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Panorama: Milben sind der Bienen Tod

Hunderttausende Völker wurden dahingerafft – ist letztlich der Mangel an Pollennahrung schuld an dem Massensterben?

Berlin. In Deutschland werden Honigbienen knapp. So knapp, dass lebende Bienenvölker bei Dieben begehrt sind. Hunderttausende Völker wurden in diesem Winter dahingerafft von „Varroa destructor“, einer aus Asien eingeschleppten Milbe. Experten bezeichnen die Verluste als dramatisch – sowohl für die heimische Honigproduktion als auch für die Bestäubung von Feldfrüchten und Obst. Über die Ursachen gibt es unterschiedliche Meinungen: Die Milbe schwäche die Insekten und mache sie anfällig für Krankheiten, meinen die einen. Andere sehen einen Mangel an Blütenpollen in der einförmigen Agrarlandschaft. Die Bienen müssten hungern, die Milbe habe daher mit ihnen leichtes Spiel.

Akuter Bienenmangel ist nach Überzeugung von Ralph Büchler, dem Leiter des Bieneninstituts Kirchhain in Mittelhessen, das Motiv für einen Diebstahl vom Institutsgelände Ende April. Fünf komplette Bienenvölker wurden gestohlen. Büchler ist überzeugt, dass der Täter ein Imker war. Er habe jedenfalls Sachkunde gezeigt: „Da hat jemand sehr genau hingesehen, was er mitnimmt.“ Allein in Hessen sei in diesem Jahr fast jedes dritte Volk abgestorben, sagt Büchler. „Wir sind in einer ganz schwierigen Situation.“ In anderen Regionen – betroffen sind besonders die östlichen Bundesländer und Nordrhein-Westfalen – starben sogar bis zu 80 Prozent der Bienenvölker. Im Schnitt liegen die Verluste bundesweit nach Darstellung von Christoph Otten von der staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Landwirtschaft in Mayen/Rheinland-Pfalz in diesem Jahr bei 25 bis 30 Prozent. Das sei doppelt so viel wie in anderen Jahren. Lokal könne es zu Problemen bei der Bestäubung kommen, auch Ernteeinbußen seien möglich. Allerdings sei die Honigernte immer abhängig von der Blüte – so gebe es in schlechten Blüh-Jahren schon deshalb weniger Honig.

Die rund 90 000 Imker in Deutschland halten nach Angaben des Imkerbundes etwa eine Million Bienenvölker. Sie produzieren rund 25 000 Tonnen Honig pro Jahr und decken ein Fünftel des deutschen Verbrauchs.

Für die Imker des ökologisch orientierten Demeter-Anbauverbandes ist die Milbe nicht der Hauptgrund für das Bienensterben. Der Parasit profitiere davon, dass die Bienen schlecht ernährt seien. Vor allem zur Aufzucht der Brut werde Blütenpollen benötigt, sagt Demeter-Imker Günter Friedmann. Von dieser Nahrung gebe es aber immer weniger: Wiesen würden oft vor der Blüte gemäht, auf Stilllegungsflächen werde Raps angebaut, der nur im Frühjahr viel Pollen liefere. Die Folge seien Mangelerscheinungen.

Inzwischen müssen die Bienen zusätzlich mit einer neuen Gefahr fertig werden: Erstmals entdeckten die Experten von Büchlers Institut in diesem Frühjahr in Hessen das gefährliche Kaschmir-Bienenvirus (KBV), das zuvor in Mitteleuropa noch nie nachgewiesen worden war.

Sabine Ränsch (dpa)

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