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Verträumt. Fiskardo auf der Insel Kefalonia lädt zum Schlendern ein. In der Vor- und Nachsaison ist es sehr ruhig.

© Larin Heero

Mit dem Katamaran zu Odysseus: Einsame Buchten, hübsche Orte, gemütliche Tavernen: unterwegs im Ionischen Meer

Eine Insel schöner als die andere: Mit einem Katamaran kommt man überall prima hin. Kreuzfahrtpassagiere gibt es hier nicht.

Ein graues, militärisch anmutendes Schiff steuert direkt auf uns zu. Eins von dieser Art, die in James-Bond-Filmen immer der Böse lenkt. Da machen wir lieber kehrt mit unserem Katamaran, Skipper Dimitri will kein Risiko eingehen. Skorpius, so prangt es groß auf den Inselschildern, ist ein „private Island“. Darunter die Warnung: „Do not approach“. Nicht zu nahe kommen also.

Niemand zu sehen am goldgelben Sandstrand. Jackie hatte sich einst dort gesonnt, nachdem sie 1968 Ehefrau von Aristoteles Onassis geworden war. Fünf Jahre zuvor hatte der milliardenschwere Reeder die Insel gekauft – und verfügt, dass sie nach seinem Tod niemals verkauft werden dürfe. Könnten die Erben sie nicht erhalten, so legte er in seinem Testament fest, würde die Insel an den griechischen Staat zurückfallen.

In Nydri auf Lefkada, unweit von Skorpius, ehrt man den Reeder. An der Hafenpromenade stehen auch ein Denkmal und mehrere Büsten.
In Nydri auf Lefkada, unweit von Skorpius, ehrt man den Reeder. An der Hafenpromenade stehen auch ein Denkmal und mehrere Büsten.

© Hella Kaiser

Onassis’ Nachkommen fanden ein Schlupfloch. 2013 wurde Skorpius für 100 Jahre verleast an einen russischen Oligarchen. Der plant nun, so berichtet das britische Magazin „Tatler“, darauf ein Luxusresort zu errichten. Gemutmaßt werden Wochenpreise von einer Million Euro. Ob die Bäume, mit denen Onassis die Insel aufwendig aufforsten ließ, bleiben dürfen? Und ob die Justiz, wie Dimitris glaubt, das Vorhaben noch stoppen kann?

Skorpius wird für uns ein Geheimnis bleiben. Aber: Ist das schlimm? Es gibt ja so viele Insel-Alternativen, die sich vor der Westküste im Ionischen Meer verteilen. Wie kommt man hin? Am besten mit einem Segelschiff oder, wie in unserem Fall, eben mit einem Katamaran.

Ruht gut auf dem Wasser: Ein Katamaran ist leichter zu manövrieren als ein Segelboot.
Ruht gut auf dem Wasser: Ein Katamaran ist leichter zu manövrieren als ein Segelboot.

© Nicolas Claris/Lagoon

Nahe dem Flughafen von Lefkada, in der Marina von Preveza, sind wir an Bord gegangen. Der schwimmende Untersatz mit vier Doppel- und zwei Einzelkabinen ist überaus komfortabel. Hell und freundlich sind die Kabinen ausgestattet, alles an Bord ist gediegen, aber funktional konzipiert. In der Bordküche wäre genug Platz, um gemeinsam zu frühstücken. Aber wer will an einem sonnigen griechischen Morgen schon drinnen sitzen? Draußen, sozusagen an Deck, gibt es auch einen Tisch mit Sitzgelegenheiten.

Wasser zum Untertauchen: Die Ionische Inselwelt weist viele Traumbuchten zum Ankern auf.
Wasser zum Untertauchen: Die Ionische Inselwelt weist viele Traumbuchten zum Ankern auf.

© Hella Kaiser

Der Katamaran pflügt durchs Wasser und man kann sich nicht sattsehen an der Schönheit dieser Inselwelt. Diese Eilande sind nicht karg und felsig wie die Kykladen, sondern strotzen oft vor üppigem Grün. Viele sind bewaldet. Sanfte Hügel erheben sich darauf, wachsen bisweilen zu veritablen Bergen an.

Mit einem umsichtigen Skipper ist man auf der sicheren Seite

Erfahrene Segler könnten den Katamaran hier sicher steuern, wir vertrauen das Boot lieber einem umsichtigen Skipper an. Und Dimitri, an dessen Halskette ein silberner Anker baumelt, kennt sich bestens aus. Unsere Route für die kommenden Tage ist grob festgelegt, aber ob die ausgesuchten Liegeplätze auch alle in dieser Reihenfolge angesteuert werden können, ist nicht sicher. „Man kann keinen genauen Plan machen, es ist die Natur, die den Plan macht“, sagt Dimitri weise. Manche Menschen verstünden das leider nicht. Der 34-Jährige erzählt von drei deutschen Paaren, die er mal an Bord hatte. „Die wollten morgens immer Punkt 8.45 Uhr frühstücken und hatten die Stunden bis Sonnenuntergang akribisch vorgeplant.“ Dabei hänge doch alles von Wind, Wetter und Wellen. „Nach drei Tagen haben sie das verstanden“, resümiert Dimitri.

Einmal wurde er von einem australischen Ehepaar gebucht. Mit einer luxuriösen Jacht wollten sie von Athen nach Mykonos. „Im August“, stöhnt Dimitri. Dann wehe der Meltemi, ein mitunter starker Nordwind in der Ägäis. „Um diese Zeit machst du so eine Tour nicht, es sei denn, du nimmst in Kauf, dass dir die ganze Zeit furchtbar übel ist“, erklärt der Skipper. Die Australier hätten ihr Vorhaben schnell abgebrochen, „nach zwei Tagen wollten sie nur noch an Land“.

Eine Kapelle darf niemand abreißen

Solche Probleme haben wir nicht. Wir sind Anfang Juni unterwegs, kaum eine steife Brise herrscht vor. Dimitri kann die Segel nicht so oft setzen, wie erhofft. Lange Strecken legen wir daher mit Hilfe des Motors zurück. Aber immer wieder gibt es Gelegenheit zum Ankern, wie in der Bucht Ampelakia der Insel Meganisi. Das Wasser ist kristallklar – aber so kalt, dass eine gefühlte Ewigkeit vergeht, bis man sich über die Schiffstreppe hineinwagt. Dimitri zeigt, wie es schneller geht. Kopfsprung – und fertig.

In der Bucht steht ein verwunschen wirkendes Haus mit taubenblauen Fensterläden. Daneben wurde eine kleine Kapelle errichtet. „Das heißt nicht, dass die Menschen dort besonders fromm sind“, erklärt der Grieche. Es könnte ein Trick sein. Denn eine Kapelle darf man nicht so einfach abreißen, wenn sie illegal gebaut ist. Und damit sei auch das Haus geschützt.

Ein Segelboot erreicht die stille Bucht. Hörbares Palaver an Bord. „Natürlich“, stöhnt Dimtiri, „Griechen!“ Deutsche, Franzosen oder Engländer seien eher ruhig. „Aber Griechen müssen sich immer laut verständigen: Anker hier, Anker dort oder doch ganz woanders?“ Immer müsse alles debattiert werden. Ach Dimitri, das ist doch sehr demokratisch. „Nein, dieses Geschrei ist zwecklos. Auf dem Schiff dort ist es genauso chaotisch wie in unserer Regierung“, schimpft er.

Komfortabel schlafen: Der gemietete Katamaran verfügte über vier Doppel- und 2 Einzelkabinen.
Komfortabel schlafen: Der gemietete Katamaran verfügte über vier Doppel- und 2 Einzelkabinen.

© lagoon-catamaran.de

Wir diskutieren nicht, wir folgen Dimitris Empfehlungen. Wenn er keine hat, wie in Syvota auf der Insel Lefkada, fragt er Einheimische nach der besten Taverne. Auch im malerischen Hafen von Fiskardo auf der Insel Kefalonia werden uns nach diesem Prinzip köstliche Gerichte aufgetischt. Ein hübscher Ort mit kleinen Läden, die zahlreiche einheimische Produkte anbieten. Kreuzfahrtpassagiere werden ihn nie entdecken.

Im Hochsommer kann es eng werden im Hafen

Nur beim Anlegen hatte es ein paar, nun ja, Irritationen gegeben. Die Lücke für unseren Katamaran war groß genug, aber die Ankerkette des benachbarten deutschen Jachtbesitzers lag quer. „Wie kann man so festmachen“, brummelte Dimitri und schaffte es dennoch, den Segler in die Lücke zu bekommen. In der Vor- und Nachsaison seien solche Probleme selten, aber im Hochsommer häuften sie sich. Zu viele Freizeitkapitäne unterwegs, denen es an Wissen mangele.

Glückwunschkarten zum Namenstag: In manchen kleinen Inselläden werden nur Griechen fündig.
Glückwunschkarten zum Namenstag: In manchen kleinen Inselläden werden nur Griechen fündig.

© Hella Kaiser

Lust auf die nächste Insel? Klar doch. Auf nach Ithaka. Wir machen fest in Vathi, ein Ort in bester Lage, aber mit vergleichsweise neuen Häusern. 1953 hatte sich hier ein schweres Erdbeben ereignet, noch fehlt dem Wiederaufgebauten die Patina. Theoretisch könnten wir am kommenden Tag eine Tour „Auf den Spuren Homers“ buchen, an einer Mauer hängt ein entsprechender Werbezettel. Den Epen des Dichters nach hatte Odysseus auf Ithaka gelebt. Prompt haben sie im Hafen eine Statue für ihn errichtet.

Odysseus auf Ithaka. Laut Homer soll der griechische Held auf der Insel gelebt hat.
Odysseus auf Ithaka. Laut Homer soll der griechische Held auf der Insel gelebt hat.

© Hella Kaiser

Anderntags ist Homer vergessen, Dimitri steuert in die Bucht von Atokos. Eine Privatinsel wie Skorpius, die allerdings freundlich grüßt mit einem „Welcome“-Schild. Wir sehen ein Haus, in dem niemand mehr zu wohnen scheint. Das Wasser schimmert in Türkis, azurblaue Fischchen tummeln sich darin.

Unweit ankert ein Fischerboot. Dimitri schwimmt hin und kehrt freudestrahlend zurück. „Wollt ihr heute Abend Hummer essen?“ Der Fischer bietet seinen Fang, ein Kilo Lobster für 30 Euro. „Normalerweise kostet das dreimal so viel“, weiß der Skipper. Wir schütteln dennoch den Kopf. Lieber wieder einkehren in einer gemütlichen Taverne. So viele wären noch zu entdecken, so viele Uferpromenaden möchten wir noch entlangschlendern. In der Nacht träumen wir, dieser Trip würde ewig dauern. Die Wahrheit zeigt der Blick aufs Flugticket. Morgen schon geht’s zurück nach Hause.

Die Recherchen wurden unterstützt von Master Yachting.

Tipps für eine Katamaran-Reise

Der Jachtmakler Master Yachting (master-yachting.de) mit Sitz in Würzburg vermittelt Segelyachten, Katamarane und Motorboote in aller Welt. Zu buchen sind sie mit oder ohne Skipper. Im beschriebenen Segelrevier „Ionische Inselwelt“ kostet die Miete eines Katamarans für zehn Personen für eine Woche ab 2500 Euro, dazu kommen die Kosten für den Skipper: 90 bis 120 Euro pro Tag.

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