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Panorama: Mit Pappnase in den Kirchenvorstand

Evangelische Theologin ermuntert zur Clownerie

Stuttgart - Die rote Pappnase verändert alles. Wer sie als Pflegeschwester im Dienst aufhat, erntet ebenso ungläubige Blicke wie der Kirchenvorsteher, der sie während einer schwierigen Sitzung überstreift. Clownerie im kirchlichen Alltag – das versucht die württembergische Pfarrerin Gisela Matthiae derzeit in einer Langzeitfortbildung 14 Frauen und drei Männern beizubringen.

Kirche und Humor stehen nicht unbedingt in einer Liebesbeziehung. Gerade Protestanten geraten bisweilen in den Verdacht, humorlos zu sein. Doch genau darin sieht Matthiae eine Chance. Wer mit Humor, ungewöhnlichen Perspektiven und clownesken Einlagen in den kirchlichen Dienstalltag einbreche, könne möglicherweise mehr in den Köpfen verändern als ein noch so kluger Stratege.

Die Teilnehmer der Fortbildung sind Lehrerinnen, Pfarrer, Krankenhausseelsorgerinnen. Ihr Hauptziel ist nicht eine Karriere in kirchlicher Kleinkunst, sie suchen nach neuen Impulsen für ihre Arbeit. Drei Bildungsschwerpunkte nennt Gisela Matthiae: das „Handwerk“ des Clowns erarbeiten, eigene Figuren entwickeln und ein eigenes Stück schreiben.

Die 50-jährige Kursleiterin Matthiae hat die Clownskunst in den USA kennengelernt. Dort gebe es in vielen Kirchengemeinden sogenannte Holy Fool Groups, berichtet sie – Gruppen heiliger Narren, die regelmäßig Auftritte haben. Nach einer Clown-Ausbildung und neun Jahren als Studienleiterin beim evangelischen Frauenbildungszentrum im hessischen Gelnhausen hat sich die feministische Theologin nun beurlauben lassen, um sich voll der Clownerie unterm Kirchendach zu widmen.

Am wichtigsten an der Figur des Clowns sind ihr seine Randständigkeit und seine Schwäche, wie sie sagt. Das sei für die Kursteilnehmer eine Herausforderung: das Prinzip abzulegen, immer gut dastehen und eine perfekte Figur abgeben zu wollen. „Clowns beherrschen nicht alle Regeln, sie repräsentieren die Schwachen der Gesellschaft“, sagt Matthiae.

Auch die Bibel ist ihrer Ansicht nach keineswegs so humorlos, wie es Christen bisweilen vorlebten. Eine Variante des Humors erkennt sie etwa im Lachen von Sarah und Abraham, denen in hohem Alter noch die Geburt eines Kindes prophezeit wird. Auch in der Gestalt des Jona, den Matthiae als den „motivationslosesten und dabei erfolgreichsten Propheten aller Zeiten“ bezeichnet, fänden sich durchaus humoreske Elemente.

Eine Krankenpflegerin berichtet, sie habe die Clownnase einen ganzen Tag lang während ihres Dienstes in einer Sozialstation getragen. Im Umgang mit Pflegebedürftigen und Kolleginnen habe unwillkürlich eine ganz andere Atmosphäre geherrscht. Auch eine Lehrerin setzt in schwierigen Situationen in der Schule einfach mal kurz die rote Nase auf – und beobachtet, wie sich ohne weitere Anstrengungen das Klima auf einen Schlag verändert. Marcus Mockler (epd)

www.clownin.de

Marcus Mockler (epd)

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