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Der Thermomix von Vorwerk. Discounter wie Aldi oder Lidl bieten eine günstigere Kopie des Produkts an. Beim Verkauf der Wahre kam es in einigen Filialen zu Rangeleien zwischen Kunden.

© dpa

Update

Kunden klagen über Täuschung: Rangelei und Online-Betrug um Küchengerät

Der Thermomix kann alles, was man in der Küche können muss - Billigdiscounter bieten ein von Vorwerk abgekupfertes Gerät günstiger an. Das führt zu handfesten Auseinandersetzungen in Filialen von Aldi und Lidl.

Es scheint sich um ein Wunderwerk der Küchentechnologie zu handeln. Jedenfalls sorgen der Thermomix und seine Kopie-Produkte derzeit für allerlei Furore. Die Polizei spricht von "Nahkampfszenen" um die Geräte, im Internet machen dubiose Anbieter Geschäfte.

Das Original von Vorwerk kostet 1100 Euro. Am 8. Oktober bot Aldi-Süd ein ähnliches Produkt für 199 Euro an, das noch am selben Tag ausverkauft war. Um den Thermomix von Aldi-Süd der Eigenmarke Studio zu ergattern, kam es in zwei Filialen des Discounters zu tumultartigen Szenen: Im oberpfälzischen Weiden warteten bereits Kunden vor dem Supermarkt. Nur sechs Minuten nach Ladenöffnung rief eine überforderte Mitarbeiterin die Polizei. Die Filiale war mit dem Gedränge auf dem Parkplatz, vor dem Eingang und im Laden völlig überfordert. Die Polizei spricht von "unglaublichen Nahkampfszenen", die sich im Geschäft abgespielt haben. Eine Frau mit einem Thermomix wurde vor der Kasse von einem Mann umgerissen, sie krachte in ein Regal und zog sich Prellungen zu - behielt jedoch ihr Gerät fest in der Hand.

In Gernsbach in Baden-Württemberg kämpften zwei Frauen um das letzte Exemplar der Küchen-Allzweckwaffe, mit der man Kochen, Garen, Mixen, Pürieren, Rühren und Zerkleinern kann. Die Polizei spricht von einer "Rangelei": Eine Frau, die das Paket freudig in der Hand hielt, wurde von einer anderen Kundin zu Boden gerissen. Diese schnappte sich den Thermokocher, rannte zur Kasse, bezahlte und verschwand. Derzeit ermittelt die Polizei gegen die Frau wegen Körperverletzung - eine Zeugin hatte das Kennzeichen notiert.

"Das ist absoluter Betrug am Kunden!!!"

Auf der Website der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen berichten Kunden von den Zuständen beim Kauf der Küchengeräte in diversen Filialen von Aldi-Süd. "Obwohl die Filiale erst um 8:00 Uhr öffnete waren am 08.10. bereits um 8:03 Uhr keine Küchenmaschinen mit Kochfunktion mehr erhältlich", berichtet ein Nutzer aus Groß-Umstadt in Hessen. Auf eine Beschwerde antwortete die Verkäuferin, man würde versuchen, diesen Artikel neu zu bekommen und Käufer könnten sich vormerken lassen, dann würde ihnen die Ware auch zugeschickt werden.

Aus anderen Filialen unter anderem in Markdorf, Dachau und Freudenstadt wird berichtet, es seien nur etwa zehn beziehungsweise sechs Geräte vorhanden gewesen. "Habe mich sehr geärgert, wie viele andere auch. Es kann doch nicht sein, dass 8.01 Uhr schon alle Geräte verkauft worden sind! Das ist doch Irreführung. Keine Reaktion des Verkäufers", berichtet eine Kundin aus Markdorf. Der Verkäufer habe gesagt, keinen Einfluss auf die gelieferte Menge zu haben. In Freudenstadt habe es sogar nur zwei Exemplare gegeben. Überall verärgerte Kunden und ein riesiges Gedränge. "Das ist absoluter Betrug am Kunden!!!", beschwert sich die Frau.

"Die zu erwartende Nachfrage muss gewährleistet sein."

Wie viele Exemplare der "Küchenmaschine mit Kochfunktion" waren in den Filialen vorhanden? Die Unternehmenskommunikation von Aldi-Süd sagte dem Tagesspiegel: "Obwohl wir unsere Aktionen sorgfältig planen, kann es vorkommen, dass ein Produkt unerwartet stark nachgefragt wird. Das ist bei der Küchenmaschine der Fall, die wir in diesem Jahr auch zum ersten Mal anbieten. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine Angaben zu der angebotenen Anzahl der Geräte machen möchten." Sobald wie möglich wolle man neue Geräte zur Verfügung stellen. Kunden hätten über die Website des Unternehmens die Möglichkeit, sich für einen Kauf vormerken zu lassen.

Ob ein Betrugsversuch der Händler vorliegt, kann nur im Einzelfall entschieden werden, sagte Helke Heidemann-Peuser vom Team der Rechtsdurchsetzung der Verbraucherzentrale dem Tagesspiegel. Wie viele Exemplare einer Ware vorrätig sein müssen, kann pauschal nicht gesagt werden. "Die zu erwartende Nachfrage muss gewährleistet sein." Dabei ist der Umfang der Werbung mit den tatsächlich erhältlichen Produkten in Vergleich zu setzen.

Verbraucher können keine Entschädigung verlangen

Laut dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb liegt eine unzulässige Handlung vor, "wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote). Ist die Bevorratung kürzer als zwei Tage, obliegt es dem Unternehmer, die Angemessenheit nachzuweisen." Sollte ein solcher Fall vorliegen, würde den Händlern eine Abmahnung drohen, so Heidemann-Peuser. Verbraucher jedoch könnten die Ware weder einfordern noch eine Entschädigung verlangen.

Im Mai 2014 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass der von Aldi verwendete Sternchenhinweis ausreiche, um den Verbraucher darüber aufzuklären, dass die beworbene Ware gegebenenfalls eben nicht mehr vorrätig sein wird. Rechtsanwältin Iwona Husemann von der Verbraucherzentrale NRW sagte dem Tagesspiegel: "Wir sehen dies anders und führen daher ein paralleles Verfahren vor dem Bundesgerichtshof bzw. dem Oberlandesgericht Stuttgart. Hier steht eine Entscheidung jedoch noch aus."

"Monsieur Cuisine" von Lidl für den doppelten Einkaufspreis auf Ebay verkauft

Auch Konkurrent Lidl bot mit dem "Monsieur Cuisine" ein ähnliches Produkt an, 900 Euro billiger als das Original von Vorwerk - auf lidl.de für ebenfalls 199 Euro lieferbar. Wie viele glückliche Käufer der Küchengeräte von Aldi-Süd und Lidl es mittlerweile gibt, ist derzeit nicht zu ermitteln. Einige nutzten das Gerät allerdings anscheinend gar nicht erst in der Küche, sondern boten es bei Ebay zum Verkauf an - für deutlich mehr als 199 Euro. Ein Anbieter preist seine bei Lidl gekaufte Maschine für 299 Euro mit den Worten an: "In den Filialen ausverkauft!!!" 

Ein anderer Ebay-Nutzer hat hingegen keine finanziellen Interessen, sondern will auf die "Abzocke" mit den bei Lidl gekauften Produkten aufmerksam machen. Er verweist darauf, dass die Küchenmaschinen auf der Online-Seite von Lidl wieder für 199 Euro gekauft werden können und Interessenten daher nicht auf die überzogenen Angebote einiger Privat-Verkäufer auf Ebay zurückgreifen müssten.

Auch in Großbritannien gab es das Angebot. Die Zeitung "Daily Mail" verglich das Original und das Lidl-Imitat. Ergebnis: "Das günstige Gerät von Lidl hat insgesamt ähnliche Funktionen wie der originale Thermomix, kann also vieles, was das Vorwerk-Produkt auch kann - allerdings nicht im gleichen Maße und oftmals mit einer geringeren Qualität."

Online-Schwindel um das Original-Produkt von Vorwerk

Wer sich für das Original von Vorwerk entscheidet, muss mit einer Wartezeit von bis zu acht Wochen rechnen. Vorwerk begründet dies mit der großen Nachfrage, die über den eigenen Erwartungen liege. Online-Shops bieten das Original-"Küchenwunder" zu einem günstigeren Preis (699 Euro) und bei einer Lieferzeit von zwei Werktagen an - jedoch nur bei Bezahlung per Vorkasse. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt vor Schwindel: Eigentlich gebe es den Thermomix TM5 nur im Direktbezug von Vorwerk.

Bei den "dubiosen" Online-Portalen gibt es weder eine Telefonnummer für Rückfragen noch werden E-Mails beantwortet, wie ein Check der Verbraucherzentrale ergeben hat. Bei misslungener Transaktion gebe es keine Möglichkeit, das Geld zurück zu bekommen. Hersteller Vorwerk dazu: "Der Direktbezug eines Thermomix von anderen gewerblichen Anbietern ist ausgeschlossen." Vorwerk erwägt, gegen die dubiosen Online-Händler rechtlich vorzugehen. Mittlerweile seien die meisten dieser Online-Shops aber schon wieder verschwunden, sagt die Verbraucherzentrale.

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