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Flugbesatzung steht vor einem Flugzeug

© AFP

Update

Malaysia-Airlines-Flug MH 370: Kurswechsel scheint Entführungsthese zu stützen

Neue Ermittlungen rückten am Wochenende die beiden Piloten der Maschine ins Visier, deren offenbar gezielter Kursschwenk und stundenlanger Irrflug mit unbekanntem Ziel weiterhin viele Fragen aufwirft.

Das ungeklärte Schicksal des verschollenen Malaysia-Airlines-Passagierflugzeugs entwickelt sich zu einem der rätselhaftesten Dramen der Luftfahrtgeschichte. Neue Ermittlungen rückten am Wochenende die beiden Piloten der Maschine ins Visier, deren offenbar gezielter Kursschwenk und stundenlanger Irrflug mit unbekanntem Ziel weiterhin viele Fragen aufwirft. Die Ermittler schickten gar eine zweite Boeing 777-2000 in den Himmel, um die vermutete Unglücksroute nochmals abzufliegen. "Wer? Wie? Wo?“, fragte die malaysische Zeitung „New Straits Times“ auf ihrer Titelseite - und Antworten darauf erhoffen sich neben den verzweifelten Angehörigen der 239 Flugzeuginsassen auch die unter Erfolgsdruck stehenden Ermittlungsbehörden. Malaysias Regierung erklärte am Samstag, der offenkundige Kurswechsel der Maschine deute stark auf „gezieltes Handeln von jemandem an Bord“ hin, zumal die Kommunikationssysteme zuvor höchstwahrscheinlich manuell nacheinander abgeschaltet worden seien. Eine Flugzeugentführung ist demnach weder auszuschließen noch erwiesen. Das letzte Funksignal der Boeing 777 sei jedenfalls knapp acht Stunden nach ihrem Start in Kuala Lumpur empfangen worden - was ungefähr dem Zeitpunkt entspräche, zu dem normalerweise der Treibstoff ausgegangen sein müsste.

Indischen Streitkräfte haben ihre Suche vorerst eingestellt

Nachdem feststeht, dass sich die seit dem 8. März vermisste Boeing 777 mit ihren 329 Insassen zuletzt in einem Bereich zwischen Nord-Thailand, Kasachstan und den Weiten des Indischen Ozeans befand, sind die Chancen auf ein baldiges Auffinden der Maschine oder ihrer Überreste weiter gesunken. Die indischen Streitkräfte haben ihre Suche um den Golf von Bengalen sowie im Bereich der Andamanen- und Nikobaren-Inseln am Sonntag vorerst eingestellt. Man warte auf eine konkrete Neubestimmung des Suchrahmens aus Malaysia, hieß es zur Begründung. In China mehren sich dagegen die Vorwürfe über das langsame Vorankommen der Suchaktion und die zögerliche Informationspolitik der malaysischen Behörden.

Das Verkehrsministerium in Kuala Lumpur teilte gestern mit, dass man dabei sei, mit allen Partnern zu diskutieren, wie Sucheinheiten bestmöglich auf die beiden möglichen Flugkorridore verteilt werden können, die gleichrangig behandelt würden. Diese erstrecken sich bis zur Grenze von Kasachstan und Turkmenistan. In diesem Zusammenhang stehe man mit 15 Staaten in Kontakt. Neben den Ländern entlang des vermuteten Nordkorridors werden hier namentlich auch Australien und Frankreich genannt, nicht aber die Vereinigten Staaten, die bereits von Anfang in die Ermittlungen einbezogen sind. Andere Staaten seien um die Bereitstellung von Sucheinheiten, aber auch von Rader- und Satellitendaten sowie deren Analyse gebeten worden.

Flug von MH 370 wurde mit Simulator nachgestellt

Die malaysischen Ermittlungsbehörden haben indessen, wie gestern bekannt wurde, vor einigen Tagen den Flug von MH 370 in einem Flugsimulator nachgestellt. Dabei sollen die gleichen Radarbeobachtungen gemacht worden sein wie im Fall der vermissten Maschine.

Berichten zufolge soll der Jet nach seinem Verschwinden beim erneuten Überqueren der malaysischen Halbinsel mehrfach die Flughöhe gewechselt haben und dabei bis auf 45.000 Fuß (13.716 Meter) gestiegen sein, obwohl die zulässige Maximalflughöhe nur 43.100 Fuß (13.137 Meter) beträgt. Und obwohl die Boeing im Wesentlichen - offenbar unter fachkundiger Steuerung – publizierten Routen folgte, flog sie zeitweilig einen Zick-Zack-Kurs, möglicherweise um dem zivilen Radar zu entgehen.

Der Flugkapitän der Boeing 777 ist ein aktives Mitglied der liberaldemokratischen Oppositionspartei

Das Verkehrsministerium appellierte an die Öffentlichkeit, keine voreiligen Schlüsse aus den laufenden polizeilichen Ermittlungen zu ziehen. Es sei ein normales Vorgehen, dass die Behörden die Hintergründe zu allen Passagieren und Besatzungsmitgliedern untersuchen. Das gelte auch für die Angehörigen des technischen Bodenpersonals, die vor dem Start Zugang zu der Boeing hatten.

Vertreter der PKR schlossen aus, dass das Urteil Zaharie zu einer Kurzschlusshandlung veranlasst haben könnte

In die Diskussion um die Hintergründe des Verschwindens des Malaysia Airlines-Fluges MH 370 kommt jetzt auch eine 29 Insassen politische Komponente. Der Flugkapitän der Boeing 777, Captain Zaharie Ahmad Shah, ist ein aktives Mitglied der liberaldemokratischen Oppositionspartei People’s Justice Party (PKR). Vertreter der Partei wiesen allerdings einen groß aufgemachten Bericht der britischen Zeitung Daily Mail zurück, die den 53jährigen als politischen Fanatiker bezeichnete.

Oppositionsführer Seri Anwar Ibrahim, der Ministerpräsident Najib Razak vorgeworfen hatte, die Wahlen 2013 manipuliert zu haben, war am 7. März in einem umstrittenen Verfahren von einem Berufungsgericht wegen angeblicher, homosexueller Handlungen – in Malaysia eine schwere Straftat – von einem Berufungsgericht zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, blieb aber gegen Kaution auf freiem Fuß. Er hatte die Vorwürfe stets bestritten. Captain Zaharie galt als großer Anhänger des Politikers, dessen Wahlkampf er bei den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr aktiv unterstützt haben soll. Widersprüchlichen Berichten zufolge soll er am Freitag – wenige Stunden bevor unter seinem Kommando der Flug MH 370 startete – mit anderen Seri-Sympathisanten den Prozess besucht haben. Vertreter der PKR schlossen aus, dass das Urteil Zaharie zu einer Kurzschlusshandlung veranlasst haben könnte. (mit AFP)

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