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Marissa Mayer: Yahoo-Chefin löst mit Vogue-Auftritt Debatte aus

Mit einem Foto im Modemagazin „Vogue“ hat die Yahoo-Konzernchefin Marissa Mayer eine Debatte losgetreten - und spaltet damit Amerika.

Eine Frau spaltet Amerika: Verführerisch posiert Marissa Mayer in der aktuellen Ausgabe der Modezeitschrift „Vogue“ auf einer eleganten Gartenliege: figurbetontes, dunkelblaues Designerkleid, knallrot geschminkte Lippen, offenes, blondes Haar. In den USA hat das Foto der 38-jährigen Yahoo-Chefin eine erregte Debatte ausgelöst: „Schäme dich, Marissa“, schreibt eine Leserin auf der Internetseite des Senders CNN. Frauen hätten lange dafür gekämpft, in Führungspositionen zu gelangen – „und zu beweisen, dass nicht ein süßer Körper, nette Brüste und ein schönes Gesicht uns dahin gebracht haben“. Twitterer Q Akasha dagegen gefällt Mayers extrovertierte Art: „Ich sage nur: Weiter so, Mädchen!“ Die Diskussion kulminiert in der Frage: Darf eine Vorstandschefin das? Darf ein Manager nur in der „Business Week“ eine gute Figur machen oder auch in der „Vogue“?

Marissa Mayer und Vogue ist ein Coup gelungen

Es scheint, als ob mit diesem Foto sowohl Marissa Mayer als auch „Vogue“ ein Coup gelungen ist. Sie gibt ihrer Firma einen glamourösen Anstrich und „Vogue“ präsentiert die berühmteste Konzernlenkerin der Welt. Für Frank Dopheide, Inhaber der Agentur Deutsche Markenarbeit, ist die Antwort klar: „Es ist höchste Zeit, dass sich Topmanager – egal, ob Frauen oder Männer – als Markenartikel begreifen und ihrem Unternehmen ein Gesicht geben.“ Einigen Unternehmern ist das schon in Perfektion gelungen. Der 63-jährige Richard Branson – Chef von Virgin Airlines und von der Queen zum Ritter geschlagen – präsentiert sich mit Surffotos als jugendlicher Draufgänger. Jean-Remy von Matt, durchtrainierter Gründer der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt, ließ sich 2011 für eine Anzeigenkampagne in Unterhose ablichten. Damit brachte er nicht nur das Unterwäsche-Label Mey ins Gespräch, sondern auch die eigene Agentur. Im Gespräch bleiben und Jugendlichkeit demonstrieren, darum gehe es auch bei Mayer, sagt Christian Scholz, Personalexperte von der Universität Saarbrücken: „Yahoo will heraus aus der Ecke des verstaubten, alten Unternehmens, das fast noch zur Old Economy gehört.“ Manche schämten sich ja fast dafür, E-Mails über eine Yahoo-Adresse zu verschicken. Der kalifornische Konzern gelte einfach nicht mehr als sexy und trendy. „Genau das aber will und muss Marissa Mayer mit aller Kraft und vollem Risiko ändern.“

Marissa Mayer und der Glamour-Faktor

Der Glamour-Faktor zieht aber nur, solange auch die Zahlen stimmen. Seit Mayers Amtsantritt vor gut einem Jahr hat die Yahoo-Aktie um 78 Prozent zugelegt. Die Talfahrt beim Erlös scheint gebremst, aber die Trendwende ist noch nicht geschafft. Wichtige Umsatzbringer wie die Display-Werbung zeigen sogar anhaltende Schwäche. Die Konkurrenten Google und Facebook ziehen davon. Anders ist das bei den Nutzerzahlen. Yahoo hat laut Marktforschern erstmals seit über zwei Jahren mehr amerikanische Internet-Nutzer angelockt als der große Rivale Google. Die Yahoo-Seiten in den USA seien im Juli auf über 196 Millionen Besucher gekommen, berichtete der Analysedienst Comscore am Donnerstag. Das brachte dem Internet-Pionier den Spitzenplatz in der Comscore-Liste der 50 meistbesuchten US-Webangebote ein. Google lag mit 192 Millionen Besuchern auf Platz zwei, danach folgten Microsoft, Facebook und AOL. Dabei wurde die Blog-Plattform Tumblr, die Yahoo kürzlich kaufte, noch separat gezählt. Sie kam auf 38 Millionen Besucher. Die Antwort auf die Frage „Darf die Chefin das?“ werden am Ende die Unternehmenszahlen liefern. Fallen sie negativ aus, wird der Absturz des Popstars Marissa Mayer umso tiefer sein.

Der Text erschien zuerst im "Handelsblatt".

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