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Ein Flugzeug startet vom Flughafen Frankfurt am Main

© dpa/Frank Rumpenhorst

Luftraum über Deutschland gefährlich eng: „Plötzlich tauchte neben mir ein Schriftzug 'Lufthansa' auf“

Mehr als 170 Kollisionen von Flugzeugen konnten in den vergangenen Jahren vermieden werden. Gefahr droht etwa, wenn Piloten aus Zeitdruck Abkürzungen fliegen.

Im Luftraum über Deutschland kommen sich große und kleine Flugzeuge einem Bericht zufolge immer wieder gefährlich nahe. In den vergangenen vier Jahren habe es mehr als 170 "potenziell gefährliche Annäherungen von Luftfahrzeugen" gegeben, berichtete der NDR am Dienstagabend unter Berufung auf die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU).

Dabei handele es sich in der Mehrzahl um Alarme von Kollisionswarnsystemen, die Verkehrspiloten zur sofortigen Kursänderung auffordern. In anderen Fällen seien gefährliche Annäherungen und Beinahe-Zusammenstöße von Piloten beobachtet worden, ohne dass sie zuvor gewarnt worden wären.

Luftfahrtexperten gehen laut NDR davon aus, dass die Gesamtzahlen noch höher sind, weil Meldungen auch bei anderen für die Luftfahrt zuständigen Behörden eingehen. Zudem gebe es eine erhebliche Dunkelziffer nicht gemeldeter Zwischenfälle.

Die Gründe für gefährliche Annäherungen seien vielfältig: immer mehr Flugbewegungen, inkompatible Kollisionswarnsysteme großer und kleiner Flugzeuge, fehlende Funktechnik bei Privatfliegern, aber auch Verkehrspiloten, die aufgrund des Zeitdrucks Abkürzungen durch mit Segelfliegern gemeinsam genutzte Lufträume nehmen.

Zwischenfälle zwischen großen und kleinen Flugzeugen

Immer wieder kommt es laut NDR im sogenannten gemischten Luftraum, einer von großen wie kleinen Flugzeugen genutzten Zone, in der weiteren Umgebung von Verkehrsflughäfen zu solchen Zwischenfällen. So gab es im Jahr 2018 allein in Nordrhein-Westfalen im Umfeld der Flughäfen Weeze und Paderborn in mindestens acht Fällen Annäherungen zwischen Verkehrsflugzeugen und Segelfliegern, bei der Passagiermaschinen in einzelnen Fällen mehrmals ausweichen mussten, um einen Zusammenstoß zu verhindern.

Am 23. Juli 2019 verfehlten sich in Schleswig-Holstein südlich von Lübeck ein Airbus A 321 der Lufthansa und ein Segelflugzeug nur um wenige Meter. "Plötzlich tauchte neben mir ein großer Schriftzug 'Lufthansa' auf, in etwa 40 bis 60 Metern Entfernung", beschreibt die betroffene Segelflug-Pilotin Anne-Sophie Polz die Begegnung mit der mit 175 Menschen besetzten Maschine im Anflug auf den Hamburger Flughafen.

Eine von der BFU bereits vor zwei Jahren geforderte Pflicht zur Ausrüstung aller Luftfahrzeuge mit sogenannten Transpondern - Sendern, die die Position und den Kurs eines Flugzeuges ausstrahlen - wird von den meisten Experten kritisch gesehen. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hatte Anfang 2019 durch eine Simulation festgestellt, dass dies zu einer Überlastung der Funkfrequenzen führen und der Flugsicherheit eher schaden würde.

Das Bundesverkehrsministerium teilte dem NDR auf Anfrage mit, dass es die Thematik derzeit zusammen mit Experten untersuche: "Als Teil der Flugsicherheitsarbeit werden die relevanten Punkte für eine mögliche Umsetzung identifiziert und betrachtet." (AFP, Tsp)

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