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Einen passenden Stammzellspender zu finden, bedeutet oft die Suche nach der "Nadel im Heuhaufen". Eine Hilfe können soziale Netzwerke wie Facebook sein.

© Oliver Killig/ picture alliance /dpa

Leukämie: Britin findet Stammzell-Spender dank Facebook

Leukämiepatienten sind auf Stammzellspenden durch einen "genetischen Zwilling" angewiesen. Soziale Medien spielen dabei eine große Rolle.

Es passiert alle sechzehn Minuten. Dreißig Menschen jeden Tag, allein in Deutschland. Die Diagnose trifft sie unerwartet. Besonders hart dürfte es für junge Menschen sein, die optimistisch in ihre Zukunft blicken, Träume haben. Menschen wie die 24-jährige Londoner Studentin Lara Casalotti. Im Dezember wurde sie mit dem niederschmetternden Befund konfrontiert: akute myeloische Leukämie, AML abgekürzt. Drei Buchstaben, die das Leben der jungen Frau von einem Tag auf den anderen Tag dramatisch veränderten. Aber ihre Geschichte könnte ein glückliches Ende nehmen.

Was ist ein "genetischer Zwilling"?

"Match4Lara" ("Treffer für Lara") ist der Name der Kampagne, die Laras Familie und Freunde ins Leben riefen, um nach einem Stammzellspender für sie zu suchen. Und der das gelang: Anfang Februar fand sich unter den weltweit 25 Millionen registrierten Stammzellspendern Laras "genetischer Zwilling". Doch was bedeutet das?

Im Gegensatz zur Blutspende ist bei einer Stammzellspende die Blutgruppe von Spender und Empfänger irrelevant. Entscheidend ist, dass bestimmte Gewebemerkmale – die sogenannten HLA-Typen – möglichst zu 100 Prozent übereinstimmen. Sie sind eine Art "Personalausweis" der Zellen, das Immunsystem unterscheidet mit ihrer Hilfe zwischen eigenem und fremdem Gewebe. Je größer die Unterschiede der Merkmale bei Spender und Empfänger sind, umso wahrscheinlicher wird eine Abstoßungsreaktion. Das Immunsystem würde die gespendeten Stammzellen als fremd erkennen.

Lara Casalottis Spender wurde durch das soziale Netzwerk Facebook auf das Schicksal der jungen Frau aufmerksam. Dort, wie auch bei Twitter, hatten ihre Angehörigen Aufrufe im Rahmen der "Match4Lara"-Kampagne gepostet – eine Strategie, die erfolgreich war.

Soziale Medien als wichtigstes Hilfsinstrument

Soziale Medien haben bei der Suche nach passenden Stammzellspendern mittlerweile eine enorme Bedeutung. Das bestätigt auch Daniel-Philipp Hoffmann, bei der Deutschen Knochenmarkspendedatei (DKMS) für den Bereich des Online-Marketing zuständig. Er hält die sozialen Netzwerke für den inzwischen "wichtigsten Baustein der Online-Kommunikation" der DKMS.

"Im vergangenen Jahr kamen mindestens 37 Prozent aller Online-Registrierungen durch unsere Social-Media-Kanäle. Nach Aufrufen für Patienten registrieren sich in den nächsten Tagen oft tausende Menschen bei uns, um vielleicht ein Menschenleben retten zu können", berichtet Hoffmann. Die Follower der DKMS seien auf den entsprechenden Plattformen "sehr aktiv". Vor allem Facebook sei inzwischen "zum wichtigsten Hilfsinstrument" geworden: "Uns erreichen dort täglich hunderte Anfragen zur Registrierung und rund um die Stammzellspende."

Die Registrierung ist unkompliziert

Eine Aufnahme in die Datenbank der potenziellen Spender ist denkbar einfach: Auf der DKMS-Webseite fordert man zunächst ein "Registrierungs-Set" an. Darin enthalten sind zwei Wattestäbchen, mit denen der mögliche Spender einen Abstrich von seiner Wangenschleimhaut macht.

Nach der Analyse der Gewebemerkmale übermittelt die Spendedatei die Informationen in anonymisierter Form an das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) in Ulm. Gespeichert werden dort nur Informationen über Gewebemerkmale und Geschlecht des Spenders in spe sowie dessen Geburtsdatum. Ist man im ZKRD als Knochenmarkspender registriert, steht man als solcher für Patienten auf der ganzen Welt zur Verfügung.

Nur fünf von hundert Registrierten werden Spender

Eine Registrierung beinhaltet allerdings keineswegs, dass man tatsächlich als Spender zum Einsatz kommt. Bei höchstens fünf von hundert potenziellen Stammzellspendern kommt es innerhalb von zehn Jahren nach Registrierung zu einem solchen Eingriff. Findet sich aber ein "genetisches Zwillingspaar", muss der Spender sich zunächst einem umfangreichen "Checkup" unterziehen.

Die sogenannte Bestätigungstypisierung kann vom Hausarzt durchgeführt werden. Dabei wird zum Beispiel sichergestellt, dass im Blut keine Erreger wie HIV oder Hepatitisviren vorliegen. Erst danach kommt es zur Spende. Dabei gibt es – abhängig vom Gesundheitszustand des Patienten – zwei Vorgehensweisen. In 80 Prozent der Fälle werden die Stammzellen mithilfe einer "peripheren Stammzellspende" aus der Blutbahn entnommen. Dieser Eingriff dauert vier bis acht Stunden, eine Operation ist nicht notwendig. Die zweite Option ist eine Knochenmarkspende. Dabei werden dem Spender mit einer Punktionsnadel zirka fünf Prozent seines Knochenmarks entnommen.

"Pure Erleichterung"

Im März sollen auch Lara Casalotti die Stammzellen transplantiert werden, die sie so dringend benötigt. Ihre Familie ist glücklich darüber, dass ihre Kampagne innerhalb so kurzer Zeit den Weg zu Laras "genetischem Zwilling" geebnet hat. "Ich empfinde pure Erleichterung. Wer immer der Spender sein mag, ich werde ihm niemals genug danken können", sagte Laras Mutter Supanya.

Julia Beil

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