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Adolf Hitler im Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds in Berlin

© Collage: tso/Foto: dpa

Madame Tussauds: Hitler-Figur bleibt - Kritiker empört

Die am Samstag zerstörte Wachsfigur des Diktators Adolf Hitler soll in Berlin wieder aufgestellt werden - und die Diskussion ist erneut angeheizt: Der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand kritisiert die Entscheidung als "unsinnig" - und die Ausstellung als "unpolitisch".

Nach der Attacke auf die Hitler-Figur im Berliner Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds soll die Nachbildung wieder gezeigt werden. Sie bleibe auf jeden Fall im Museum zu sehen, teilte das Tussauds-Management am Montag mit. Die rund 200.000 Euro teure Figur solle zunächst "überarbeitet" werden. Danach solle das Exponat "schnellstmöglich" wieder in die Ausstellung integriert werden. Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen sollen weitere Sachbeschädigungen künftig verhindern. Diskutiert werde etwa die Option, die Hitler-Figur durch eine Glaswand zu schützen, sagte ein Sprecher des Unternehmens.

In einer Stellungnahme von Madame Tussauds hieß es, Adolf Hitler stehe für einen "entscheidenden Teil der Berliner Geschichte, der nicht verleugnet werden kann". Für die Ausstellung würden auch Figuren ausgewählt, die den Lauf der Geschichte entscheidend beeinflusst hätten. Madame Tussauds kommentiere oder bewerte weder die gezeigten Personen, noch, was sie im Lauf ihres Lebens getan hätten. Die Ausstellung sei grundsätzlich "unpolitisch".

Der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Johannes Tuchel, nannte die Begründung "unsinnig und unangemessen". Sie zeuge von einer "grandiosen Selbstüberschätzung" eines auf Unterhaltung ausgerichteten Unternehmens. "Madame Tussauds ist wirklich nicht das einzige Museum in Berlin, in dem man sich über Geschichte informieren kann", fügte Tuchel hinzu.

Tuchel bedauerte, dass das Management die Attacke auf die Nachbildung Hitlers nicht zum Anlass genommen habe, künftig auf die Figur zu verzichten. Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Lala Süsskind, äußerte indes die Hoffnung, dass die Besucher die Wachsfigur zum Anlass nähmen, sich mit Hitler auseinanderzusetzen. Zwar sei ihr die Figur auch "ein Dorn im Auge" - sie glaube aber nicht, dass sie zu einer Wallfahrtsstätte für Rechtsradikale werde.

Sachbeschädigung und Körperverletzung

Kurz nach der Eröffnung des Wachsfigurenkabinetts am Samstag hatte ein 41-jähriger Mann aus Kreuzberg den Kopf der umstrittenen Adolf-Hitler-Figur abgerissen. Der Mann wurde von der Polizei festgenommen und kurze Zeit später wieder auf freien Fuß gesetzt. Gegen den Mann wird wegen Sachbeschädigung, aber auch wegen Körperverletzung ermittelt. Ein Mitarbeiter des Museums, der ihn stoppen wollte, wurde am Bein verletzt.

Die Polizei bestätigte inzwischen, dass der Täter ein Ex-Polizist gewesen sei, der seine Ausbildung 1987 abgebrochen habe. Einem Sprecher zufolge liegen den Ermittlern aber keine Anzeichen vor, wonach die Enthauptung der Wachspuppe Folge einer spontanen Wette war. Der 41-Jährige habe offenbar vielmehr ein "Zeichen setzen wollen", sagte ein Sprecher. Von der Wette, über die der Mann verschiedenen Medien berichtet hatte, sei nichts bekannt.

Das Kabinett am Boulevard Unter den Linden war am Samstag zum ersten Mal für das breite Publikum zugänglich. Es zeigt auf 2500 Quadratmetern und zwei Etagen 75 Wachsfiguren von Personen aus Politik, Sport und Showbusiness. Unter den nachgebildeten Prominenten sind zum Beispiel Marlene Dietrich, Albert Einstein, Oliver Kahn, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Karl Marx. Im Gegensatz zu den übrigen Exponaten durften die Besucher die Hitler-Skulptur nicht fotografieren oder berühren.

Till Erdtracht[ddp]

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