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© EPA

Medikamentenmissbrauch: Die Society ist high

Hollywood-Stars haben Geld, Glamour und sehen gut aus. Aber viele sind süchtig – nach Medikamenten.

Morphin, ein warmes Bad in der Wanne? Als Jamie Lee Curtis jüngst so ihre Medikamentenabhängigkeit beschrieb, war vielleicht der Mittlere Westen Amerikas geschockt. Gilt sie doch als eine der bodenständigsten Schauspielerinnen des Landes. Hollywood dagegen nickte nur gelangweilt. Hier wusste man schon lange von der einstigen Sucht der 50-Jährigen.

Eines wusste man jedoch nicht: Nicht die Schönheitsoperation vor 15 Jahren war schuld – sondern schlechthin das Leben. „Es gelang mir, zu erkennen, dass der Schmerz vor langer Zeit und ganz weit weg begonnen hatte, und dass der Weg zu dem Narkotikum nur eine Frage der Zeit war. Der Schmerz musste betäubt werden“, schreibt sie in ihrem Blog auf der „Huffington Post“. Der Anlass für das freimütige Bekenntnis: der Tod von Michael Jackson. „Michael war süchtig“, sagt Curtis.

Sucht und Hollywood, da denken die meisten an Kokain und Heroin, an Speed und andere Rauschmittel. Doch in den vergangenen Jahren wurden ganz legale Drogen zu Objekten der Gier: Wachmacher, Abspeck- und Einschlafhilfen, Antidepressiva und Schmerzmittel, Diätpillen und Steroids. „Adderall“ ist derzeit die Pille „du jour“ unter den jungen Dingern, die nicht dünn genug sein können. Nebeneffekt der Pille gegen die Hyperaktivitätsstörung ADD: Sie unterdrückt auch Hunger und erhöht die Aufmerksamkeit. Paris Hilton und ihre magersüchtigen Party- Schwestern schwören darauf.

Clenbuterol, „Clen“ umgangssprachlich, wird normalerweise Pferden bei Atemwegsbeschwerden verordnet. Bei Menschen führt es zu Gewichtsverlust. Britney Spears schluckte sich damit schlank. Amy Winehouse dagegen bevorzugt Crack und Valium. Robbie Williams’ Diät dagegen scheint fast schon bieder: 36 Espressi, 60 Zigaretten und 20 Dosen Red Bull am Tag, plus das eine oder andere Antidepressivum.

Der Anfang für eine Medikamentensucht ist oft harmlos. Hier ein medizinischer Eingriff. Dort Stress am Drehort. Oder Schlaflosigkeit und Depressionen. Irgendwann jedoch wird eine Grenze überschritten. Ein Medikament führt zum nächsten und zum nächsten. „Upper“ werden mit „Downern“ kombiniert, bald schon wird der Pillencocktail lebensgefährlich. Wie bei Anna Nicole Smith, die 2007 in einem Hotelzimmer verstarb. Smith, Model und Möchtegern-Monroe, hatte im Blut einen Mix aus neun verschiedenen Medikamenten. „Eine Überdosis Leben“, titelte eine US-Zeitung. Oder Heath Ledger. Der talentierte Schauspieler aus Australien war gerade 28 Jahre alt, als er 2008 tot in seiner Wohnung in New York aufgefunden wurde. In seinem Körper konkurrierten sechs verschiedene Medikamente miteinander, darunter starke Schmerzmittel, Schlaftabletten und Medikamente gegen Angstattacken. Und nicht zu vergessen Elvis Presley. Der „King of Rock ’n’ Roll“, immens reich, vergöttert und ein Sexsymbol, starb mit 42 Jahren, übergewichtig und einsam. Ein Arzt soll ihm Amphetamine, Barbiturate, Beruhigungs- und Abführmittel sowie Hormone verschrieben haben.

Curtis macht eine „Verschwörung des Schweigens“ mitverantwortlich für die Tragödien. Denn wenn auch Familien und Freunde eingreifen möchten, „ein Abhängiger bekommt, was ein Abhängiger will – Befreiung von den Schmerzen in seinem Leben“. Zudem lebt eine ganze Industrie von dieser „High“-Society. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass ein „bad girl“ oder „bad boy“ vorübergehend sein luxuriöses Heim in Beverly Hills gegen eine nicht weniger luxuriöse Entziehungsklinik in Malibu tauscht. Diese tragen Namen wie „Promises“ und „Passages“. Sie versprechen Zimmer mit Blick auf den Pazifik, endlos weite Pools, Yoga und Gespräche über Spiritualität. Was wie ein Aufenthalt in einem Luxushotel klingt, hat seinen Preis. Manche verlangen bis zu 40 000 Dollar – im Monat.

An die Medikamente zu kommen, ist nicht schwer. Hilfreiche Ärzte, die gegen ein erkleckliches Handgeld ein Rezept ausstellen, finden sich immer, wie auch der Fall Michael Jackson zeigt. Der Entertainer freundete sich gern mit ihnen an, besorgte sich unter falschem Namen Pillen und hatte zuletzt einen Leibarzt, der ihm das Narkosemittel Propofol als Schlafmittel verabreichte.

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