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Kopenhagen: Krawalle nach Räumung von Jugendhaus

Bei der Räumung eines alternativen Wohnprojekts in Kopenhagen ist es am Donnerstag zu Straßenschlachten gekommen. Autonome haben heute die Zentrale der dänischen Sozialdemokraten besetzt.

Kopenhagen - Nach der Räumung des von Autonomen besetzten "Jugendhauses" ("Ungdomshuset") in Kopenhagen durch die Polizei haben Krawalle die Sicherheitskräfte der dänischen Hauptstadt bis zum Morgen in Atem gehalten. Demonstranten setzten Autos und Müllcontainer in Brand und errichteten an verschiedenen Orten Barrikaden. Die Polizei setzte stellenweise Tränengas gegen die meist jugendlichen Demonstranten ein, die ihrerseits die Beamten mit Flaschen und Steinen bewarfen. Bis zum Morgen wurden rund 200 Demonstranten vorübergehend festgenommen. Unter ihnen waren auch neun Deutsche. Drei Menschen wurden verletzt, teilten die Behörden mit.

Die Kopenhagener Polizei hatte am Donnerstag das von Autonomen besetzte "Jugendhaus" mit Hilfe von Antiterror-Spezialisten geräumt. Wie das Reichskrankenhaus mitteilte, wurde dabei ein 20 Jahre alter Deutscher am Kopf verletzt und musste behandelt werden. Bei Krawallen nach der Räumung im Stadtteil Norrebrø wurden zwei Demonstranten leicht verletzt. Die Kopenhagener Polizeichefin Hanne Bech Hansen nannte die Räumungsaktion selbst "einen riesigen Erfolg".

Grenzkontrollen verschärft

Bei einem nicht genehmigten Protestzug gegen die Räumung am frühen Donnerstagabend mit mehr als 500 Teilnehmern warfen Demonstranten erneut Flaschen und Steine auf das massive Polizeiaufgebot. Wegen befürchteter neuer Auseinandersetzungen hatten die Behörden zuvor die Grenzkontrollen zwischen Dänemark und Deutschland verschärft. So wolle man den Zulauf von gewaltbereiten Autonomen sowie auch von Neonazis verhindern, erklärten Sprecher.

Das seit 1981 besetzte "Jugendhaus" war im vergangenen Jahr von der Stadt Kopenhagen an eine Freikirche verkauft worden. Medien hatten zuvor von umfassenden Vorbereitungen der Hausbesetzer auf gewaltsame Aktionen berichtet. Diese hatten Gleichgesinnte aus anderen Ländern - darunter auch aus Deutschland - aufgefordert, ihnen zu Hilfe zu kommen. Zuletzt war es eine Woche vor Weihnachten zu heftigen Straßenkämpfen wegen der bevorstehenden Räumung gekommen.

Krawalle in Hamburg und Hannover

Nach den Ausschreitungen in Kopenhagen kam es auch in deutschen Städten zu Demonstrationen und Krawallen. Im Hamburger Stadtteil St.Pauli bewarfen Teilnehmer eines rund 800 Personen umfassenden Aufzuges Polizisten unter anderem mit Flaschen und Signalkörpern. Dabei wurde ein Beamter leicht verletzt, wie die Polizei mitteilte. Demonstranten hatten Baumaterialien auf die Fahrbahn gezogen und einen Müllcontainer angezündet. Starke Polizeikräfte verhinderten eine Demonstration von etwa 100 Personen zum dänischen Generalkonsulat. 16 Personen wurden vorübergehen in Gewahrsam genommen.

Auch in Hannover ging die Polizei am späten Abend gegen etwa 20 vermummte Angehörige der autonomen Szene vor. Die Demonstranten hatten Mülltonnen und so genannte Europaletten in Brand gesetzt. Bei einem Einsatzfahrzeug der Polizei und einem Privat-Pkw wurden Scheiben eingeschlagen. Dem vorangegangen war ein störungsfrei verlaufener Umzug von etwa 120 Teilnehmern in der Innenstadt.

Autonome besetzen Zentrale der dänischen Sozialdemokraten

Demonstrationen aus Solidarität mit den dänischen Hausbesetzern gab es unter anderem in Braunschweig, Göttingen, Flensburg, Karlsruhe, Mainz und Frankfurt am Main. In Köln etwa zogen laut Polizei etwa 60 Angehörige der linken Szene durch die Innenstadt und demolierten zwei Verkehrsschilder.

Kopenhagener Autonome haben am Freitag die Zentrale der dänischen Sozialdemokraten besetzt. Sie begründeten die Aktion damit, dass die Partei von Oberbürgermeisterin Ritt Bjerregaard die Zwangsräumung des Jugendzentrums am Vortag zu verantworten habe.

Haftrichter verhängten ebenfalls jeweils vier Wochen Untersuchungshaft gegen 34 Besetzer des geräumten Jugendzentrums ("Ungdomshuset"). Bei den Haftbefehlen gegen Teilnehmer an den Krawallen wurden auch für einen 15- Jährigen 26 Tage Untersuchungshaft verfügt. Er hatte nach Polizeiangaben vier Pflastersteine gegen Beamte geworfen. (tso/ddp/dpa)

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