zum Hauptinhalt

Panorama: Land in Not

Bei der Flutkatastrophe in Haiti sind mindestens 650 Menschen gestorben. Die Hilfe kommt langsam

Gonaives „Jeanne“ tobte bereits über dem offenen Meer, als in Haiti das Ausmaß des jüngsten Tropensturms deutlich wurde: Fast der gesamte Norden des bitterarmen Karibikstaats ist überschwemmt, die viertgrößte Stadt Gonaives steht komplett unter Wasser, die zweitgrößte Insel, Ile de la Tortue, ist gar völlig unauffindbar. Mindestens 650 Menschen sind nach der ersten provisorischen Zählung ums Leben gekommen. Und sollte sich bewahrheiten, dass die Ile de la Tortue überflutet wurde, ließe sich die Tragödie kaum noch beschreiben. 26 000 Menschen leben auf der rund 180 Quadratkilometer großen Insel. Von ihnen fehlte bis zum späten Montagabend jedes Lebenszeichen.

Die Welt hat sich schon an die Katastrophenmeldungen aus Haiti gewöhnt: Allein in diesem Jahr drohte die Republik in einem blutigen Bürgerkrieg unterzugehen. Präsident Jean- Bertrand Aristide floh in diesem Februar vor den Rebellen und lebt inzwischen in Südafrika im Exil. Wenige Monate später wurde der Südosten des Landes nach heftigen Regenstürmen überflutet, dabei kamen mehr als 1200 Menschen ums Leben. Und nun „Jeanne“.

Ministerpräsident Gérard Latortue ist sichtlich erschüttert. Am Sonntag hatte er die Überschwemmungebiete überflogen und dabei nur noch einen „riesigen See“ gesehen. Am schlimmsten betroffen ist seine Heimatstadt Gonaives. Latortue sagte: „Es gibt kein Haus mehr, das nicht überflutet ist.“ Allein dort wurden im Krankenhaus 500 Leichen gezählt, ein Drittel davon sind Kinder. Mindestens 56 weitere Menschen kamen in Port-de-Paix ums Leben, 18 in Chansolme, 14 in Gros-Morne, neun in Pilate und acht in Ennery. In den Überschwemmungsgebieten gilt der Notstand. Noch beunruhigender aber sind die Nachrichten von der Ile de la Tortue, der zweitgrößten Insel Haitis mit ihren 26 000 Einwohnern. Als Mitarbeiter der UN-Blauhelmtruppe, die seit Aristides Flucht in Haiti stationiert ist, am Sonntag über die Region flogen, konnten sie die ehemalige Pirateninsel nördlich von Port-de-Paix nicht finden. Bis Montag gab es keinen Kontakt. Es war völlig unklar, was aus den Bewohnern geworden ist.

Deutsche Hilfsorganisationen haben zur Hilfe für die Opfer aufgerufen. Zehntausende Kinder seien von den Katastrophen betroffen, teilte das UN-Kinderhilfswerk Unicef am Dienstag in Köln mit. Am dringendsten brauchten die Überlebenden sauberes Trinkwasser, Nahrungsmittel und Notunterkünfte. Nach zwei Tagen anhaltenden Regens behinderten die Überflutungen die Hilfe auf der Insel, teilte die Hilfsorganisation Care mit. Das Zentrum der nordhaitianischen Hafenstadt Gonaives stehe völlig unter Wasser. Am schlimmsten betroffen seien die ärmsten Bewohner im Norden und Nordwesten Haitis: Viele von ihnen lebten an Berghängen und in sonst trockenen Flussläufen, die nun durch Schlammlawinen und blitzartig steigende Wasserpegel zu Todesfallen würden. Für Gonaives sei eine Nothilfeaktion gestartet worden, berichtete Unicef.

Auch die Diakonie Katastrophenhilfe, Care und die Caritas wollten umfangreiche Hilfsaktionen in der Region starten. Care wies aber darauf hin, dass derzeit mit Gonaives auch der Hauptsitz der Organisation in der Region vom Wasser eingeschlossen sei. Ein Care-Mitarbeiter sei am Sonntag bei dem Versuch ertrunken, andere aus den Fluten zu retten. Auch andere Regionen sind nach Unicef-Angaben auf Hilfe angewiesen. Auf der kleinen Karibikinsel Grenada seien 8000 Kinder infolge der Unwetter obdachlos geworden und lebten in provisorischen Unterkünften. In Jamaika und der Dominikanischen Republik seien zehntausende Kinder obdachlos geworden. AFP/AP/Tsp

Wer für Haiti spenden möchte, kann dies bei folgenden Hilfsorganisationen tun: Unicef, Konto 300 000, Sozialbank Köln, BLZ 370 205 00, Sturmopfer Karibik; Care, Konto 44 040, Sparkasse Bonn, BLZ 380 500 00, Fluthilfe Haiti; Diakonie Katastrophenhilfe, Konto 502 707, Postbank Stuttgart, BLZ 600 100 70; Caritas International, Konto 202, Bank für Sozialwirtschaft Karlsruhe, BLZ 660 205 00; Deutsches Rotes Kreuz, Konto 41 41 41, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00, Kennwort Karibik; Deutsche Welthungerhilfe, Konto 1115, Sparkasse Bonn, BLZ 380 500 00, Kennwort Haiti.

Der Tropensturm „Jeanne“ löste im Norden Haitis tagelange schwere Regenfälle aus. In der Folge kam es zu Überschwemmungen, Erdrutschen und Schlammlawinen.

Hunderte Menschen sind in den Fluten gestorben. Bisher gibt es keinen Überblick über die genaue Zahl der Toten. Allein in Gonaives im Nordosten starben 500 Menschen.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false