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Die Frage, ob Breivik zurechnungsfähig ist oder nicht, spaltet Norwegen.

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Massaker in Norwegen: Breivik wegen "Terrorakten" und "vorsätzlicher Tötung" angeklagt

19 Seiten lang war die Anklageschrift, Anders Behring Breivik nahm sie "absolut ruhig" hin: Dem rechtsextremen Attentäter, der vorigen Sommer 77 Menschen in Norwegen tötete, drohen nun bis zu 21 Jahre Haft.

Nach monatelangen Ermittlungen hat die norwegische Staatsanwaltschaft Anklage gegen den rechtsextremen Attentäter Anders Behring Breivik erhoben, der vergangenen Sommer 77 Menschen tötete. Dem 33-Jährigen werden in der Klageschrift "Terrorakte" und "vorsätzliche Tötung" vorgeworfen, teilten die Ankläger am Mittwoch in Oslo mit. Umstritten bleibt, ob Breivik zurechnungsfähig und damit für die Taten verantwortlich ist oder nicht.

Die 19 Seiten lange Anklageschrift wurde dem Attentäter im Hochsicherheitsgefängnis Ila bei Oslo verlesen. Darin heißt es, dass der Rechtsextremist "extrem schwere Verbrechen begangen hat in einem Ausmaß, das unser Land in modernen Zeiten noch nicht erlebt hat". Die Verlesung der Schrift dauerte 30 Minuten. Breivik blieb während der ganzen Zeit nach Angaben eines anwesenden Polizisten "absolut ruhig".

Der Angeklagte, der sich nach eigenen Worten auf einem Kreuzzug gegen eine multikulturelle Gesellschaft und die "muslimische Invasion" in Europa wähnte, hatte am 22. Juli 2011 im Regierungsviertel von Oslo mit einer Autobombe acht Menschen getötet. Anschließend erschoss er in einem Sommerlager der regierenden Arbeiterpartei auf der Insel Utøya 67 Teilnehmer, hauptsächlich Teenager. Zwei weitere Opfer starben, als sie vor dem Todesschützen flüchteten. Laut Anklageschrift war die Hälfte der Toten auf Utøya zwischen 14 und 17 Jahre alt, weitere 22 starben im Alter zwischen 18 und 20 Jahren.

Pressekonferenz der norwegischen Staatsanwaltschaft am Mittwoch in Oslo.
Pressekonferenz der norwegischen Staatsanwaltschaft am Mittwoch in Oslo.

© AFP

Die Anklagepunkte könnten auf eine Verurteilung zu 21 Jahren Gefängnis hinauslaufen, die Höchststrafe in Norwegen. Daran anschließend könnte eine "Verwahrung" angeordnet werden, die bei fortgesetzter Einstufung des Inhaftierten als gefährlich immer wieder verlängert werden kann. Voraussetzung für eine Gefängnisstrafe ist jedoch, dass das Gericht den geständigen Angeklagten als zurechnungsfähig einstuft.

Im November hatten allerdings zwei vom Gericht beauftragte Gutachter Breivik wegen "paranoider Schizophrenie" für unzurechnungsfähig erklärt. Dies war von Opfer-Anwälten unter Verweis auf die langfristige Vorbereitung der Gewalttaten und deren systematische Ausführung scharf kritisiert worden. Derzeit wird ein zweites Gutachten erstellt. Es soll bis zum 10. April vorliegen. Der Prozess selbst soll am 16. April beginnen.

Die Staatsanwaltschaft bereitet sich nach eigenen Angaben vom Mittwoch derzeit darauf vor, den Prozess unter der Prämisse zu führen, dass der Angeklagte unzurechnungsfähig sei. Dann solle der 33-Jährige lebenslang in eine gesicherte psychiatrische Klinik eingewiesen werden. Allerdings behielt sich die Anklage ausdrücklich vor, diese Einschätzung zu revidieren, sollten vor oder während des Prozesses Dinge ans Licht kommen, die doch die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten nahelegen.

Breivik selbst hatte sich bei Anhörungen im Februar nicht schuldig bekannt. Er gab an, er habe aus Selbstverteidigung gehandelt und habe die Regierung für ihre Einwanderungspolitik bestrafen wollen. Ob er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden kann, wird am Ende das Gericht entscheiden müssen.

(AFP)

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