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Panorama: Mit dem Lied der Titanic

BANGKOK .Die 1104 Urlauber und Besatzungsmitglieder an Bord der "Sun Vista" - darunter 15 Deutsche - sind mit viel Glück einer Katastrophe entgangen.

BANGKOK .Die 1104 Urlauber und Besatzungsmitglieder an Bord der "Sun Vista" - darunter 15 Deutsche - sind mit viel Glück einer Katastrophe entgangen.Das Kreuzfahrtschiff war vorgestern Nacht nach einem Brand im Maschinenraum vor Malaysias Küste gesunken.Sieben Stunden lang hatte die Besatzung vergeblich versucht, das Feuer zu löschen, während die Gäste dem gewohnten Bordleben nachgingen, Tee tranken oder im Pool schwammen.Plötzlich fiel der Strom aus und der Kapitän forderte alle Passagiere zum Verlassen des Schiffes auf.

"Die Besatzung wußte nicht, was zu tun war", sagten hinterher viele der Schiffbrüchigen.Erstens habe der Kapitän Mannschaft und Passagiere stundenlang im Unwissen über den Brand gelassen, zweitens habe das Personal nicht gewußt, wie man die 14 Rettungsboote wassert."Ich mache nie wieder eine Kreuzfahrt", sagte eine Britin.Nach dem Verlassen des über 200 Meter langen Schiffes seien die meisten Leute in den Rettungsbooten seekrank geworden."Es war stockdunkel.Einige schrien, andere beteten.Kinder heulten und machten in die Hosen.Ältere Leute wurden ohnmächtig."

Die Passagiere, die auf dem letzten Stück einer sechstägigen Rundreise von Phuket nach Singapur unterwegs waren, "hatten sehr viel Glück", meinte Maroff Sanif, der Sprecher des örtlichen Seerettungsbüros.Die See war ruhig.Bei Monsunstürmen hätte es Tote geben können.Glücklicherweise ereignete sich der Unfall in der "Straße von Malakka", einer der meistbefahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt.Bis zu 2000 Frachter und Tanker passieren sie täglich, um Erdöl nach Fernost und asiatische Konsumgüter nach Europa zu verschiffen.14 Fähren, Frachter und Marineboote waren rasch zur Stelle, um sich an der Rettung zu beteiligen.

Trotzdem herrschten Chaos und Panik, wie einige Passagiere berichteten.Einige Australier überwanden das Trauma mit Sarkasmus und sangen die Titelmelodie des Kassenschlagers "Titanic", um die "Stimmung der Leute anzuheben", wie der 30jährige Greg Haywood sagte.Die meisten Gäste verloren ihr Geld, ihren Paß und ihre Reisedokumente."Alles ist weg", klagte ein Brite."Ich habe bloß noch meine Shorts, mein T-Shirt und meine Latschen."

Nach sechs Stunden auf hoher See war die Odyssee auch für die letzten Schiffbrüchigen beendet.Kurze Zeit später - in den frühen Morgenstunden am Freitag - sank das Kreuzfahrtschiff.Das Wrack liegt in einer Tiefe von 50 bis 60 Metern.Ein malaysischer Marinesoldat sah den Untergang des 36jährigen Luxusschiffes mit acht Decks, das 1997 für 70 Millionen US-Dollar renoviert worden war: "Als unser Boot kurz nach Mitternacht an der Stelle eintraf, brannte das Schiff noch immer.Es sah aus wie eine Filmszene aus Titanic."

Die Touristen aus über 20 Ländern sind in Hotels im nahen Penang einquartiert worden und wurden dort mit dem Nötigsten versorgt.Zehn wurden in ein Hospital gebracht, ohne jedoch ernsthaft verletzt zu sein.Inzwischen hat die Besitzerin des auf den Bahamas registrierten Luxusschiffes volle Entschädigungen "für die Unannehmlichkeit" versprochen.Die Reederei "Sun Cruises" betonte, Passagiere und Besatzung seien zu keiner Zeit in Gefahr gewesen.

DANIEL KESTENHOLZ

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