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Überall dabei: Margot Käßmann.

© dpa

Matthies meint: Sex und AfD zum Essen - ein Blick in die Bestsellerliste

Es geht um Sex, ums Kochen und natürlich um Margot Käßmann. Bernd Matthies hat einen Blick in die Bestsellerliste geworfen. Was er da fand? Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Herrschaftszeiten! Probleme, Katastrophen, gemeingefährliche Irre, wohin man schaut. Die deutsche Befindlichkeit – warum wird dieser schöne Begriff nicht mehr genutzt? – ist erschüttert, und nun kommt anscheinend auch noch die Gewissheit ins Wanken, dass, wenn schon sonst nichts mehr hilft, wenigstens die deutschen Gasturbinen und CNC-Drehbänke den Laden am Laufen halten. Wir sind, wie Helmut Kohl sagen würde, irgendwie am Arsch des Propheten.

Was hilft? Wer einen Professor im Bekanntenkreis hat, der könnte ihn um Rat fragen; alle anderen sind auf Bücher angewiesen. Die Verlage halten dafür, von unserem Kritiker Denis Scheck unbeachtet, die Ratgeberliteratur vor, deren Bestseller die Seelenlage der Nation spiegeln sollten, nicht wahr?

Doch was spiegelt sich da? An die Spitze der „Focus“-Liste ist in den vergangenen Tagen ein Kochbuch geschossen: „Heimat“ von Tim Mälzer, ein Hochamt der Kohlroulade, ja, man könnte sagen: AfD zum Essen. Einerseits. Andererseits spiegelt die Beliebtheit von Kochbüchern generell unsere allfälligen Aufstiegsfantasien: Es kann ja nicht schaden, ein paar Rezepte parat zu haben, wenn es uns unerwartet in eine Kochshow mit Mälzer verschlagen sollte.

Sex und Kochen

Völlig verständlich ist auch, dass das Buch „SportBild Fußball-WM 2014“ immer noch den zweiten Platz belegt – hatten wir in den vergangenen Jahren was ähnlich Großes?

Den Sex vielleicht, mag sein, und deshalb liegt auf dem dritten Platz auch ein Buch namens „Make more love“, ein Aufklärungswerk für Erwachsene, die vermutlich das mit den Handschellen und Peitschen durchhaben und nun neuen Sinn gestiftet sehen wollen. Alternativ bietet sich „Soulsex“ (Platz 9) an, sowie, Platz 4, die Möglichkeit, an der Hand von Margot Käßmann, die gewissermaßen den Tim Mälzer fürs Transzendentale gibt, das Zeitliche zu segnen. Falls das Zeitliche es so will.

Der Rest: Kochbücher. Der Deutsche will Nahrungsmittel verbrennen, egal wann und wo, also braucht er im Moment „Jamie Weber’s Wintergrillen“. Wichtig ist es dabei, immer den Überblick über Glut und Grillgut zu behalten, wobei ein weiterer Bestseller helfen kann: „Lassen Sie Ihr Hirn nicht unbeaufsichtigt!“ von Christiane Stenger, Platz 5. In der Konsequenz könnte der Erfolg dieses Buchs sogar dazu führen, dass niemand mehr all die anderen Bücher kauft. Um das zu beurteilen, müsste man sie allerdings alle lesen. Kollege Scheck? An die Arbeit!

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