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Eine Art Risikolauf.

© Imago

Lieber nicht langsam: Bummler leben gefährlich in New York

In Manhattan macht sich unbeliebt, wer langsam schlendert. Die gestressten Einheimischen rüpeln sich durch die Menschenmengen. Das "Sidewalk Rage"-Syndrom grassiert am Hudson.

Die Bürger der Stadt New York verkörpern eine ganz besondere Spezies. Sie gelten als bestimmt nicht auf den Mund gefallen, als arrogant und gerne auch mal rüde. Am besten lässt sich dies bei einem Spaziergang durch die Straßenschluchten Manhattans diagnostizieren. Den professionellen einheimischen Fußgänger erkennt man daran, dass er unbeirrbar (Kollisions-) Kurs hält. Schnell ist er zudem und und immer am Handy. So schnell, dass die Eile gelegentlich die Grenze zu unbeherrschtem Verhalten überschreitet.

US-Forscher haben jetzt erstmals eine Studie vorgelegt, die sich nicht unzivilisierten Autofahrern und dem in den USA sehr verbreiteten „Road Rage“ widmet. Objekt der Forschung vielmehr ist eben jenes grassierende sehr rüde Verhalten von unbeherrschten Fußgängern: das sogenannte „Sidewalk Rage“-Syndrom. In New York sind die Symptome dessen im Gegensatz zu anderen US-Metropolen besonders gut zu beobachten. Das Anrempeln anderer, Gesten der Ungeduld. Das Murmeln von Beschimpfungen. Das bewusste In-den-Weg-schneiden bei langsamen, soeben erst überholten Fußgängern: Alles Anzeichen des neuen oder zumindest neu benannten Syndroms, das Touristen und anderen Auswärtigen im „Big Apple“ den Weg durch die Menschenmengen deutlich erschwert.

Die Wissenschaftler der Universität Hawaii, die das Phänomen jetzt untersucht haben, analysieren nicht nur das Verhalten der Rempler und Wegabschneider. Sie liefern auch Hinweise zur inneren Selbstdiagnose. Wer Stress und Ungeduld gegenüber anderen auf der Straße fühlt, wer sich nach einem Rempler nicht entschuldigt, wer sogar Gedanken an Gewalttaten gegenüber Langsameren hegt und diese Emotionen als befriedigend empfindet, der darf sich als von diesem „Virus“ infiziert betrachten.

Mittlerweile findet sich das beschriebene Syndrom sogar schon im Internet wieder. Eine Interessengruppe unter dem Titel „I Secretly Want to Punch Slow Walking People in the Head“ (übersetzt in etwa: „Ich möchte insgeheim langsamen Fußgängern gegen den Kopf schlagen“) verzeichnet auf „Facebook“ derzeit 18 600 Fans – wobei man nicht ohne Grund durchaus vermuten kann, dass die meisten der Anhänger aus der Megametropole am Hudson River stammen.

Welche Verhaltensregel lässt sich dementsprechend New York-Besuchern mit auf den Weg geben, wollen sie nicht für jedermann als Auswärtige sofort identifizierbar (und ein Ärgernis) sein? Der beste Tipp lässt sich aus den Expertenbeobachtungen ableiten. Denn diese wissen: Touristen schleichen gewöhnlich elf Prozent langsamer als der durchschnittliche New Yorker durch die Stadt.

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