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Panorama: Mit Wachhühnern gegen die Vogelgrippe

Der rumänische Landwirtschaftsminister erklärt, wie sich sein Land gegen das Virus schützen konnte

Berlin/Brüssel - Nochmal Glück gehabt: Der Verdacht auf Vogelgrippe bei einem Patienten in Belgien hat sich nicht bestätigt. Nach Laboruntersuchungen sei zu „hundert Prozent“ sicher, dass der am Freitag mit Grippesymptomen ins Krankenhaus eingelieferte Patient keine Vogelgrippe habe, sagte ein Virologe am Samstag im Saint-Pierre-Krankenhaus in Brüssel. Es wäre der erste mit dem Virus infizierte Mensch in der EU gewesen.

Doch das Virus kennt keine Grenzen. Rumänien kämpft schon seit dem 7. Oktober 2005 gegen die Vogelgrippe. An diesem Tag war der erste Fall einer Infektion mit dem gefährlichen H5N1-Virus im Donaudelta entdeckt worden. Doch in Rumänien hat sich im Gegensatz etwa zur Türkei kein Mensch mit der Tierseuche infiziert. Landwirtschaftsminister Gheorghe Flutur erinnert sich genau an den Tag: „Es war ein Freitagnachmittag“, berichtet er dem Tagesspiegel. Trotzdem sei nicht nur auf dem Hof, auf dem die zwei infizierten Vögel gefunden worden waren, sondern im gesamten Dorf schon am Wochenende das gesamte Geflügel getötet worden. Das habe ihm damals zwar viel Kritik eingetragen. Im Nachhinein ist Flutur aber überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war.

Im Gegensatz zum Nachbarland Türkei habe Rumänien von Anfang an auf Transparenz gesetzt, sagt Flutur. Sämtliche Fälle von Vogelgrippe wurden in der Presse gemeldet. „Die Wahrheit darf nicht verheimlicht werden“, sagt der Minister. Außerdem sei Rumänien gut vorbereitet und „dem Virus immer einen Schritt voraus“ gewesen, berichtet Flutur. Schon im September habe es eine Übung gegeben, bei der Proben von Hühnern genommen wurden. Die zweite Stufe sei die Information der Bevölkerung gewesen. Dabei verließ sich Rumänien nicht allein auf Radio, Fernsehen und Zeitungen. Gezielt wurden Informationen an die Schulen verschickt, um Kinder davor zu warnen, mit dem Geflügel zu spielen. Dass es gefährlich sein könnte, zu engen Kontakt zu den Hühnern zu haben, sollten die Kinder dann auch ihren Eltern und Großeltern erzählen. Die Regierung spannte auch die Kirchen ein: In den Gottesdiensten gab es Informationen zur Vogelgrippe und wie man sich davor schützen kann. Daran habe es ja offenbar in der Türkei gehapert, stellt Flutur fest. Zumindest wenn die Berichte stimmten, dass die dort an der Vogelgrippe verstorbenen Kinder mit Hühnerköpfen nach der Schlachtung gespielt hätten.

In Rumänien wurden seit Oktober 25 Infektionsherde entdeckt. Die Reaktion war immer gleich: Zunächst wurde das gesamte Geflügel im Umkreis getötet. Die Höfe und Häuser der Bauern wurden drei Mal desinfiziert. Um zu verhindern, dass das Virus über den Kot von Wildvögeln wieder eingeschleppt wird, sind in den meisten Dörfern Desinfektionsmatten an die Ortseingänge gelegt worden.

Danach schickt der Landwirtschaftsminister „Wachhühner“ auf die Höfe. Das sind zwei Monate alte Hühner, die auf das Virus getestet sind und es nicht in sich tragen. Wenn sie zwei Monate auf dem Hof überleben, ohne sich zu infizieren, „kann man davon ausgehen, dass das Virus nicht mehr vorhanden ist“, sagt Flutur. Da das Virus in Rumänien von Wildvögeln eingeschleppt wurde, gibt es auch ein Wildvogel-Monitoring. „Jäger ohne Flinte“, Ornithologen und die Umweltämter behalten die Wildpopulationen im Auge und schreiben alles auf, was auffällig ist. Tote Vögel werden ständig eingesammelt und auf Viren getestet.

Dass die Bevölkerung nicht revoltiert und ihre Vögel vor den Behörden versteckt hat, habe damit zu tun, dass die Regierung gleich eine Entschädigung für die Bauern anbot. Außerdem wurden an Betroffene Nahrungsmittel verteilt. Wo auch das nicht reichte, seien harte Strafen verhängt worden. „Wir haben die Situation unter Kontrolle“, sagt Flutur zufrieden. Das sieht auch EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel so. Sie ist überzeugt, dass die Transparenz in Rumänien und in Bulgarien eine ähnliche Krise verhindert habe, wie sie nun in der Türkei stattfindet, sagte sie dem Tagesspiegel. Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) will nach Angaben Fluturs Anfang März, zu Beginn des Vogelzugs in den Norden, nach Rumänien reisen, um sich über den Kampf gegen die Vogelgrippe zu informieren.

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