es nur bei der Umweltpolitikerin Johanna Voß mit Anti-Atom-Waffeln nach einem Rezept aus dem Gorleben-Widerstand.

Ob sich eine Fraktion so mit links als kompetent zeigt für Fragen guten und gesunden Essens? Immerhin betont die Verbraucherpolitikerin Karin Binder im Vorwort, dass bei der Herstellung von Lebensmitteln noch viel mehr auf soziale und ökologische Standards geachtet werden müsse. Viel zu oft werde „regional“ zu Werbezwecken missbraucht, wenn etwa „Spreewälder Gurken“ gar nicht von dort kommen, sondern dort eben nur verarbeitet werden müssen. Gesunde und ausgewogene Mahlzeiten, „am besten selbst gekocht“, empfiehlt Binder. Sie gibt aber doch zu, dass viele Menschen das nicht mehr machen: „Da das in unserer heutigen Gesellschaft und Arbeitswelt oft nicht möglich ist, drängen wir auf klare Angaben bei den vielen Fertig- und Halbfertiggerichten.“

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