zum Hauptinhalt
Klaus-Dieter John und seine Frau Martina arbeiten gemeinsam in Peru.

© privat

Misssionsklinik in Peru: Der Samariter der Indios

Der Chirurg Klaus-Dieter John lebt für seinen Glauben. In den Anden hilft er den Ärmsten der Armen.

Von Michael Schmidt

Suchte Gott einen Sprecher – Klaus-Dieter John dürfte als aussichtsreicher Kandidat gelten. Der Chirurg aus Wiesbaden predigt nicht. Er tut Gutes und spricht darüber. Er hält Vorträge. Über sein Leben. Sein Leben ist seine Botschaft: „Ich habe Gott gesehen.“

Glaube, Liebe, Hoffnung: Gemeinsam mit seiner Frau Martina hat er die gute Sache, den Dienst an den Ärmsten der Armen, zu seiner Sache gemacht – und 2007 ein Krankenhaus für die Quechua-Indianer in den peruanischen Anden gebaut. „Wenn Sie bei Google Earth gucken, dann ist hier Machu Picchu, die berühmte Ruinenstadt der Inkas, und gleich darunter“, Johns Zeigefinger fährt ein kurzes Stück über den Bildschirm seines Laptops, „hier, 50 Kilometer Luftlinie entfernt, liegt unsere Klinik.“

Freiwillige haben die Klinik auf dem Berg erbaut

Dass diese Missionsklinik, seine Missionsklinik „Diospi Suyana“, da wirklich liegt, auf 2650 Metern Höhe, erscheint ihm selbst noch immer zuweilen unglaublich. Ein Wunder. Mehr als zehn Jahre ist es her, dass Freiwillige sie erbaut haben. Gegen enorme Widerstände und trotz größter Hindernisse. Immer wieder drohte das Ganze zu scheitern. Fehlte es an Geld. Machten Bürokratie, Korruption und kriminelle Machenschaften ihnen das Leben schwer. John zweifelte. An dem Projekt. An sich. An Gott. „Ich wollte nie an Gott glauben, ich wollte wissen, ich wollte ihn erleben“, sagt John. „Und ich habe ihn erlebt.“ Wie sonst wäre zu erklären, dass am 22. Oktober 2007 allen Widrigkeiten zum Trotz tatsächlich der erste Patient behandelt werden konnte?

Klaus-Dieter John, Hobby-Schachspieler und -Marathonläufer, geduldig, und mit einem langen Atem ausgestattet, stammt aus einer Wiesbadener Bäckerfamilie: „Vater, Mutter, Sohn – jedem schmeckt das Brot von John.“ Das familiäre Herkommen ließ nicht vermuten, dass der Junge einmal ein nahezu rastlos Weltreisender werden würde. Andererseits: Aufwachsend in einem Haushalt ohne Fernsehen, aber mit 2000 Büchern, liest er viel, Reiseabenteuerberichte vor allem, Marco Polo, David Livingston, und abends im Bett die Geschichten des Dschungeldoktors Paul White. „Die habe ich verschlungen“, sagt John, „und gedacht: So was wäre auch was für mich.“

Das Leben der Quechua-Indianer ist geprägt von Armut

Dann traf er Martina, eine Elftklässlerin am Elly-Heuss-Gymnasium, charmant, optimistisch, lustig – und durchdrungen von dem Traum, Ärztin in der Dritten Welt zu werden. Die Beiden verlieben sich, verloben sich, heiraten. Und gehen das Projekt Missionshospital an.

Heute, 40 Jahre später, versorgt ein internationales, überwiegend ehrenamtlich tätiges Team, täglich bis zu 150 Patienten in ihrer Klinik. Eine halbe Million Quechua-Indianer, Nachfahren der Inkas, leben in der Region, sie leben ein Leben geprägt von Armut, Perspektivlosigkeit, Alkoholismus, Gewalt. Sie wohnen in Lehmhütten, ohne sauberes Wasser, meist auch ohne Strom. Für diese Menschen hat sich vieles geändert. Jetzt gibt es ein Krankenhaus nach westlichen Maßstäben für sie: Krankenzimmer, Labor, Operationssäle, eine Zahnklinik, eine Intensivstation, einen Hubschrauberlandeplatz. Mit Ärzten, Krankenschwestern, Pflegern und Physiotherapeuten. Und modernsten Gerätschaften, vom Endoskop bis zum Computertomographen. Teure Geräte, für Patienten, die nur so viel zahlen, wie sie können. Den Rest übernimmt der Wohltätigkeitsfonds von Diospi Suyana.

Ständig entwickelt sich das Gelände weiter

Knapp 290000 Hilfsbedürftige haben in den vergangenen Jahren den Weg hier herauf gefunden. Inzwischen gehören ein Kinderclubhaus, eine internationale christliche Schule und seit August 2016 auch ein Medienzentrum dazu, in dem Radio- und TV-Sendungen produziert werden.

Betrieben wird Diospi Suyana von Beginn an ausschließlich mit Geld- und Sachspenden. Rund 50000 Privatpersonen und 180 Unternehmen haben bislang 28 Millionen US-Dollar gespendet. Klaus-Dieter und Martina John sind Hunderttausende Kilometer gereist und haben 2500 Vorträge in 23 Ländern gehalten. Sie erzählen ihre Geschichte. Ihre persönliche, und die des Klinikbaus, zwei Geschichten, die rückblickend zu einer werden.

Sein mittlerer Sohn ist Atheist, mit ihm diskutiert er viel

Seit einiger Zeit endet diese mit einer Herausforderung, die so überraschend, von so unerwarteter Seite und mit solch immenser Wucht über ihn gekommen ist, dass Klaus-Dieter John noch nicht zu sagen vermag, ob sie, wie fast immer fast alles, gut für ihn ausgeht. Er, der von sich sagt, „mein ganzes Leben kreist um die Frage, ist Gott erfahrbar oder nicht, und ich behaupte er ist es“, ausgerechnet er sieht sich in Frage gestellt von seinem Sohn. „Ich habe drei Kinder“, sagt John, „und der Mittlere, der alles miterlebt hat, der jede Geschichte kennt, der sagt, er ist Atheist, der sagt, wenn ich ihn frage, wie er sich all das Wunderbare erklärt, das war eine Mischung aus harter Arbeit, Glück und Psychologie.“

Die beiden debattieren. Immer wieder. Über die großen Fragen, woher, wohin, und warum. Sie diskutieren über Autoren und ihre Bücher, Richard Dawkins' „Gotteswahn“ zum Beispiel, oder Christopher Hitchens' „Der Herr ist kein Hirte“. „Ich sage, entweder haben Dawkins und Hitchens recht – dann ist das Universum riesig groß und eiskalt und stockfinster und sinnlos“, sagt John. „Oder der Mann am Kreuz hat recht, der da stirbt am Kreuz, für mich, aus Liebe – dann ist mein Leben irre viel wert.“

Klaus-Dieter John feiert an diesem Wochenende die Auferstehung Jesu Christi. Der Zweifel sitzt mit am Tisch.

www.diospi-suyana.org

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false