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Buschbrände, wie hier im Norden Madagaskars, werden auf dem afrikanischen Kontinent gelegt, um „aufzuräumen“ und Schneisen zu schaffen.

© Danita Delimont/Imago

Mehr Brände als in Südamerika: Afrika, der Feuerkontinent

Satellitenbilder zeigen: In Afrika lodern mehr Brände als im Regenwald des Amazonas. Sie zu legen, gehört zur Nomadenkultur.

Knysna, das Städtchen am untersten Zipfel Südafrikas, ist beliebt bei Touristen aus aller Welt. Der Hafen ist voll kleiner Läden, einmal im Jahr werden beim traditionellen „Oyster Festival“ Champagner mit Austern geschlürft. 2017 änderte sich jedoch alles, als ein Waldbrand über Nacht weite Teile des Orts auffraß. Mehrere Menschen kamen ums Leben, etwa Tausend Häuser fielen den Flammen zum Opfer. Die Tier- und Pflanzenwelt hat sich bis heute nicht erholt.

Lauffeuer gehören in Afrika zum Alltag. Das zeigen auch die Satellitenaufnahmen der NASA, auf denen Brandherd-Marker einen roten Teppich von Zentralafrika quer über den Südosten des Kontinents bis nach Madagaskar zeichnen. Allein in Angola loderten Berichten zufolge in den vergangenen Tagen etwa dreimal so viele Brände wie in Brasilien. „Afrika ist für 70 Prozent der jährlich verbrannten Erdoberfläche verantwortlich. Es ist die entzündlichste Region der Welt“, so William Bond, Ökologe an der Universität Kapstadt. Doch wo bleiben der internationale Aufschrei und Spendenzusagen in Millionenhöhe wie für den Amazonas-Regenwald? Nur am Rande erwähnte Frankreichs Präsident Macron beim G7-Gipfel die Feuer am afrikanischen Kontinent.

Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass in Afrika keine ökologisch wertvollen Wälder zerstört werden, erklärt die südafrikanische Botanikerin und Feuerökologin Sally Archibald. „In Amazonien bereiten uns die Feuer Sorge, die in der Unterschicht der Tropenwälder lodern. Diese können großen Schaden anrichten, da die Tropenhölzer, anders als Savannenbäume, nicht an Feuer gewöhnt sind und bei einem einzigen Brand absterben können.“ In Afrika gehören Waldbrände eher zur Ausnahme. Stattdessen brennt vorwiegend Busch- und Grasland – und das ist aus Sicht der Biologin sogar nützlich.

„In Savannen sind Pflanzen und Tiere an Feuer gewöhnt, viele sind sogar darauf angewiesen, um ihren Lebenszyklus zu vollenden. Manche Pflanzen blühen erst nach einem Wildfeuer und viele Vögel, Ameisen und Säugetiere benötigen die ungleichmäßig offene Landschaft, die bei einem Brand entsteht“, so Archibald. Die Wurzeln der Savannenpflanzen überleben das Feuer. Das garantiert eine schnelle Regeneration, was wiederum Tiere anlockt.

"Brandrodung" ist als Landwirtschaftstechnik weit verbreitet

Streit herrscht indessen über den Einsatz von Feuer in der Landwirtschaft. Landeanflug auf Mbombela. Wer die Wolken durchbricht und auf die Kleinstadt nahe des südafrikanischen Kruger-Nationalparks schwebt, erkennt sie schon von Weitem: schwarzgraue Rauchsäulen, die sich in den Himmel bohren. „Brandrodung“ ist als Landwirtschaftstechnik weit verbreitet in Afrika. Für das trockene Steppen-Ökosystem eher unbedenklich, stehen die Feuer jedoch im Verdacht, den Klimawandel zu beschleunigen. Laut Studien seien Landschaftsfeuer für zehn Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, ein Drittel davon stammt aus Afrika. Vernachlässigbar, meint hingegen der Kapstädter Ökologe Bond: „Diese Brände tragen nicht signifikant zu den Emissionen bei, denn das CO2 wird durch den rapiden Neubewuchs wieder aufgebraucht.“

Also Abfackeln ohne schlechtes Gewissen oder Löschen um jeden Preis? Für ein gesundes afrikanisches Ökosystem ist keine dieser Optionen eine Lösung. Das weiß auch Ramona Butz, Ökologin aus den USA. Sie untersuchte in Nordtansania das traditionelle Feuer- Management der Massai. Wie einige andere afrikanische Volksgruppen legten die Nomaden seit Tausenden Jahren während der Trockenzeit kleine, kontrollierte Feuer. Das änderte sich mit der Ankunft der Europäer am Kontinent. Bis heute herrscht ihre Devise vor, Brände noch im Funken zu ersticken. „Historische Analysen zeigen uns, dass es etliche Konsequenzen mit sich zog, als man indigene Brandmethoden aus der Umwelt verbannte“, so Butz. Wo kleine Feuer einst auf nachhaltige Weise die Natur aufräumten und natürliche Brandschneisen bildeten, wuchern heute Büsche und Gestrüpp. Die Folge: noch viel gewaltigere, zerstörerische Flächenbrände. Diese bedrohen Menschen und Infrastruktur.

Auch die Weltbank hat die doppelte Rolle von Buschbränden in Afrika erkannt. 2016 veröffentlichte sie dazu eine umfassende Studie mit dem Titel „Afrika – der Feuerkontinent“. Während das Feuer für die Artenvielfalt und ein gesundes Ökosystem entscheidend sei, bedrohe es in einem zunehmend urbanen Raum zugleich den Menschen und dessen Besitz, so Weltbank-Expertin Magda Lovei. „Deshalb müssen wir sicherstellen, dass die Brände in einem Zyklus und auf kontrollierte Weise stattfinden.“

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