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Panorama: Lifestyle-Minister

BUNDESUMWELTMINISTER JÜRGEN TRITTIN IST UNERSCHROCKEN . Das zeigt er nicht nur im politischen Alltag, wo er kämpft, egal, ob es ihm nützt oder schadet.

Von Andreas Oswald

BUNDESUMWELTMINISTER JÜRGEN TRITTIN IST UNERSCHROCKEN . Das zeigt er nicht nur im politischen Alltag, wo er kämpft, egal, ob es ihm nützt oder schadet. Unerschrockenheit zeigte er jetzt auch, als er sich in Armani-Kleidung für die heute erscheinende neue Ausgabe der Zeitschrift "Life&Style" ablichten ließ, den Lifestyle-Ableger des Magazins "Gala". "Life&Style" hatte schon vor drei Monaten für Aufsehen gesorgt, als das Blatt Bundeskanzler Gerhard Schröder abbildete - unter anderem in Kiton-Anzug, Brioni-Mantel und Pferdeleder-Schuhen der Massenmarke Alden, die unter Kennern nicht unumstritten ist.Daß sich jetzt im Nachklapp Trittin in der gleichen Zeitschrift ablichten läßt - die Fotos stammen von dem Prominentenfotografen Wolfgang Wilde -, ist in zweierlei Hinsicht verwunderlich. Erstens ist er damit ein Nachmacher, der mit dem gleichen Manöver sein Image aufpolieren möchte. Zweitens hatte sich Schröder mit seinem - durchaus gelungenen Model-Auftritt - Kritik von Kleingeistern eingehandelt, denen es lieber wäre, ein Sozialdemokrat sähe aus, als käme er gerade aus einer Baugrube.Der Designer Wolfgang Joop hatte damals in einem Beitrag für den Tagesspiegel Schröder vehement verteidigt und es begrüßt, daß endlich auch in der Politik Stil einkehrt.Vielleicht kommen Kritiker des Trittin-Auftritts diesmal vor allem aus den eigenen Reihen. Andererseits fiel schon seit längerer Zeit auf, daß Trittin mit zu den bestangezogenen Ministern gehört. Das konnte jeder beobachten, der sich nicht davon ablenken ließ, daß Trittin gerade mal wieder im Fernsehen etwas sagte, was einen auf die Palme brachte.Obwohl Schnurrbärte oft furchtbar aussehen, ist der Schnurrbart von Trittin immer sehr gepflegt. Der Mann wirkt auf Frauen mitunter anziehend. Das ergab eine kleine, nicht repräsentative telefonische Umfrage. Selbst Frauen, die ihn eigentlich eher nicht mögen, weisen darauf hin, daß die Mischung aus unopportunistischer Rechthaberei, gepaart mit anschließender Hilflosigkeit, wenn er in der Patsche sitzt, beim anderen Geschlecht Gefühle auslösen kann.Wer es schafft, von politischen Beurteilungen abzusehen, muß zugeben, daß Trittin einer des bestaussehenden Minister der Bundesregierung ist. Er hat es auch geschafft, sich für den Fotografen Wilde ganz relaxt niederzulassen und sich in fast eleganter Pose dem scharfen Auge des Fotografen und der Leserin auszusetzen. Diese Rolle scheint ihm gar nicht zu widerstreben, obwohl die Fernsehzuschauerinnen und Zuschauer ihn sonst oft genug bockig und eher mürrisch sehen. Nach Angaben des Magazins "Life&Style" bekommt Trittin viel Fan-Post von Frauen. Darunter seien "sehr eindeutige Angebote", heißt es. Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, es erstaunt nur, wie offen sich Trittin plötzlich in der Öffentlichkeit inszeniert und dabei nicht davor zurückschreckt, ein Stück Privatleben der öffentlichen Beurteilung auszusetzen. Einem prinzipienfesten Mann wie ihm, der sonst streng unterscheidet zwischen wichtigen politischen Sachfragen und Persönlichkeitssphäre, die niemanden etwas angeht, hätte das kaum jemand zugetraut.Nur seine Büroleiterin Ingrid Müller hat seinen neuen Kurs in Image-Angelegenheiten noch nicht recht mitbekommen. Auf Fragen zu seinem Mode-Auftritt und seiner Resonanz bei Frauen gab sie gestern keine Auskunft. Altes Denken - das muß Trittin lernen - ist auch im eigenen Umfeld nicht so leicht zu überwinden.

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